Einem Kreis ist ein Quadrat eingeschrieben. Wird dieses Quadrat oben und unten bis auf den Kreisdurchmesser gestreckt, entsteht ein Rechteck im exakten Verhältnis des DIN-Formates: 1:√2. Dieses Rechteck markiert nun die Höhe für das nächste Quadrat, das dann wiederum über eine neue Kreiskonstruktion zum nächst höheren DIN-Format führt.
Der Zeitpunkt, an dem vermutlich die meisten zum ersten Mal mit dem Phänomen »Papierformat« in Kontakt kommen, ist beim Eintritt in die Schule. Doch was verbirgt sich hinter so gebräuchlichen Begriffen wie DIN A4, DIN a5 oder DIN A0 und warum hält sich etwa das Quartheft nicht an die allgemeingültige DIN-Norm?
Im deutschsprachigen Raum spezifiziert die DIN-Norm 476 des Deutschen Instituts für Normung (DIN) seit 1922 die Standardpapierformate. Zuvor hatte es bereits Versuche gegeben, Formatordnungen für Papier zu erlassen, zum Beispiel den »Statut del Popolo« 1389 in Bologna oder die »Loi sur le Timbre«, die 1794 nach der Einführung des Meters als Maßeinheit in Frankreich Formate für Urkunden- und Stempelpapiere festlegen sollte.
Im Jahr 1910 gründete der Schweizer Karl Bührer in München das Unternehmen »Die Brücke«, unter anderem mit dem Ziel, die Arbeitsmittel der geistigen Arbeit auf eine einheitliche Grundlage zu stellen und damit ein sogenanntes »Weltformat« für Druckwerke zu etablieren. Alle 13 Papiergrößen der Weltformatreihe wiesen dabei ein Verhältnis von Breite zu Höhe von 1:√2 (oder 1 : 1,4142) auf. Ein Verhältnis, das der gemeinhin für seine Aphorismen bekannte deutsche Physiker Georg Christoph Lichtenberg bereits 1786 in einem Brief als besonders vorteilhaft beschrieben hatte.
Als der Berliner Ingenieur Dr. Walter Porstmann schließlich 1922 die eingangs erwähnte DIN-Norm 476 entwickelte, griff er diese »Lichtenberg-Ratio« wieder auf. Deren für die industrielle Papierproduktion entscheidender Vorteil liegt darin, dass sich das nächstkleinere Format ohne Materialverlust durch Halbierung beziehungsweise das nächstgrößere durch Verdopplung ableiten lassen.
Als Ausgangsformat wurde DIN A0 mit den Maßen 841x1189mm und einer Grundfläche von einem Quadratmeter definiert, alle weiteren Papiergrößen von A1 (594x841mm) über das wohl gebräuchlichste Format A4 (210x297mm) bis A10 (26x37mm) werden jeweils durch Halbierung daraus abgeleitet. Neben der a-Reihe, die vor allem für Bogen- und Blattformate wie Großflächenplakate, Drucksachen und Schreibpapier eingesetzt wird, gibt es die b-Reihe und die c-Reihe für Kuverts, Hüllen und Mappen der a-Reihe sowie die d-Reihe für Sonderformate und die e-Reihe für Briefhüllen und Aktendeckel.
Die Übergrößen 2A0 (1189x1682mm) und 4A0 (1682x2378mm) mit einer Fläche von zwei bzw. vier Quadratmetern existieren nur in der DIN-Norm, nicht aber in der 1975 aus der DIN 476 abgeleiteten, heute gültigen ISO-Norm DIN en ISO 216. In der Druckindustrie werden außerdem die Übergrößen ISO ra und sra eingesetzt, die als unbeschnittene Formate etwas größer und auf den vollen Zentimeter gerundet sind.
Durch die Einführung von Kopierern, Faxgeräten und Computerdruckern wurde die weltweite Standardisierung beschleunigt. Mittlerweile wird in der überwiegenden Mehrheit der Länder die ISO-Norm DIN en ISO 216 verwendet, die einzigen großen Ausnahmen sind die usa, Kanada und Großbritannien.
In den USA bleibt das auf dem angloamerikanischen Maßsystem basierende »Letter«-Format neben »Legal«, »Executive« und »Ledger/Tabloid« weiterhin das gebräuchlichste. us-amerikanische Universitäten stellen allerdings langsam auf das A4-Format um, da bei den meisten Konferenzen außerhalb der Vereinigten Staaten Unterlagen in diesem Format zum Einsatz kommen.
In Großbritannien bedienen sich vor allem Printmedien und Buchdruckereien auch heute noch traditioneller Formate.
Diese »Old English traditional paper sizes« tragen Bezeichnungen wie »Emperor«, »Grand Eagle«, »Elephant«, »Royal«, »Crown« oder »Foolscap«.
Aber auch in Österreich gibt es Beispiele jenseits der Norm: Das Quartheft mit seinen zwischen A4 und A5 liegenden Maßen von 195x242mm wird hauptsächlich in der Volksschule eingesetzt, wenn die SchülerInnen aufgrund ihrer Körpergröße beim Schreiben den oberen Rand eines A4-Hefts noch nicht so leicht erreichen. In der Schweiz misst ein Quartheft übrigens 175x220mm, was als kleines Detail am Rande die Bedeutung der internationalen ISO-Norm weiter unterstreicht.
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Claudia Hubmann
arbeitet als Journalistin in den Bereichen Musik, Kultur und Mode in Wien
seit 1998 Redakteurin bei www.hauptstadt.at
seit 2005 Moderedakteurin bei »INDIE Magazine«