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Im Duett
Umbau eines Stalls bei Belluno

Tabia’s sind traditionelle Holzhütten in der Belluneser Gegend. Der Bauherr ließ eine solche zu einem Ferienhaus umbauen: Ein neues Tragwerk aus Stahl unterstützt nun die alte Holzkonstruktion.

erschienen in
Zuschnitt 40 Holz und Stahl, Dezember 2010
Sie besuchen eine Archiv-Seite. Möglicherweise sind nicht alle Darstellungen korrekt.

Nach ihrem Studium an der Architekturfakultät der Universität von Venedig und einigen Jahren im Ausland kehren Francesco Loschi, Giuseppe Pagano und Paolo Panetto nach Treviso zurück, um sich hier selbstständig zu machen. Eine nicht allzu einfache Aufgabe erwartet sie: die Sanierung einer Tabia’ bei Belluno. Von diesen traditionellen Holzhütten in der Belluneser Gegend gibt es nur mehr wenige, einige sind über 300 Jahre alt. Das typische bäuerliche Arbeitsgebäude besteht aus einem Untergeschoss aus Stein für das Vieh und einem Obergeschoss aus Holz als Kornkammer oder Heuschober. Der Bauherr will aus einer solchen Tabia’ ein Ferienhaus machen. Die Architekten sind Mitglieder der anab, dem Nationalen Verein für bioökologische Architektur, und legen großen Wert auf eine originalgetreue Wiederinstandsetzung der Tabia’ – eine Bedingung, die die Gemeindebauordnung in solchen Fällen auch vorsieht. Ein langer Forschungsprozess beginnt: Das Architektenteam beschäftigt sich mit der Vergangenheit dieses Gebäudes. Es wurde innen wie außen schon mehrmals umgebaut und hat einen Brand überstanden. Auch das Ferienhausprojekt sieht verschiedene Veränderungen vor, diese harmonieren aber mit der Struktur und respektieren den Charakter der Scheune.

Heutzutage wird das Bauen strenger geregelt und kontrolliert als früher, die Brandschutz- und Erdbebengesetzgebungen fordern höhere Sicherheitsstandards. Da die Statik ein Problem ist, beschließen die Architekten, das ganze Haus abzumontieren, die einzelnen Holzteile zu säubern, zu bürsten, zu hobeln und zu schleifen und sie dann wieder zusammenzubauen. Das Untergeschoss wird aus Beton neu, diesmal mit Fundamenten, aufgebaut. Das Gebäude ist an das örtliche Versorgungsnetz angeschlossen. Als Heizungssystem werden Unterbodenelektroteppiche verwendet, die von einem Photovoltaiksystem versorgt werden, das elegant und kaum wahrnehmbar auf dem Schindeldach angebracht wird.

Zu den zwei ursprünglichen Materialien Stein und Holz kommt nun noch der Stahl hinzu, auch wenn das in der ursprünglichen Bauweise nicht vorgesehen war – sogar die Nägel mussten damals aus Holz sein. Aber die Architekten sind aus statischen Gründen gezwungen, Stahl zu benützen und planen daraus das neue Tragwerk: Die eingefügten Stahlstützen und -träger arbeiten dabei zusammen mit der alten Holzkonstruktion. Das Architektentrio geht mit den Materialien ehrlich um und versucht, nichts zu kaschieren. So wird der Stahl das dritte Element des Hauses. Alle drei Materialien kommen in jedem Zimmer gleichermaßen vor. Sie bilden eine Einheit, ein harmonisches Gleichgewicht, das für eine gemütliche Atmosphäre sorgt und sich gut in die Landschaft einfügt.

Umbau eines Stalls bei Belluno

Standort

Selva di Cadore/I

Planung

EXiT architetti associati
Treviso/I

www.exitstudio.it

 

Statik

Alberto Soligo
Via Martin Luther King 8
I-35012 Camposampiero
Holzbau
Fabio Dell’Andrea
Via Del Molino
I-31030 Cison di Valmarino

Stahlbau

Patron s.r.l.
Belluno/I

www.patronsrl.com

 

Fertigstellung

2010

Fotos

© Teresa Cos


verfasst von

Alexander Zoeggeler

  • geboren 1970 in London
  • Architekturstudium in Florenz
  • 2002 Partner bei Studio Zoeggeler Architekten in Bozen
  • schreibt als Redaktionsmitglied regelmäßig für die ­Architekturzeitschrift turrisbabelwww.zoeggeler.net

Erschienen in

Zuschnitt 40
Holz und Stahl

Holz und Stahl sind wie Geschwister. Jedes hat sein eigenes Wesen mit charakteristischen Stärken und Schwächen, und doch haben sie einiges gemeinsam. Zusammen sind sie stark und machen Unmögliches möglich.

8,00 €

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Zuschnitt 40 - Holz und Stahl