Die Holz-Beton-Verbundtechnik gibt es seit den geschichtlichen Anfängen des Betons, aber ausführliche wissenschaftliche Untersuchungen wurden erst in den achtziger Jahren durchgeführt. Die ersten Ansätze kamen aus dem Gebiet der Altbausanierung, als es galt, historische Holzbalkendecken zu erhalten und sie für erhöhte Anforderungen zu verstärken.
Es lag auf der Hand, die Verstärkung mit einer Stahlbetondecke durchzuführen und diese so schubsteif an die bestehende Unterkonstruktion in Holz anzuschließen, dass die verfügbare statische Höhe weitgehend genutzt werden kann. Die Dicke der Betonplatte wurde dabei so gewählt, dass nur die zur Luftschalldämmung nötige Masse hinzugefügt wurde, so dass sich eine Gewichtsersparnis von etwa 50% im Vergleich zu einer konventionellen Stahlbetondecke ergibt. Entscheidend für den sinnvollen Einsatz von Beton ist, dass er sich in der Druckzone befindet, so dass er als kostengünstigster Baustoff für diese Beanspruchung wesentlich zur Wirtschaftlichkeit der Verbundplatte beiträgt. Neben der statischen Wirkung verbessert er außerdem auch den Schallschutz und vermindert Wasserschäden bei der Brandbekämpfung.
Das Holz wirkt an der Unterseite als Zugglied und kann somit den energieaufwändigen Baustahl sowie den unnötig schweren Beton für den Korrosionsschutz des Stahls im Zugbereich ersetzen. Weiterhin dient das Holz in der Fertigungsphase als verlorene Schalung für das Betonieren der Druckplatte und schließlich gewährleistet es eine sichtbare Unterseite mit anspruchsvoller Ästhetik und hohem Innenraumkomfort.
Für den Holzbau ermöglicht die Holz-Beton-Verbunddecke neue Markterschließungen, da wirtschaftlich höhere Spannweiten und Lasten erreicht werden. Es liegt dabei auf der Hand, dass bei der Wahl von Holz-Betondecken auch andere tragende Bauteile wie Wände in Holz erstellt werden.
Im Zentrum der Forschung stand bisher die Entwicklung von wirtschaftlichen und leistungsfähigen Verbundmitteln. Es gibt zwar inzwischen zahlreiche Systeme auf dem Markt, allerdings sind nur wenige bauaufsichtlich zugelassen bzw. dürfen nur bei ruhenden Lasten verwendet werden, wodurch ihre Verwendung in Erdbebengebieten nur beschränkt möglich ist. Der Anwendungsbereich sowie das Optimierungspotenzial sind heute bei weitem nicht ausgeschöpft, so dass auf diesem Gebiet nach wie vor geforscht wird.
Inzwischen sind die Anforderungen auch immer höher und vielseitiger geworden. Genügten früher die Traglastbedingungen und die Verformungen, so müssen heute Schwingungen und verschiedenste Anforderungen im bauphysikalischen Bereich erfüllt werden.
Der Lehrstuhl für Holzbau und Mischbautechnologie an der Universität Innsbruck entwickelt neben technischen Optimierungen auch neue Fertigungstechniken. Das Einbringen von Beton im feuchten Zustand stellt die Holzbaufirmen vor das Problem, dass die Vorteile der Trockenbaustelle wie hoher Vorfertigungsgrad und schneller Baufortschritt verloren gehen. Aktuelle Überlegungen gehen dahin, die Holz-Beton-Verbunddecke als Fertigteil zu entwickeln. Dabei bieten sich hier natürliche neue Möglichkeiten, aber auch Probleme, die erforscht werden müssen. In Zukunft werden auch völlig unterschiedliche Materialien wie Holzleichtbetone oder faserbewehrte Betone in Form von mehrschichtigen Deckensystemen im Vordergrund stehen, um Verbunddecken noch leistungsfähiger und wirtschaftlicher zu machen.
Text
Univ.-Prof. DDipl.-Ing. Michael Flach
Studium des Bauwesens an der TU München und in Paris
Angestellter, Gründer und Leiter einiger Ingenieurbüros
Lehrer an internationalen Hochschulen
Seit 2002 Professor am Stiftungslehrstuhl für Holzbau, Holzmischbau und Holzverbundwerkstoffe in Innsbruck
Text
DDipl.-Ing. Florian Schönborn
Studium des Bauingenieurwesens an der TU München und in Paris
Seit 2002 Vertragsassistent am Stiftungslehrstuhl für Holzbau, Holzmischbau und Holzverbundwerkstoffe in Innsbruck, Doktoratsstudium über Systeme zu Holz-Betonverbunddecken
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