Zum Hauptinhalt springen

Sanierung eines Einfamilienhauses in Kleinengstingen

erschienen in
Zuschnitt 34 Schichtwechsel, Juni 2009
Sie besuchen eine Archiv-Seite. Möglicherweise sind nicht alle Darstellungen korrekt.

Daten zum Objekt

Standort

Eichhartstraße 5, Kleinengstingen/D

Planung

Baisch + Fritz,
Freie Architekten BDA
Tübingen und Hohenstein/D
www.baisch-fritz.de

Statik

Ingenieurbüro für Bauwesen
Karlheinz Gekeler
Elsterweg 1
St. Johann-Ohnastetten/D

Holzbau

Herbert Gekeler
Holzhausbau, Zimmerei
Lochackerweg 2
St. Johann-Ohnastetten/D

Jahresheizenergiebedarf

vorher 399,4 kWh/m2
nachher 37,24 kWh/m2  

Fertigstellung

2006

Typologie

Einfamilienhaus

Jacke wie Mütze

Wie aus einem Guss geformt steht es da, das Einfamilienhaus Glück der Architekten Baisch + Fritz aus Tübingen. Unter der homogenen Hülle aus Holz und Ziegeln verbirgt sich jedoch Unerwartetes: ein traditionelles Haus mit Putz und Satteldach aus den 1950er Jahren. Der graue Überzug ist das Ergebnis einer energetischen Komplettsanierung in Holzbauweise.

Was führte die Architekten dazu, dem alten Gebäude eine zweite Haut aus Holz überzustülpen?

Dahinter steht vor allem gestalterischer Wille, denn Bauen in Holz stellt für die beiden Architekten eine zeitgemäße Lösung dar, der sie bei Neubauten gegenüber anderen Materialien gerne den Vorzug geben. „Selbstverständlich waren ökologische Überlegungen und Gründe einer größeren Energieeffizienz bei der Entscheidungsfindung relevant. Vor allem jedoch wollten wir mit dieser Art der Sanierung dem Erscheinungsbild eines neuen Hauses so nah wie möglich kommen“, so Kurt Baisch. Die unorthodoxe Entscheidung war auch Experiment, da das Büro zum ersten Mal in dieser Größenordnung in Holzbauweise sanierte. Das Experiment gelang, nach zwei Jahren (und zwei Heizperioden) im neuen Haus gibt es zufriedene Bewohner und einen bemerkenswert niedrigen Energieverbrauch.

Wie wurden nun die „warme Jacke und Mütze“, wie Baisch die Maßnahme bezeichnet, dem Haus übergezogen?

Die Größe des Eingriffs machte es zunächst notwendig, den Bestand bis in den Rohbauzustand zurückzuführen. Sodann mussten im Bereich der Fassade die Unregelmäßigkeiten des äußeren Mauerwerks (der Spielraum betrug bis zu 3 cm) ausgeglichen werden. Dazu wurde an allen vier Seiten des Hauses eine 10 cm starke horizontale Unterkonstruktion aus Kanthölzern im Abstand von 60 cm angedübelt. Diese dient gleichzeitig als eine erste Dämmebene, in der auch die 9 cm starken Rahmen der dreifach verglasten Fensterelemente auf dem Bestandsmauerwerk montiert sind. Eine Unterspannbahn als Regenschutz schließt die Ebene ab.

Somit war der Bestand aufbereitet und die vorgefertigten, 23 cm starken Holzrahmenelemente (mit herkömmlichem Aufbau aus einer inneren OSB-, einer äußeren DWD-Platte und einer Dämmung dazwischen) konnten auf der Unterkonstruktion angebracht werden. Eine schwarze Fassadenbahn sorgt für die ob der offenen Schalung notwendige Abdunkelung nach innen. Während diese konstruktiven Holzteile aus künstlich getrockneter Fichte und Kiefer gefertigt sind, bekam die Fassade eine Schalung aus witterungsbeständigem Douglasienholz. Gemäß der Ideologie von Baisch + Fritz, Materialien möglichst in ihrem Rohzustand zu verwenden, blieb das Holz unbehandelt.

Die Sanierung des Daches ging in ähnlicher Weise vor sich: Dachvorsprünge wurden begradigt und Gaupen beseitigt, die bestehenden Holzsparren gebürstet und der alte Dachstuhl für seine neue Aufgabe mit Stahlprofilen ertüchtigt. Darauf kamen 29 cm starke Holzbaurahmenelemente, auf jeder Dachseite vier Stück, und eine Lattung, auf der die Abdeckung mit hellgrauen Dachziegeln aufliegt. Durch die rasche Verwitterung des Douglasien-Holzes der Fassade, und somit der farblichen Angleichung an die Dacheindeckung, ist mittlerweile der gewünschte Effekt eines homogen vergrauten Gebäudes eingetreten.

2008 bekam das Haus Glück vom Bund Deutscher Architekten die „Auszeichnung Guter Bauten“ verliehen, die nicht nur den energetischen Mehrwert der neuen „Energiehaut“ würdigt, sondern ebenso die aufgrund der Sanierung verbesserte Wohnqualität, die großzügige Öffnung der ehemaligen Lochfassade und den somit neu gewonnenen Bezug zur Landschaft.

Fotos:

© Baisch + Fritz


verfasst von

Gudrun Hausegger

  • Studierte Kunstgeschichte in Graz und Wien
  • 2000-2003 Masterstudium an der UCLA / USA
  • Architekturhistorikerin und freie Journalistin

Erschienen in

Zuschnitt 34
Schichtwechsel

Sanieren, renovieren, modernisieren. Wird eine Gebäudehülle energetisch auf Vordermann gebracht, dann gibt es viele Möglichkeiten für Holz, ­seine guten Eigenschaften ins Spiel zu bringen und zum nachhaltigen Gelingen des Vorhabens beizutragen.

8,00 €

Zum Produkt   Download

Zuschnitt 34 - Schichtwechsel