Im Zuge des Wiederaufbaus rund um die italienische Stadt L’Aquila hat Holz ein bisher unerschlossenes Segment, den mehrgeschossigen Wohnbau, erobert.
Erstmals traten italienische Holzbaubetriebe als Generalunternehmer für ein großes Wohnbauvorhaben auf. Sie garantierten dem Auftraggeber die Ausführung und schlüsselfertige Übergabe von Hunderten Wohnungen inklusive Haustechnik zum kurzfristig festgesetzten Termin und unter strikter Einhaltung der Qualitäts- und Kostenvorgaben. Als »Rückgrat« dienten ihnen industrielle Hersteller aus Österreich: zwei »Zahnräder«, die ineinandergriffen und zu einem bedeutenden Fortschritt in den österreichisch- italienischen Holz-Kooperationen und damit in der Entwicklung des Holzbaus in Italien führten.
Seit Jahrzehnten bezieht das rohstoffarme Italien seine Holzimporte überwiegend aus Österreich. Frisches Schnittholz aus Österreich wurde am Bau überwiegend für Schalungen und Gerüstpfosten eingesetzt. Erst Anfang der 1990er Jahre kamen mit der Einführung von Brettschichtholz getrocknete, formstabile und berechenbare Produkte in Form von verleimten Trägern und Balken auf den italienischen Markt, die einen neuen Einsatz von Holz in der tragenden Struktur des Gebäudes erlaubten.
Gleichzeitig begann man in Norditalien vermehrt, den Wohnraum unter dem Dach, die Mansarde, zu nutzen. Von Zementdächern ging die Nachfrage immer stärker hin zu Holzdächern. Italienische Importeure und Händler erkannten die Marktdynamik und übernahmen den Abbund der Halbfabrikate zu Bausätzen für Dächer und deren Montage.
Da die Grundlagen für das Bauen mit Holz in keiner italienischen Universität oder Fachschule vertiefend unterrichtet wurden, fehlte es den Planern an Grundwissen über Materialeigenschaften, Produkte und Anwendungen. Nach dem Vorbild von proHolz starteten beide Länder die gemeinsame Werbekooperation promo_legno, um die Planer über Produkte und Anwendungen aufzuklären. Auch die italienische Bauordnung konnte mithilfe eines Expertenteams für Holz geöffnet werden. Der Marktanteil der Holzdächer stieg seitdem um 50 Prozent, der jährliche Verbrauch verleimter Produkte von 200.000 auf über 1.200.000 Kubikmeter.
Vom Dach kommend, beginnt nun auch in Italien Holz als »normaler« Baustoff – meist nicht sichtbar eingesetzt – in Decken- und Wandaufbauten vorzustoßen. Einige italienische Dachhersteller befinden sich auf dem besten Weg zum kompetenten Generalisten im Holzbau. Die Übernahme von Aufgaben des Generalunternehmers im Wohnbau ist dabei der vorläufig letzte Schritt. Gleichzeitig entwickeln große industrielle Hersteller in Österreich ihre verleimten Produkte vom Stab (Brettschichtholz, Duo-/Triobalken, Konstruktionsvollholz) zur Fläche (Brettsperrholz). Letzteres, in Italien unter der Marke X-Lam positioniert, erweist sich als idealer Schlüssel für den vermehrten Holzeinsatz, da Produkt und Anwendung den bekannten Mustern des massiven, einfachen Bauens mit Platten am besten entsprechen.
promo_legno
1999 von proHolz Austria und den jeweiligen Fachverbänden beider Länder gegründet, um Holz als gleichwertiges Material neben anderen Baustoffen zu positionieren und die Holzkultur erneut zu etablieren.
promo_legno organisiert Fachseminare und Vertiefungskurse, gibt Informationsbroschüren und die Zeitschrift materialegno zum Einsatz von Holz in Architektur und Design heraus und betreibt gemeinsam mit der Universität Trient den Bauteilkatalog dataholz.com auf Italienisch sowie promo_legno risponde.
Die Plattform richtet sich in erster Linie an ArchitektInnen, BauingenieurInnen, StudentInnen sowie generell am Holzbau Interessierte.