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Sanierung, Umbau und Erweiterung der Karlshofschule in Linz

erschienen in
Zuschnitt 34 Schichtwechsel, Juni 2009
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Daten zum Objekt

Standort

Linz/A

Standort

Teistlergutstraße 23, Linz/A

Planung

grundstein® Wien/A, www.grundstein.cc
mit Arch. DI Helmut Siegel, Linz/A

Auftraggeber

Immobilien Linz GmbH & Co keg, Linz/A

Statik

Holzbau php-ingenieure, Hans Pühringer Pfarrkirchen/A

Holzbau

Georg Kumpfmüller GmbH Pfarrkirchen/A, www.kumpfmueller.co.at

Jahresheizenergiebedarf

7,2 kWh/m2 berechnet

Fertigstellung

2009

Typologie

Bildung

Schularbeit

Die Schulreform wird aktuell heiß diskutiert. Wie sollen sie funktionieren, die »neuen Schulmodelle«, und vor allem, was dürfen sie kosten? Aber während in der Politik die Debatten und Verhandlungen noch laufen, müssen viele Gebäude schon jetzt bearbeitet werden. Denn vor allem die Bauten aus den 1960er und 1970er Jahren stellen für NutzerInnen wie für BetreiberInnen eine stete Herausforderung dar.

Die Linzer Sonderschule 4, genannt »Schule für Alle«, ist keine Ausnahme. 1961 errichtet, war sie schon längst für eine Sanierung fällig. Nicht nur in Bezug auf das Raumangebot, sondern auch hinsichtlich der Energiestandards und des Zustands der Gebäudehülle bestand Handlungsbedarf. Dass es nicht wie sonst üblich zur Einhausung des Gebäudes mit einem Wärmedämmverbundsystem gekommmen ist, macht die »Schule für Alle« zu einem besonderen Beispiel. Denn stattdessen wurde eine durchdachte Kombination aus Umbau, Aufstockung und Energiesanierung mit vorgefertigten Fassadenelementen in Holzleichtbauweise durchgeführt.

Dieses Konzept ist zwar ungewohnt, aber nicht brandneu. Schon 2007 wurde unter großem Medieninteresse die Hauptschule und polytechnische Schule Schwanenstadt im Rahmen des Forschungsprogramms »Haus der Zukunft« nach dem gleichen Prinzip saniert.

Das Projektteam, bestehend u. a. aus der Firma Obermayr Holzkonstruktionen, Günther Lang (Lang Consulting) und dem Achitekten Heinz Plöderl, konnte dabei erstmals nicht nur eine gesamte Schule auf den Standard eines Passivhauses (Energiekennzahlreduktion von 165 kWh/ m2a auf 15 kWh/ m2a) bringen, sondern auch die Nutzungsqualität durch den Einbau einer Lüftungsanlage deutlich anheben und das Tages- und Kunstlichtkonzept optimieren. Die Verbesserung der Ökobilanz durch die Nutzung nachwachsender Rohstoffe und die Etablierung zeitgemäßer funktionaler wie architektonischer Standards waren weitere Benefits. Eine begleitende Forschungsarbeit, u. a. inklusive der Simulation des thermischen Gebäudeverhaltens, konnte darüber hinaus belegen, dass diese Art der Sanierung Mehrkosten von 13 Prozent (für Passivhausstandard, Lüftungs- und Lichtkonzept) mit sich bringt, die unter Berücksichtigung einer rascheren Amortisation durch geringere Betriebskosten wirtschaftlich vertretbar sind. Die höhere Konzentrationsfähigkeit der SchülerInnen, die kürzere Bauzeit und der Einsatz von ökologischen Baumaterialen sind nur einige weitere Faktoren, die dieser Zahl gegenüberstehen. Letztendlich handelt es sich bei diesen Kosten eigentlich nicht um Mehrkosten, sondern um Mehrleistungen, die investiert wurden.

Die Vorarbeit war also geleistet, doch während Schwanenstadt im relativ geschützten Rahmen eines Pilotprojektes realisiert wurde, ist die Sanierung der »Schule für Alle« gewissermaßen ein Test für die Alltagstauglichkeit dieses Systems. »Von Anfang an war klar, dass der Kostenrahmen für dieses Projekt sehr eng gesteckt ist«, berichtet Irene Prieler, eine Hälfte des Architektenduos grundstein®, das mit dem Entwurf beauftragt wurde. »Es war uns trotzdem wichtig, nicht nur die thermische Sanierung zu berücksichtigen, sondern zusätzliche Raumangebote zu schaffen. Wir haben daher schon im Entwurf sehr günstige Materialien vorgesehen, um die Einsparungen wieder in Räume bzw. Raumqualitäten zu investieren, die ursprünglich im Nutzungskonzept nicht vorgesehen waren. Schließlich kommt dem Schulraum an sich eine pädagogische Bedeutung zu.« Neben der Sanierung der Gebäudehülle galt es, eine Aufstockung und Umstrukturierung des Bestands, eine Überarbeitung des Erschließungskonzepts und eine verbesserte Barrierefreiheit unter einen Hut zu bringen. Die geringe Tragfähigkeit des Bestands und die Anforderung der Umsetzung bei laufendem Betrieb waren weitere Herausforderungen. »Bei Gebäuden wie diesem ist der Holzbau für mich eigentlich keine Wahl, sondern ein Muss. Jede andere Bauweise hätte zu große Eigenlasten für den Bestand mit sich gebracht«, so die Architektin.

