Die »Forcola« ist der aufragende, kurvige Stützteil venezianischer Boote, insbesondere von Gondeln, in dem der Riemen gelagert wird, um die Boote ruderfähig zu machen. Ihre Konstruktion basiert auf der venezianischen Art des Vortriebs: in den engen Kanälen muss der Gondoliere möglichst am höchsten Punkt, also auf der horizontalen Plattform im hinteren Bereich der Gondel stehend agieren, um eine optimale Übersicht und Manövrierfähigkeit zu haben und auf engstem Raum vorwärtszukommen.
Auf diese Anforderungen reagiert die Forcola als offene Dolle mit mehreren Auflagerpunkten, auf welcher der Riemen sehr flexibel eingesetzt werden kann. Durch das Wechseln von einem Auflagerpunkt zum anderen wird der Antrieb verbessert und sowohl das Geradeausfahren trotz seitlichem Ruder sowie jede Art des Manövrierens wie langsamer oder schneller Schub, Rückwärtsfahren oder Abbremsen, ermöglicht.
Die skulpturale Form der Forcola ergibt sich also aus den vorgenannten Anforderungen; dass keine der anderen gleicht, hat damit zu tun, dass in ihrer Herstellung sowohl auf den jeweiligen Körperbau und Ruderstil des Gondoliere als auch auf den Bootstypus eingegangen wird. Forcole werden aus geviertelten Baumstämmen mit einem Mindestdurchmesser von 60cm hergestellt und können bis zu 90cm hoch sein. Bevorzugt wird Nussholz verwendet, aber auch Birne und Kirsche kommen zum Einsatz. Jedes einzelne Stück ist wertvoll und unverwechselbar und jeder Gondoliere montiert seine Forcola nach dem Anlegen ab, um sie vor Diebstahl zu schützen.
Text
Franco Laner
Übersetzung aus dem Italienischen: Arch. DI Sieglinde Weger
Literatur
Forcole
Saverio Pastor (Hrsg.)
Edizioni Mare di Carta, Venezia 1999
Il Leggio, Chioggia 1999
136 Seiten, €31,-
ISBN 88-87505-02-0
»So wie die Blütenpracht außergewöhnlicher Blumen sind auch die Forcole Skulpturen zum Sammeln.«
Saverio Pastor, Forcole-Schnitzer
Fotos
© Daniele Resini (oben rechts, unten links)
Piermarco Menini (oben links)