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Clubhaus für Golfer

erschienen in
Zuschnitt 38 Holz trägt, Juni 2010
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Daten zum Objekt

Standort

Yeoju/ROK Google Maps

Planung

Shigeru Ban Architects
Tokio/JP
www.shigerubanarchitects.com

Kevin S. Yoon
kaci International
Seoul/ROK
www.kaci-int.com

Dachflächenausformung und Systementwicklung

Statische Machbarkeitsbemessung
Création Holz GmbH
Herisau/CH
www.creation-holz.ch

Geometrieanalyse und Maschinendaten für die Ausführung

designtoproduction GmbH
Erlenbach/CH
www.designtoproduction.ch

Statik Holzbau

SJB.Kempter.Fitze AG
Frauenfeld/CH
www.sjb.ch

Holzbau

Blumer-Lehmann AG
Gossau/CH
www.blumer-lehmann.ch

Materialien

315 m3 doppelt gekrümmtes, 215 m3 gerades Brettschichtholz, 4.500 Elemente, davon 467 unterschiedliche

Konstruktionsprinzip

Eingespannte Stützen tragen ein ein- und zweifach gekrümmtes Trägergeflecht.

Fertigstellung

2009

Unterm Blätterdach

clubhaus

Die Anlage des Nine Bridges Golf Resort im südkoreanischen Yeoju besteht aus drei Gebäudekomplexen: einem Clubhaus für reguläre Mitglieder, einem Trakt für vip-Mitglieder und den Empfangsräumen für vvips. Jeder Bauteil ist unterschiedlich konstruiert. Das baulich prägende Clubhaus besteht aus einer Holzkonstruktion, die in ihrer Grundform auf das traditionelle »bamboo wife« zurückgeht, ein für Korea typisches, aus Spänen geflochtenes Sommerkissen. Der VVIP-Teil ist weitgehend eine Stahlkonstruktion, im VIP-Trakt finden sich zudem Betonstrukturen. Alle Bauten beziehen sich in zeitgemässer Form auf tradierte Architekturformen Koreas.

Das Clubhaus sieht aus wie ein streng geometrisch ausgerichteter »Wald«. 21 Baumstützen tragen die Dachfläche von 36 mal 72 Meter. Das lastabtragende »Astgeflecht« der Kronen verläuft bis in das 4,50 Meter breite Vordach. Die gesamte Höhe der Konstruktion misst 13,60 Meter. Wie in der Natur, so ist auch bei dieser Konstruktion kein Stab gerade. Sämtliche Flächen sind zumindest einfach, grossteils zweifach gekrümmt. Auf den Kronen ruht ein Trägerrost mit Haupt- und Nebenträgern, in den 21 Lichtkuppeln mit einem Durchmesser von 3 Metern integriert sind. Den oberen Abschluss der Holzkonstruktion bildet eine Dreischichtplatte. Die Baumstützen dienen als tragendes Element für das Dach, lassen mit ihrer transparenten Konstruktion aber zugleich Tageslicht in die Räume fliessen und sorgen für eine natürliche Entlüftung des Raumes.

Nach jedem einzelnen Montageschritt war die Konstruktion auszurichten und zu stabilisieren. Die Stämme wurden mit einer Einspannung ins Fundament aufgestellt. Anschliessend konnten die in einem Zelt auf der Baustelle vormontierten Kronensegmente mit ihren vier Stielen aufgesetzt werden. So entstand eine Art Dom, der pro Feld vier Stämme stabilisierte. Nur so liess sich auch die umlaufende Glasfassade präzise einbauen. Das Gebäude kommt ohne diagonale Verstrebungen der Fassaden aus, das gesamte in globo wirkende Tragwerk garantiert die Stabilität. Der an sich einfache, rechteckige Grundriss führte zu technisch vorteilhaften Wiederholungen von Ausführungsdetails.

Shigeru Ban betont, dass die Holzkonstruktion auch aus ökologischen Gründen gewählt wurde und er Wert darauf gelegt habe, ausschliesslich mit smarten edv-Programmen und hochpräziser Vorfertigung zu arbeiten. Nur so liessen sich das Abbinden der Teile in der Schweiz und das Aufrichten vor Ort effizient durchführen. In Südkorea gibt es keine holzverarbeitenden Maschinen, mit denen man derart komplex geformte Teile zuschneiden könnte. Deshalb wurden für die Planung und Berechnung der Raumgeometrie, die Ingenieurarbeiten und die Produktion aus der Schweiz Firmen und Personen beigezogen. Deren Ingenieurwissen war Shigeru Ban bereits vom neuen Centre Pompidou im französischen Metz bekannt.

Bereits dort hatte das Schweizer Ingenieurteam Création Holz das Holzdach geplant und berechnet. Mit den dabei gemachten Erfahrungen waren beim Clubhaus in Yeoju neue Ufer zu betreten. Dabei wurde ein Verbindungskonzept mit paarweisen Überblattungen entwickelt, das nicht nur eine Neuheit, sondern sogar der Schlüssel für die Realisierbarkeit dieses Projektes war, das anfangs als unausführbar gegolten hatte. Als Verbindungsmittel kamen lediglich Schrauben und Verklebungen für die Schubübertragungen in den Lagen und den Kreuzungspunkten zur Anwendung. Auch wenn es sich in diesem Fall also nicht um reine Holz-Holz-Verbindungen handelt, ist Hermann Blumer von Creátion Holz doch davon überzeugt, dass ein derartiges System künftig auch mit Holzdübeln konstruierbar sein wird.

Der Autor dankt Ingenieur Hermann Blumer für seine Informationen und die Durchsicht des Manuskripts.

Auf den Kronen ruht ein Trägerrost mit Haupt- und Nebenträgern, in den 21 Lichtkuppeln integriert sind. Den oberen Abschluss bildet eine Dreischichtplatte.

Die Stützen erfüllen nicht nur tragende Funktion, sondern sorgen auch für Lichteinfall und natürliche Belüftung.

 

Fotos
© Blumer-Lehmann AG


verfasst von

Charles von Büren

Architekt aus Bern, seit 1974 publizistische Tätigkeiten zu den Themen Bau, Technik und Design, bis 2000 PR-Beauftragter der Lignum, von 2000 bis 2006 verantwortlich für die Kommunikation des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA, Korrespondent der Zeitschrift TEC21.

Erschienen in

Zuschnitt 38
Holz trägt

Holz trägt zur Gestaltungsfreiheit bei und macht Lust aufs Konstruieren. Ob flächig oder stabförmig, gerade oder gekrümmt – dank einer fortlaufenden Materialentwicklung und avancierter Fertigungstechniken weisen Konstruktionen aus Holz eine immer größere Formenvielfalt auf.

8,00 €

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Zuschnitt 38 - Holz trägt