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Kombinationsmöglichkeiten im Geschossbau
Leicht und massiv

Durch das erhöhte ökologische Bewusstsein gewann der Holzbau in reiner Form sowie in Kombination mit mineralischen Baustoffen wieder an Bedeutung. Dieser Beitrag zeigt grundsätzliche Varianten im Geschossbau.

erschienen in
Zuschnitt 17 Holz +, März 2005
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Bis in die zweite Hälfte des 19. Jh.s wurden die Baustoffe entsprechend ihrer regionalen Verfügbarkeit eingesetzt. Dadurch wurden die örtlichen Formen des Hausbaus stark geprägt. Die einzelnen Baustoffe wurden vorurteilsfrei entsprechend ihren Eignungen verwendet und sinnvoll miteinander kombiniert. Industrialisierung und die Schrecken der beiden Weltkriege bewirkten in Mitteleuropa einen Rückgang des Holzbaus. Erst Ende des letzten Jahrhunderts, nicht zuletzt durch ein verstärktes ökologisches Bewusstsein und durch ein Umdenken bei den Verantwortlichen, Planern sowie den Bauherren, gewann der Holzbau sowohl in reiner Form als auch in Kombination mit mineralischen Baustoffen wieder an Bedeutung. Dieser Beitrag zeigt grundsätzliche Varianten, wobei auf die Verbundbauweise (z.B. Holz-Betonverbunddecke) nicht näher eingegangen wird.

Mineralische Brandwände

In den meisten Bundesländern Österreichs müssen Wände, die an den Grundstücksgrenzen errichtet werden, mineralisch ausgeführt werden. Bei vielen mehrgeschossigen Holzwohnbauten werden auch innerhalb der Gebäude mineralische Brandwände bzw. Stiegenhäuser in Betonbauweise eingesetzt, um voneinander unabhängige Brandabschnitte zu schaffen.

 

Neben der Funktion des Brandschutzes werden von mineralisch ausgeführten Bauteilen auch die Aufgaben der Schalltrennung übernommen. Holzkonstruktionen werden entweder unabhängig von den mineralischen Elementen errichtet oder sie werden auch in die Konstruktion miteinbezogen und dienen beispielsweise zur Aussteifung.  

Mineralische Tragstruktur mit nichttragenden Holzelementen in der Gebäudehülle

Die Kombination einer mineralischen Tragstruktur mit nichttragenden Holzelementen in der Gebäudehülle bietet sich für den urbanen Geschossbau in Niedrigenergie bzw. Passivhausbauweise an. Für den Einsatz von Holzelementen in der Gebäudehülle sprechen die ausgezeichneten wärmeschutztechnischen Eigenschaften bei gleichzeitig geringen Wandstärken, der hohe Vorfertigungsgrad, das geringe Gewicht, die trockene Bauweise sowie die ökologischen Vorteile von nachwachsenden Baustoffen. Die schall- und brandschutztechnischen Anforderungen an die Gebäudehülle werden leicht erfüllt.

Die Gründe für den Einsatz mineralischer Tragstrukturen (Trennwände, Geschossdecken) liegen meist in Vorgaben der Baugesetze sowie in der Tatsache, dass schallschutztechnische Anforderungen an Trenndecken gegebenenfalls einfacher und preiswerter erfüllt werden können. Neben dem Geschossneubau bietet die Sanierung von Plattenbauten ebenfalls einen interessanten Zukunftsmarkt für vorgefertigte Holzelemente. Diese stellen gerade bei einer Totalsanierung eine Alternative zu herkömmlichen Varianten dar. Zusätzlich zur thermischen Optimierung können dem Bewohner weitere gestalterische und technische Optionen bei den Elementen angeboten werden.

Geschossweise Mischung

Die geschossweise Mischung wird wegen der Leichtigkeit von Holz häufig bei Bestandserweiterungen eingesetzt. Dies gilt auch, wenn das Fundament ursprünglich nicht für eine Aufstockung ausgelegt wurde. Bei massivem Sockelgeschoss und darüber liegenden Holzgeschossen kann eine Gefährdung der Holzkonstruktion durch fehlerhafte Ausführung im sensiblen Sockelbereich ausgeschlossen werden.

