Traun, Niemandsland. Eben von der das Zick-Zack der Stadtgrenzen zwischen Linz, Leonding und Traun durchschneidenden Bundesstraße abgezweigt, findet man sich inmitten adretter Siedlungshäuser wieder. In der Achse einer T-Kreuzung zwischen zwei Erschließungsstraßen ist eine Bauparzelle frei geblieben. Und während die Fläche selbst als Vor- und Parkplatz dient, kragt links davon ein mit deutlichem Gestaltungsanspruch geformter Körper über den dahinter anschließenden Komplex gewerblicher Nutzung.
Das Erdgeschoss des im rechten Winkel zur Zufahrt ausgerichteten Neubaus wird von zwei Containern eingenommen, deren mit Wellblech verhüllte Fassaden und ebenerdige Zugänge klar die Nutzung als Lager- bzw. Technikräume bezeichnen. Dazwischen liegt – vom auskragenden, mit einem großen Fenster in die Ferne blickenden Körper beschirmt und ebenso klar hervorgehoben – der neue Haupteingang in das Firmengebäude.
Eine einläufige Treppe führt im Freien beginnend und den Weg im Haus geradlinig fortsetzend hinauf zum Empfang. Hinter dem Pult, das den von gezielter (Tages-)Lichtregie begleiteten Weg flankiert, öffnen sich die zeitgemäß adaptierten Büroräume des Bestandes, während der diskret abseits gelegene Besprechungsraum die Stirnseite des auskragenden Zubaus einnimmt.
Ring Herr Dickinger, bevor wir auf das zentrale Thema unseres Gesprächs – nämlich das Material Holz in Verbindung mit anderen Baustoffen – zu sprechen kommen, erklären Sie bitte die Grundzüge des Entwurfs.
Dickinger Das wichtigste Anliegen bei diesem Entwurf war zunächst die Korrektur des Zugangs. Vor der Erweiterung des Bürotrakts um den neuen Eingangsbereich, der durch den Erwerb des Nachbargrundstückes an der ehemaligen Rückseite möglich wurde, hat kein Mensch die Firma gefunden. Und wenn doch, hat man erst einmal an den Produktionshallen der Tischlerei entlang über enge Stiegen und verwinkelte Gänge irren müssen, um ein Gespräch zum Beispiel über die Gestaltung eines Restaurants führen zu können. Dieser Zustand war für eine Firma, die sich mit Innenausstattungen befasst, untragbar!
Ring Kam also der Wunsch nach dem Baumaterial Holz vom Bauherrn? Die Verbindung zum Holz verarbeitenden Betrieb einerseits und zum Raumausstatter auf der anderen Seite wäre ja logisch.
Dickinger Nein, gar nicht. Der Bauherr hat mir da völlig freie Hand gelassen. Es war meine Entscheidung und diese ist hauptsächlich aus konstruktiven und bauphysikalischen Gründen gefallen. Es war allerdings schon ein Vorteil, dass die angeschlossene Tischlerei so viel selbst ausführen konnte.
Ring Was waren denn die konstruktiven Voraussetzungen?
Dickinger Der Bestand konnte aus statischen Gründen durch den Zubau nicht belastet werden. Ich habe deshalb zwei in der Seitenansicht hammerförmige Betonscheiben parallel zueinander angeordnet, die die Decke über dem Erdgeschoss und das Dach des Zubaus tragen und ihm seine signifikante Form geben. Der Rest des Tragwerks ist aus Holz. Nicht zuletzt, weil ich damit das Gewicht reduzieren konnte. Es hätte aber durchaus auch Stahl sein können.
Ring Die hölzerne Akustikdecke und der Boden aus dem gleichen Material sind ja sehr sorgfältig gearbeitet. Besonders Details wie der Übergang des an dieser Stelle hochgezogenen Bodens zu der Ausnehmung in der Sichtbetonscheibe sind bewundernswürdig exakt ausgeführt.
