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Standpunkt und Ausblick
Mehrgeschossiger Holzbau in Österreich

Die Techniknovelle 2007 ebnete den Weg für innovative Brandschutzlösungen auch im mehrgeschossigen Holzbau. Voraussetzung dafür ist der Nachweis, dass das notwendige Schutzniveau erreicht wird.

erschienen in
Zuschnitt 33 Holz stapelt hoch, März 2009
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Politiker aller Couleurs haben das Bauen mit Holz für sich entdeckt. In Krisenzeiten wie diesen argumentiert man gern mit heimischer Wertschöpfung und Nachhaltigkeit. Gute Zeiten also für den Holzbau, könnte man meinen. In der Tat findet sich in den Hochbauprogrammen vieler Städte und Länder der verstärkte Einsatz von Holzbauweisen an vorderster Stelle. Fast jedes Bundesland hat seine Holzbau-Musterprojekte. Die werden dann so gut beworben und publiziert, dass man ob der medialen Omnipräsenz einiger weniger Holzbauten völlig übersieht, wie gering ihr Anteil am Gesamtbauvolumen nach wie vor ist.

Jüngste Gesetzesnovellen und neue Richtlinien sowie Erkenntnisse aus Musterprojekten und Forschungsarbeiten haben eine verbesserte Ausgangsbasis für den mehrgeschossigen Holzbau geschaffen. Dennoch scheinen sich viele Bauträger den Holzbau nur dann auf ihre Fahnen heften zu wollen, wenn entsprechender Druck durch die Politik da ist. Fehlt dieser Anschub, fehlt auch die Motivation, vom Gewohnten abzuweichen.

Unklarheiten, Unsicherheiten, manchmal auch nicht ganz nachvollziehbare Vorgaben in der Gesetzeslage und Schwierigkeiten bei deren Interpretation waren und sind für viele Bauträger ein weiterer Faktor, sich dem mehrgeschossigen Holzbau nur mit Vorbehalten zu nähern. Kommunale Bauherren – hier kommt die politische Verwertbarkeit in Sachen Ökologie, Regionalität und Behaglichkeit zum Tragen – und private Unternehmer haben, wie es scheint, weniger Berührungsängste.

Gerhard Leibetseder vom Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (IBS) in Linz kann dies bestätigen. Der Brandschutzprofi ortet vor allem im Bereich der öffentlichen Bauaufgaben eine stärker werdende Tendenz zu Holzbauweisen, wobei die aus Sicht der OIB-Richtlinie 2 (Brandschutz) unproblematische Viergeschossigkeit ohnedies selten überschritten wird. Eines der aktuellen großvolumigen Vorhaben ist zum Beispiel das agrarische Schulzentrum in Altmünster, ein dreigeschossiger Vierkanter von den Architekten Fink und Thurnher. Auch im Segment der Tourismusarchitektur ist Holz als Konstruktionsmaterial auf dem Vormarsch. Beim sechsgeschossigen Hotel Ammerwald (Architektur Oskar Leo Kaufmann und Albert Rüf) wurden die oberen drei Geschosse in Holzbauweise errichtet. Die Thematik des vertikalen Flammenüberschlags im Parapetbereich wurde hier unter anderem mit einer vertikalen Brandabschnittskonzeption gelöst.

Irmgard Eder, Leiterin des Dezernats Baulicher Brand-, Wärme- und Schallschutz in der Wiener Magistratsabteilung 37, erwartet sich nach den Erfahrungen aus der Techniknovelle 2001 im Zuge der aktuellen Neuerungen in der Gesetzeslage keinen großen Boom im mehrgeschossigen Holzbau. Die Anzahl der in der Zwischenzeit realisierten Bauten ist „enden wollend“, so Eder. Der Boom blieb also bislang aus und scheint auch nicht vor der Tür zu stehen.

