Two-Way Mirror Power
Der 1942 in Urbana, Illinois/USA geborene Künstler Dan Graham zählt zu den wichtigsten Vertretern der Conceptual Art. Er war Galerist (John Daniels Gallery), Kunst- und Kulturtheoretiker, Fotograf, Filmemacher, Performance- und Installationskünstler. Seine ersten konzeptuellen Arbeiten, zu denen u.a. die Texte »Figurative« (1965) und »Schema« (1966) zählen, veröffentlichte er als Anzeigen in Zeitschriften und Magazinen mit der Absicht, neue Präsentationsformen für Künstler abseits von White Cubes und Fachpublikationen zu erschließen. Der Foto-Text-Essay »Homes for America« (1966) wurde dann zur konsequenten Fortsetzung seiner Beschäftigung mit der Architektur von Vorstädten, die wiederum die soziopolitischen Umstände der 60er Jahre in Amerika reflektierte. Grahams Kunst entwickelte sich in den 70er Jahren in Richtung Performance, Film und Video. Die Wahrnehmung von Raum und Zeit und das Bewusstsein von Körperlichkeit und medialer Interaktion sowie soziologische und psychologische Fragen bestimmten die Inhalte der Arbeiten »Roll«, »Body Press« (1970) und »Performer/ Audience/ Mirror« (1975).
Internationalen Durchbruch erzielte Graham aber mit seinen in den 80er Jahren realisierten zweiweggespiegelten Glaspavillons, dem »Pavilion/ Sculpture for Argonne« in Chicago und den im Rahmen der documenta 8 in Kassel konzipierten Kuben »Two Adjacent Pavilions«. Die architektonischen Referenzpunkte dieser begehbaren Arbeiten liegen zum einen in der Gartenbaukunst des Barock sowie der von Marc-Antoine Laugier postulierten »Urhütte« und zum anderen in der modernen Büro- und Stadtarchitektur des 20. Jahrhunderts. Mit Glas, Spiegelglas, Holz und Stahl konstruiert Graham in ihrer Formensprache schlichte, architektonisch gebräuchliche Räume, die für den Menschen von innen und außen erfahrbar sein sollen. Dem Beobachten sowohl der eigenen Person als auch anderer Individuen durch die zweiweggespiegelten Glaswände kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Die »two-way mirrors« erzeugen je nach Lichteinfall und Witterung mehr oder weniger Transparenz beziehungsweise Spiegelung. Dies ermöglicht sowohl eine dialektische Beziehung zwischen den Betrachtergruppen und deren Vorstellung von sich selbst als auch die Miteinbeziehung der Natur- respektive Stadtlandschaft, in der sich das Individuum bewegt.
Dan Graham experimentierte über die Jahre mit verschiedenen geometrischen Formen und entwickelte für seine Pavillons ein komplexes Anwendungsvokabular. Je nachdem ob diese in der Stadt oder in der freien Natur aufgestellt werden sollten, baute er zylindrische, kubische oder pyramidenförmige Pavillons. Neben der Minimal Art und den Bauten eines Mies van der Rohe oder Walter Gropius, deren Formensprache sich in den Pavillons widerspiegelt, beschäftigte sich Dan Graham auch mit symboli-schen Motiven. Beispiele hierfür sind der »Heart Pavilion« (1992) und der »Star of David Pavilion«, Schloss Buchberg (1991–96). Durch ihre Ästhetik und funktionale Rolle als Rückzugsort und Verweilplatz finden Grahams Glaskonstrukte in urbanen öffentlichen Bereichen wie in Innenräumen institutioneller oder privater Auftraggeber ihren anerkannten Platz.
Foto: © Courtesy of the artist and Lisson Gallery / Dan Graham 2008
Dan Graham
geboren 1942 in Urbana, Illinois
lebt und arbeitet in New York
Einzelausstellungen (Auswahl)
- 2007 Galerie Marian Goodman, Paris
- 2006 Johnen Galerie, Berlin
- 2005 Lisson Gallery, London
- 2004 X-Screen mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
- 2003 Galerie Meyer Kainer, Wien
- 1992 »Star of David Pavilion«, Schloss Buchberg, NÖ
Gruppenausstellungen (Auswahl)
- 2008 Projektion, Lentos Kunstmuseum Linz
- 2007 »Mapping the City«, Stedelijk Museum, Amsterdam
- 2006 Day for Night, Whitney Biennial 2006, New York
- 2005 Fast Nichts – Minimalistische Werke aus der Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof, Berlin
51. Biennale di Venezia - 2003 RE-PRODUKTION 2, Galerie Georg Kargl, Wien
- 1987 documenta 8, Kassel