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Urbane Ökologie
Das erste Minergie-P-ECO-Haus der Schweiz

Das Energiekonzept des dreigeschossigen Baus weist eine lückenlose Gebäudehülle, eine Minimierung der Lasten durch Gerätschaften, sowie eine Komfortlüftung samt Wärmerückgewinnung auf.

erschienen in
Zuschnitt 30 Holz bauen Energie sparen, Juni 2008
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In der Gemeinde Köniz, unmittelbar angrenzend an die schweizerische Bundesstadt Bern, steht seit zwei Jahren ein bemerkenswerter Neubau. Er unterläuft mit seiner im besten Sinne modernen Architektur, dem frei aufteilbaren Grundriss und dem Anspruch an ökologische und energetisch vorbildliche Bauweise die herkömmlichen Vorstellungen über den Holzbau. Bei dem Gebäude handelt sich um den ersten Neubau in der Schweiz, der gemäss dem Minergie-P-ECO-Standard errichtet wurde, noch im Jahr der Lancierung des neuesten Labels.

Architekt Peter Schürch vom Büro Halle 58 wollte ein Haus, das heutigen und kommenden Ansprüchen genügt, in Hinblick auf Ökologie und Energieverbrauch unbedenklich ist, ein Haus auch, das in unmittelbarer Nähe der Stadt steht, in der er arbeitet und das er mit Nachbarn teilt. Selbstverständlich sollte es zudem seiner Auffassung von zeitgemässer Architektur entsprechen: schnörkellos, mit hellen, grosszügig geschnittenen Räumen. Er hat es als Holzständerbau konzipiert und die Vorteile des Holzbaus voll ausgenützt. Entstanden ist ein dreigeschossiges Gebäude, das mit einem Fensterflächenanteil von 51 Prozent und den sonnseitig durchlaufenden Laubengängen mit geräumigen Balkonen genau dem entspricht, was man sich unter einer urban geprägten Architektur vorstellt.

Der Bau steht auf einem Grundstück, das vordem mit Autogaragen belegt war. Der Grundriss ergibt sich aus der Parzellenform. Hier wurde sozusagen aus der Not eine Tugend gemacht. Untergeschoss und Treppenhaus sind als massive Betonkonstruktion erstellt. Das übrige Gebäude ist eine reine Holzkonstruktion. Erreicht wurde damit eine optimal gedämmte Baustruktur mit genügend Masse als Energiespeicher. Für die Heizenergie sorgt ein Pelletsofen. Die grossflächigen Verglasungen ermöglichen die passive Nutzung der Sonnenwärme und die eingelassenen Holzrollos aus Lärchenholz schützen vor Sommerhitze und Einsicht. Auf dem begrünten Flachdach sind Sonnenkollektoren mit insgesamt 20 m2 Absorberfläche montiert, die Restfläche dient als gemeinsam nutzbare Dachterrasse. Später soll noch eine Photovoltaikanlage mit 30 m2 Fläche integriert werden.

Peter Schürch erklärt sein Engagement für eine energiesparende und ökologische Bauweise wie folgt: »Unter dem Energiekonzept für dieses Haus verstehe ich, so wie es Minergie P fordert, eine lückenlos gedämmte Gebäudehülle und eine Minimierung der anfallenden Lasten durch Geräte, Beleuchtung usw. Darüber hinaus nutzen wir die Sonnenenergie passiv und aktiv, auch wenn dies keine Minergie-Vorgabe ist. Die Restwärme wird über einen CO2-neutralen Energieträger abgedeckt, nämlich über die Holzenergie aus der Umgebung Berns (»Oil of Emmental«). Als Speichermasse dienen der Unterlagsboden aus Zement und die vorgespannten Betonpfeiler, die auch die Erdbebensicherheit gewährleisten. Ein weiterer Aspekt des Energiekonzepts im Haus Gebhartstrasse ist eine Komfortlüftung – vom Minergie-Standard gefordert – verbunden mit Wärmerückgewinnung. Hier ist das ein Kamin-Wärmetauscher, an dem auch die Küchenabluft angeschlossen ist.«

Die Umsetzung dieses umfassenden Energiekonzepts im Rahmen eines modernen Bauprojekts hat Halle 58 überzeugend vollzogen, Ökologie, Energieeffizienz, Komfort und Ästhetik sind wie selbstverständlich auf einen Nenner gebracht – eine Architektur, die Sinne und Intellekt gleichermassen anspricht.

Dachaufbau (einzuhaltender U-Wert: 0,1W/m2K)

  • extensive Begrünung 80mm
  • Schutzvlies und Dachpappe
  • Schalung 27mm im Gefälle
  • Hinterlüftungslattung 60/100 – 160mm
  • Unterdachbahn
  • Hohlkastenelement 360mm mit isofloc
  • Dampfbremse
  • Decke mit Schwingungsanhänger mit Mineralfaserdämmung
  • Fermacellplatte 15mm

Wandaufbau (einzuhaltender U-Wert: < 0,1W/m2K)

  • Duripanelplatte unbeh. 15mm
  •  Hinterlüftung 60/30mm
  • 2 x Fermacellplatte 15mm, Brandklasse REI 60
  • Ständerkonstruktion lignotrend 30mm mit isofloc
  • OSB-Platte 25mm
  •  Hohlraumdämmung mit Mineralfasern 80mm
  • Lattung 50/80mm mit Schwingungsbügel
  • Fermacellplatte 15mm

Standort

Gebhartstrasse 15
CH-3097 Liebefeld

Planung

Halle 58 Architekten GmbH
Bern/CH
www.halle58.ch

Statik Holzbau

hrb Ingenieure, Thun/CH
www.hrb-ingenieure.ch

Holzbau

H. Beer AG
Ostermundigen/CH
www.beer-holzbau.ch

Fertigstellung

2006

Text
Charles von Büren
publiziert seit 1974 über die Themen Bau, Technik und Design
arbeitet zudem im Mandat für den Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA sowie für die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Holzforschung SAH

Fotos
©  Christine Blaser


verfasst von

Charles von Büren

Architekt aus Bern, seit 1974 publizistische Tätigkeiten zu den Themen Bau, Technik und Design, bis 2000 PR-Beauftragter der Lignum, von 2000 bis 2006 verantwortlich für die Kommunikation des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA, Korrespondent der Zeitschrift TEC21.

Erschienen in

Zuschnitt 30
Holz bauen Energie sparen

Ersteres kann Zweiteres bewirken, denn Holz bringt die besten Voraussetzungen mit, um damit energieeffiziente, ressourcenschonende und nachhaltige Bauwerke zu errichten.

8,00 €

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Zuschnitt 30 - Holz bauen Energie sparen