Dickinger Ja, da waren die Handwerker schon gefordert. Auch die Fuge zwischen Außen und Innen, der Sichtbeton innen und die hinterlüftete Blechfassade außen, nur durch die Glasscheibe getrennt, war nicht so einfach herzustellen! Das Detail zwischen Betonscheibe und hochgezogenem Boden hat auch einen konstruktiven Hintergrund: Die Holzdecke über dem Erdgeschoss ist an der Lattung der Blechfassade aufgehängt. Mit ein paar Stahlstäben verstärkt, aber sonst lupenrein aus Holz konstruiert. Und das spürt man auch, weil die Decke schwingt. Dieses Fühlen eines Materials, einer Konstruktion, das Schwingen eines Bodens, von dem man weiß, er befindet sich in einem auskragenden Baukörper, das war wichtig für mich und ein entscheidender Faktor bei der Materialwahl. Dazu kommt noch ein wesentlicher Punkt, warum ich gerne mit Holz arbeite: Zimmerleute sind das Konstruieren gewöhnt, das gehört einfach zu ihrem Denken dazu. So wie mir, als gelerntem Steinmetz, die Ausformung eines Details ein Anliegen ist, in das ich auch bereit bin, Arbeit zu investieren. Ein Baumeister hat heute 100 Subfirmen. Ein Zimmerer baut noch. Das ist das Sympathische am Holz für mich, nicht das »Heimelige«.
Ring Sie haben das Holz aber in diesem Fall durch Beton ergänzt, oder eigentlich am Beton aufgehängt. Warum Beton?
Dickinger Zunächst als Speichermasse, zum Ausgleich des Raumklimas. Die Bauherrschaft hat unangenehme Erfahrungen mit einem schlecht gedämmten Dachstuhl gesammelt. Der Beton selbst wurde dann ganz bewusst nicht als Hightech-Sichtbeton ausgeführt, sondern so, wie man ihn da sieht: mit den Zuschlägen und Kiesnestern, und dann lediglich sandgestrahlt. Alles andere hätte nur hohen Energie- und Geldaufwand bedeutet und wäre dann trotzdem unbefriedigend ausgefallen!
Ring Sie haben ja Erfahrung mit der Kombination verschiedener Baustoffe in einem Objekt. Mit welchem Bau haben sie diesen Weg begonnen?
Dickinger Schon mit der Revitalisierung eines jahrhundertealten Bauernhauses, dem Ofnergut im steirischen Triebendorf. Da musste einfach mit verschiedensten Materialien gearbeitet werden, weil der Bestand das verlangte. Die jüngste Bauetappe stammte aus dem Jahr 1722 und Holz beispielsweise war in den verschiedensten Ausformungen, von einfachen Rundlingen bis zu schön bearbeiteten Trämen da. Und als dann die Orgelbauwerkstätte Vonbank in den Umrissen des ehemaligen Stalles zu planen war, habe ich die alten Prinzipien des Bauens dieser Region eben wieder angewendet: einen massiven Sockel, wo es nass ist und wo der Hang schiebt, darauf eine Konstruktion aus Stahlbeton als einfaches und kostengünstiges Tragwerk und dazwischen die vorgefertigten Wandelemente aus Holzbaustoffen, um eine kurze Bauzeit zu ermöglichen. Seit dieser Zeit ist Holz für mich als Baustoff immer präsent geblieben.
Ring Auch beim Bau des Weingutes Weninger im Burgenland.
Dickinger Ja, auch dort, zum Beispiel als Verkleidung der Hallenwand, die in ihrer Rundung die gedankliche Verbindung zum Keller herstellt. Das Holz bewährt sich übrigens gegenüber dem Rotwein tadellos. Oder die Holzdecke über dem Fasskeller. Die schwingt und klingt hohl und sie hat eine Ausnehmung, damit man den Keller von oben auch sieht und riecht. Denn darum geht es mir bei allen meinen Bauten: um das sinnliche Erlebnis.
DI Arch. Raimund Dickinger
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