Durch die Techniknovelle 2007 in Verbindung mit der Wiener Bautechnikverordnung, in der u.a. auf die OIB-Richtlinie 2 verwiesen wird, kann von den OIB-Richtlinien abgewichen werden, wenn der Bauwerber nachweist, dass das gleiche Schutzniveau wie bei Anwendung der Richtlinien erreicht wird. Damit können sowohl Behörde als auch Planer flexibler argumentieren, was Wiens oberste Brandschutzbeamtin positiv sieht. In Zukunft werde dadurch die Rolle der Brandschutzkonsulenten aber an Bedeutung gewinnen. Denn sobald ein Gebäude von den Anforderungen der Richtlinie abweicht, muss ein entsprechendes Brandschutzkonzept bzw. der Nachweis der Erfüllung der Schutzziele bei Einhaltung des Schutzniveaus vorgelegt werden.

„Den Brandschutz als einen wichtigen und herzeigbaren Teil des Bauens zu sehen und nicht als lästige Nebensache, die nur kostet“, das wünscht sich Irmgard Eder von Planern und Bauherren. Ihr Verständnis dafür, dass „um ein paar Brandschutztüren diskutiert wird, die Marmorfassade aber nicht in Frage gestellt wird“, hält sich sehr in Grenzen. Was sie sicher nicht akzeptieren will ist, „wenn Planer mit einem leeren Blatt Papier kommen und von der Behörde eine Brandschutzlösung für ein fertig geplantes Projekt erwarten“.

Neben einem Miteinander von Planer und Behörde, das von gegenseitigem Verständnis getragen sein soll, wünscht sie sich auch eine in verstärktem Maße wissenschaftliche Herangehensweise an Fragen der Sicherheit.

Beim Abweichen von beschreibenden Vorgaben der OIB-Richtlinien das äquivalente Erreichen der Schutzziele mittels Gutachten nachzuweisen, sei eine „saubere Lösung“, so Leibetseder. Hier ist es grundsätzlich sinnvoll und zielführend, brandschutztechnische Aspekte bereits im Vorfeld bzw. in der Entwurfsphase auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen. Auch Irmgard Eder fände es oft durchaus sinnvoll, in einem frühen Stadium – zum Beispiel schon im Wettbewerb für Modellprojekte – eingebunden zu werden.

Was auf Planer und Bauherren zukommen kann, sind höhere Kosten. Dies nicht zwangsläufig wegen zum Teil „strengerer“ Vorgaben – unabhängig von der Bauweise –, beispielsweise hinsichtlich höherer Anforderungen an Fluchtwegbreiten in der OIB-Richtlinie 4. Jedenfalls auf Geschäftszuwachs hoffen dürfen Gutachter und Brandschutzkonsulenten, denen nicht nur die neue Gesetzeslage zu Aufträgen verhelfen wird. Wie Gerhard Leibetseder aus Erfahrung berichten kann, gibt es bei manchen Behörden noch Unsicherheiten bei der Auslegung der neuen Richtlinien, was dazu führt, dass auch in an sich vom Gesetz her klaren Fällen Brandschutzkonzepte gefordert werden.

Martin Teibinger von der Holzforschung Austria hat für proHolz Austria mit einem Zuschnitt Attachment zur OIB-Richtlinie 2 die in Österreich gültigen Brandschutzvorschriften zu einem anschaulich illustrierten, kompakten Leitfaden zusammengefasst, der einen guten Überblick über die aktuell gültigen Anforderungen bietet. Viele Unklarheiten können so von vornherein ausgeräumt werden.

Häuser aufeinander

Sabine Bitter/Helmut Weber,
Upstate New York, 2001

 

Literatur

Zuschnitt Attachment Sept. 2008
Brandschutzvorschriften in Österreich
Anforderungen nach OIB-Richtlinie 2

Zuschnitt Attachment Dez. 2008
Vielgeschossiger Holzbau im urbanen Raum
Dokumentation Forschungsprojekt 8+

Stückpreis: € 7,– zu bestellen unter:
shop.proholz.at

 

Text:
Franziska Leeb
geboren 1968
Architekturpublizistin
lebt in Wien


verfasst von

Franziska Leeb

geboren 1968, Architekturpublizistin, lebt in Wien 

Erschienen in

Zuschnitt 33
Holz stapelt hoch

... und drängt nach oben. Und auch wenn mehrgeschossige Holzhäuser auf den ersten Blick nicht immer als solche zu erkennen sind, wird ihre Zahl immer größer und sind sie zukunftsweisende Bereicherung im Kreis ihrer niedrigeren Verwandten.

8,00 €

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Zuschnitt 33 - Holz stapelt hoch