Das Verhältnis zwischen Planenden und Behörde ist nicht immer ungetrübt. Johannes Kaufmann hat mit der zuständigen Abteilung der Baupolizei in Wien im Zuge der Bewilligung eines Wohnbauprojekts am Mühlweg im 21.Bezirk jedoch gute Erfahrungen gemacht und traf sich mit Senatsrat DI Heinz Fuchs und seinen MitarbeiterInnen zu einem Gespräch über Holz in der Stadt und die Voraussetzungen für eine positive Zusammenarbeit.
ZUSCHNITT Herr Senatsrat, wie beurteilen Sie die Situation zwischen Behörden und Planenden?
Heinz Fuchs Diese Situation ist eindeutig: Die Behörde vollzieht die Gesetze, indem sie prüft und kontrolliert. Die prinzipielle Verantwortung liegt jedoch beim Planer, bei der Planerin.
ZUSCHNITT Die Gesetze erlauben aber einen Spielraum und ein Bewilligungsprozess ist ja nicht nur Kontrolle, sondern auch Interaktion.
Heinz Fuchs Das stimmt, obwohl es Bestrebungen gibt, die Arbeit der Behörde auf Stichproben zu beschränken und die gesamte Verantwortung auf die Planenden zu übertragen. Ich finde das nicht richtig, denn die Behörde hat Aufgaben gesellschaftspolitischer Natur, die nicht aus Gründen der Sparsamkeit und auf Kosten der Qualität eingeschränkt werden sollten.
ZUSCHNITT Wie stehen Sie zu den Entwicklungen im Holzbau, speziell in der Stadt?
Heinz Fuchs Zurzeit ist der Holzbau stark im Vormarsch, auch im Wohnbau. Das schlägt sich in der Gesetzgebung nieder, wo seit der Novellierung der Wiener Bauordnung 2001 (Techniknovelle) drei Hauptgeschosse und ein Dachgeschoss aus Holz bzw. vier Hauptgeschosse, wobei das Erdgeschoss jedoch in allen für die Tragfähigkeit und den Brandschutz wesentlichen Bestandteilen aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen muss, erlaubt sind. Es gab Bestrebungen, vier Vollgeschosse und zwei Dachgeschosse zu erlauben, aber da wäre auch ich dagegen gewesen. Generell sind Wohnbauten aus Holz schwierig – vor allem aufgrund der bestehenden Brandvorschriften, des Schallschutzes und der geringen Erfahrungswerte. Aber natürlich sind individuelle Lösungen möglich und ich bin absolut dafür, solche Lösungen zu forcieren, um der Individualität eines Bauvorhabens Rechnung zu tragen.
Johannes Kaufmann In so einer Situation sind alle Beteiligten gefordert: Als Planer muss man Alternativen anbieten können, als Behörde muss man darauf reagieren können. Beim Bauvorhaben Mühlweg hat die MA37 zum Beispiel alternative Lösungsmöglichkeiten miteinbezogen. Zusätzlich erfordert der moderne Holzbau viel mehr Know-how als die mineralische Bauweise, wo sich in den letzten Jahren längst nicht so viel geändert hat wie etwa bei der Massivholzbauweise und die in der Ausbildung auch nach wie vor an erster Stelle steht.
Heinz Fuchs Wesentlich ist, dass laut oib-Richtlinien künftig mit entsprechenden Sachverständigengutachten »gleichwertige Lösungen« ausgeführt werden können.
Johannes Kaufmann Solche Lösungen gibt es aber nur, wenn der Planer kompetent und die Behörde zum Dialog bereit ist. Das ist eine große Herausforderung an die Beamten, denn künftig gelten nicht nur die Bestimmungen der Bauordnung, sondern auch äquivalente Lösungen, die auf die geforderten Schutzziele hin zu überprüfen sind.
Heinz Fuchs Wenn man drei Juristen zu einem Thema befragt, erhält man im Allgemeinen drei verschiedene Antworten. Bei uns ist das ähnlich, weil für individuelle Projekte auch unterschiedliche Lösungsansätze möglich sind. Trotzdem: Wir, und ich spreche hier für diese Abteilung, sehen uns nicht nur als Vollzugsorgane, sondern auch als Baumanager und im Wesentlichen als »Bewilligungsbehörde«. Dass man sich dabei nicht in den fahrlässigen Bereich begeben darf, liegt auf der Hand.
ZUSCHNITT Es geht also um Flexibilität, Offenheit, technisches Verständnis und Diskurs?
Heinz Fuchs Genau so ist es. Wir sind nicht gegen ein bestimmtes Material, sondern wollen das Beste in einer bestimmten Situation erreichen. Die Behörde ist neutral.
ZUSCHNITT Das gilt für die Behörde, aber nicht für jeden einzelnen Beamten. Dass der Holzbau unter Vorurteilen und auch Benachteiligungen zu leiden hat, ist nicht von der Hand zu weisen.
Heinz Fuchs Ja, und hier muss Aufklärungsarbeit geleistet werden, um diese Vorurteile und Benachteiligungen auszuräumen. Es gibt einen Rechtsanspruch auf jedes Material, das die Anforderungen der Bauordnung erfüllt.
ZUSCHNITT Kann man sagen, dass es Informationsdefizite bei Planern und Behörden hinsichtlich des modernen Holzbaus gibt?
Heinz Fuchs Das kann man so sagen und daher haben wir etwa Informationsveranstaltungen zum Thema organisiert, um diese Defizite auszuschalten. Dabei liegt es natürlich an jedem Einzelnen, sich für neue Entwicklungen zu interessieren und damit auseinanderzusetzen, um am Laufenden zu bleiben. Aber das wäre auch für andere Berufsgruppen gut.
Johannes Kaufmann Ein wichtiger Aspekt ist dabei auch die bevorstehende Harmonisierung der Gesetzgebung. Die großen Unterschiede in den Landesbauordnungen verkomplizieren jeden Bauprozess, durch die Harmonisierung wird es zu einer Bündelung von Wissen und Erfahrung kommen. Auch sollte die Holzlobby mehr Aufklärungsarbeit leisten und die Standardisierung im Holzbau vorantreiben.
ZUSCHNITT Für den Planenden ist eine offene, diskussionsbereite und interessierte Behörde ein idealer Partner. Was wünscht sich die Behörde von den Architekten?
Heinz Fuchs Wir wünschen uns Architekten mit guter Plankultur und rechtlichem Grundwissen. Es benötigt Unmengen von Energie, dementsprechende Grundlagen zu vermitteln.
Johannes Kaufmann Unser Planungsverlauf war auch deshalb so positiv, weil Schwierigkeiten von Beginn an in Vorbesprechungen beigelegt wurden. Dadurch konnten genauere und richtigere Planunterlagen erarbeitet werden und Bewilligung und Umsetzung schneller erfolgen.
Heinz Fuchs Das ist richtig. Die Vorbesprechungen waren auch für uns ein Lernprozess und ich muss sagen, dass alle Holzbauten, die bisher bei uns eingereicht wurden, gut vorbereitet und geplant waren.
Senatsrat DI Heinz Fuchs
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