Schon zu Beginn seiner Karriere erregte er Aufsehen, als er sich 1971 in einer Galerie in Kalifornien von einem Freund aus vier Metern Entfernung in den Oberarm schießen ließ (»Shoot«). Es folgten weitere performative Arbeiten wie »Five Day Locker Piece«, bei der sich der Künstler fünf Tage lang ohne Nahrungsmittel und Sichtkontakt zur Außenwelt in ein 60 mal 60 mal 90 cm großes Schließfach einsperren ließ. Auch hier ging Burden an die Grenzen des Erträglichen und rückte seine eigene psychische und physische Existenz in den Mittelpunkt. Diese äußerst extreme Arbeit entstand vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges und des Kent-State-Massakers, aber auch um damalige Kunstströmungen wie die Minimal Art zu konterkarieren. Terry Fox, Bruce Nauman oder Dennis Oppenheim verließen so wie Chris Burden den bis dahin geltenden ästhetisierten, glatten Skulpturenbegriff in Richtung »Body-Art«. Diese Kunstrichtung forderte den Zuschauer heraus, seine passive Haltung aufzugeben. In der Performance »Back to You« hatte Burden sich mit nacktem Oberkörper in einen Lift gelegt und einen Freiwilligen aus dem Publikum aufgefordert, Reißzwecken in seinen Körper zu stecken. Diese Aktion wurde hinter verschlossenen Lifttüren gefilmt und zu den Zuschauern über Monitore übertragen.
Burden, der auch Physik und Architektur studierte, verlagerte seine Arbeiten Ende der 1970er Jahre immer mehr in Richtung maschineller Skulpturen. In »The Big Wheel« (1979) wird ein drei Tonnen schweres Eisenschwungrad mit einem Durchmesser von 2,40 Metern, dessen Achse parallel zum Boden auf einer Holzkonstruktion ruht, bis zur Höchstgeschwindigkeit von 220 Umdrehungen pro Minute beschleunigt. Dazu wird das Eisenschwungrad vom Hinterrad eines Motorrades fest berührt.
Burden interessiert in diesem Zusammenhang die technische Machbarkeit und Umsetzung eines spielerischen Konzeptes, das die alte Rivalität, aber auch Verbundenheit zwischen Mensch und Maschine aufzeigt. Erweitert wird diese Facette in architektonischer, skulpturaler Hinsicht in der hier abgebildeten Arbeit. »Samson« wurde erstmals 1985 in der Henry Art Gallery, Seattle, gezeigt und ist von zentraler Bedeutung für Burdens Institutionsverständnis.
Diese Museumsinstallation besteht aus einem Drehkreuz und einer mit einem Getriebe verbundenen 100-Tonnen-Hebevorrichtung. Diese Hebevorrichtung drückt zwei massive Holzbalken gegen die tragenden Wände des Museums. Jeder Museums- oder Galeriebesucher, der die Ausstellung sehen will, muss das Drehkreuz passieren und verstärkt damit den Druck auf die Hebevorrichtung. Je mehr Besucher also in die Ausstellung gehen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Installation »Samson« das Museum zum Einsturz bringt. Burden hinterfragt damit den Hoheitsanspruch von Kunstinstitutionen und letztlich auch die Bereitschaft der Menschen, bis zum Äußersten zu gehen, wenn es ihrem Zweck dienlich ist. Die Statik wird in dieser Arbeit zum Freiwild erklärt – wenn auch nur theoretisch. Es war nie Burdens Absicht, es so weit kommen zu lassen. Bei den Dimensionen und der wohlüberlegten Kalkulation, die Chris Burden für seine Arbeiten in Anspruch nimmt, ist die Möglichkeit der Destruktion bzw. die Grenze des Machbaren immer präsent.
Chris Burden
geboren 1946 in Boston, USA
University of California in Irvine, lebt und arbeitet in Topanga, Kalifornien
Einzelausstellungen (Auswahl)
- 2009 Chris Burden, Middelheimmuseum, Antwerpen
One Ton One Kilo, Gagosian Gallery, Beverly Hills - 2007 Yin Yang, Gagosian Gallery, Beverly Hills
A Tale of Two Cities, Orange County Museum of Art, Newport Beach - 2006 Chris Burden, Center for Contemporary Art, cca Kitakyushu Project Gallery, Japan
- 2005 Chris Burden, Locus +, Newcastle, England
Gruppenausstellungen (Auswahl)
- 2010 Changing Channels, MUMOK, Wien
MOCA’s First Thirty Years, Museum of Contemporary Art, Los Angeles - 2009 The Making of Art, Schirn Kunsthalle, Frankfurt
- 2008 That Was Then ... This Is Now, MoMA p.s.1, Long Island
Biennale of Sydney, Sydney - 2007 Evidence of Movement, Getty Museum, Los Angeles
Live/Work: Performance into Drawing, MoMA, New York - 2006 Los Angeles 1955 – 1985, Centre Pompidou, Paris
Hundert Küsse sind besser als einer, Galerie Krinzinger, Wien