Mit der 37. Techniknovelle vom 26.04.2001 legte die Stadt Wien einen Grundstein für den Einsatz des Holzes im urbanen Umfeld. Diese Änderung ermöglicht Holzbauten mit vier Vollgeschossen und einem ausgebauten Dachgeschoss, sofern die Tragstruktur des Erdgeschosses mineralisch ausgeführt wird, bzw. reine Holzbauten mit drei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss. Es wurde somit hinsichtlich der zulässigen Geschossanzahlen in Holzbauweise die modernste österreichische Bauordnung geschaffen und mit der Wohnanlage Spöttlgasse von Architekt Hubert Rieß erstmalig in die Realität umgesetzt.

Mineralischer Kern

Im Bereich der Solararchitektur werden häufig hochwärmegedämmte Außenhüllen und großzügige Fensterflächen mit einem mineralischen Kern kombiniert. Die mineralischen Innenflächen werden aufgrund ihres höheren Speicherverhaltens als Puffer eingesetzt. Bei Wohnungsbauten mit innenliegender Erschließung kann diese ebenfalls mineralisch ausgeführt werden.

Forschung
Die Holzforschung Austria beschäftigt sich im Rahmen des Impulsprojekts »Modulare intelligente Bauelemente« des industriellen Kompetenzzentrums »Holztechnologie« intensiv mit den Kombinationsmöglichkeiten von Holzelementen mit mineralischen Elementen. Dabei werden die Anschlussbereiche bauphysikalisch und bautechnisch untersucht. Als Grundlage dient eine Toleranzanalyse, wobei hinsichtlich der Lage und Montage der Holzelemente die Varianten »vorgehängt«, »aufeinandergestellt« und »hineingestellt« betrachtet wurden.

Es zeigte sich, dass durch die genauen Fertigungsmöglichkeiten der Holzelemente in der Vorfertigung die Mess- und Lageabweichungen des Massivbaus ausgeglichen werden können, wobei die Wahl der entsprechenden Befestigungsmittel entscheidend ist und Tiefentoleranzen der Stirnfugen zwischen Holz- und mineralischen Elementen die größte Herausforderung darstellen.

Neben Berechnungen und Untersuchungen möglicher Wärmebrücken erfolgten Untersuchungen des Raumabschlusses sowie der Schall-Längsleitung bei vor eine mineralische Tragstruktur montierten Holzelementen und der Auswirkungen von Baurestfeuchte auf die Holzelemente. Mit Hilfe von Kleinbrandversuchen, die am Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (ibs) durchgeführt wurden, konnte mit einfachen konstruktiven Maßnahmen, wie Ausstopfen der Fugen mit Steinwolle (Schmelzpunkt > 1000°C), eine Brandwiderstandsdauer des Anschlussbereiches von 90 Minuten erreicht werden. An der Versuchsanstalt für Wärme- und Schallschutztechnik am Technologischen Gewerbemuseum (tgm) wurden die Schall-Längsleitung bei Außenelementen in Holzleichtbauweise in Kombination mit mineralischen Trenndecken und die Auswirkungen unterschiedlicher konstruktiver Ausführungen (wie z.B. durchgehende Gefache, Abschottungen, mit bzw. ohne Installationsebene) untersucht. Als Voraussetzung für eine geringe Schall-Längsleitung kann zusammenfassend die Dichtheit des Anschlusses und die Ausbildung einer Installationsebene angesehen werden. Die Gesamtergebnisse werden in einem umfangreichen Leitdetailkatalog voraussichtlich Mitte 2005 publiziert werden.

»So besitzt jedes Material seine besonderen Eigenschaften, die man kennen muss, um mit ihm arbeiten zu können.«

Ludwig Mies van der Rohe, Antrittsrede am Armour Institute of Technology, 1938

Literatur
Martin Teibinger
Holz-Mischbau im urbanen Hochbau
Hrsg. Holzforschung Austria
ISBN: 3-9501664-2-4
Preis: 38,5 Euro (inkl. 10% Mwst., exkl. Versand)
www.holzforschung.at


verfasst von

Martin Teibinger

  • geboren 1972 
  • Studium der Holzwirtschaft an der Boku Wien 
  • 2004 Promotion an der TU Wien
  • seit 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Holzforschung Austria, Bereichsleiter Bauphysik
  • Lehrtätigkeit an der Fachhochschule Salzburg, der TU Wien und der Universität für Bodenkultur

Erschienen in

Zuschnitt 17
Holz +

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Zuschnitt 17 - Holz +