Wie in Schwanenstadt wurden auch in Linz für die Gebäudehülle vorgefertigte Fassadenelemente in Holzleichtbauweise mit vor Ort eingebrachter Zellulosedämmung projektiert. Die Aufstockung selbst ist eine Mischung aus Skelettbau und Massivholzelementen, je nach statischen Möglichkeiten, wobei die Dimensionierung auf eine nachträgliche Aufstockung um ein weiteres Geschoss ausgelegt ist. Der Brandabschnitt des Stiegenhauses ist in F90 ausgebildet, alle restlichen Bauteile in F30. Trotzdem konnte der Holzbau aufgrund der schalltechnischen Anforderungen nur in wenigen Teilen sichtbar belassen werden, wie Irene Prieler bedauert. Schließlich war die Intention, den Holzbau sichtbar zu lassen, keine rein ästhetische, sondern mehr noch eine ökologische. Denn um trotz des Kostenkorsetts möglichst ökologisch zu bauen, wurden die Materialien weitgehend unbehandelt eingesetzt. So sind die Holzriegel der Deckenkonstruktion nur geölt, die Stahltüren aus verzinktem Stahlblech und die Fassadenplatten aus Weichfaserplatten hochdrucklaminiert ohne Deckschicht. »In allen Bereichen war es unser Ziel, mit möglichst einfachen Mitteln einen möglichst hohen Standard zu erreichen«, berichtet die Architektin weiter.

Das ist nur durch eine engagierte (und planungsintensive) Kombination von Standardprodukten mit kostengünstigen Bauweisen möglich. Anstelle einer Klimaanlage auf Dauerbetrieb sorgt ein Nachlüftungskonzept mit händisch bedienten Lüftungsflügeln für die Sommertauglichkeit laut önorm, und die Holz-Beton-Verbunddecke aus dreierlei Fertigteilelementen akquiriert nicht nur die notwendigen Speichermassen, sondern sorgt auch für den Schallschutz.

»Grundsätzlich bestärken uns die Erfahrungen dieses Projekts im Einsatz von Holz«, resümiert Irene Prieler, auch wenn sich bei diesem Projekt manche Ansätze während der Bauphase verändert haben. So war es beispielsweise für den Zimmermann effizienter und günstiger, die großformatig geplanten Fassadenelemente erst vor Ort anzubringen und auszublasen. Neben einer gewissenhaften Planung ist also auch während des Prozesses Entwicklungsbereitschaft gefragt. Dass innovative Lösungen wie so oft nur in der intensiven Zusammenarbeit und durch persönliches Engagement aller Projektpartner entstehen, bestätigt auch Hans-Christian Obermayr hinsichtlich des Projektes in Schwanenstadt: »Grundsätzlich ist eine Sanierung immer eine komplexe Angelegenheit. Und indem wir neue Wege gegangen sind, haben wir natürlich viele Erfahrungen gesammelt. Mit all diesem Wissen können wir beim nächsten Projekt die Bauweise noch günstiger und die Bauabwicklung noch effizienter gestalten.«

Umbau, Aufstockung und Energiesanierung werden auf der konstruktiven Grundlage vorgefertigter Fassadenelemente in Holzleichtbauweise durchgeführt.

Fotos
pauat Architekten/Walter Luttenberger, grundstein architektur


verfasst von

Veronika Müller

  • Studium an der Kunstuniversität Linz
  • Architektin und Architekturvermittlerin
  • 2002 Gründung von room2move – Werkstätte räumlichen Denkens
  • seit 2008 Geschäftsführerin des Masterlehrganges „überholz“- Lehrgang Holzbaukultur an der Kunstuniversität Linz

Erschienen in

Zuschnitt 34
Schichtwechsel

Sanieren, renovieren, modernisieren. Wird eine Gebäudehülle energetisch auf Vordermann gebracht, dann gibt es viele Möglichkeiten für Holz, ­seine guten Eigenschaften ins Spiel zu bringen und zum nachhaltigen Gelingen des Vorhabens beizutragen.

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Zuschnitt 34 - Schichtwechsel