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Ingenieurbiologische Verbauungen
Mit Wurzelkraft Landschaftsschäden entgegenwirken

Die Ingenieurbiologie verwendet die Wurzelkraft von Pflanzen, um z.B. Erosionen entgegenzuwirken. Dort, wo die Wurzeln nicht gleich ihre Wirkung entfalten können, kommen einstweilen Holzkonstruktionen zum Einsatz.

erschienen in
Zuschnitt 41 landauf - landab, März 2011
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Die Ingenieurbiologie verwendet Pflanzen, um mithilfe ihrer Wurzelkraft Landschaftsschäden wie zum Beispiel Erosionen entgegenzuwirken. Dort, wo die Wurzeln der Pflanzen nicht gleich ihre Wirkung entfalten können, kommen Holzkonstruktionen zum Einsatz, die in Kombination mit Pflanzen die Sicherung von Hängen, Böschungen oder Ufern gewährleisten sollen. Dabei unterstützen die Holzkonstruktionen das Wachstum der Pflanzen so lange, bis die Gehölze die entsprechende Sicherungsfunktion selbst übernehmen können. Sie werden vor allem im Wasserbau, in der Wildbachverbauung sowie im Forstwegebau eingesetzt. Von Holzkrainerwänden, bepflanzten Holzrosten bis hin zu Pilotenwänden – die zur Verfügung stehenden Konstruktionsarten sind vielfältig und werden den örtlichen Gegebenheiten entsprechend ausgewählt.

»Am besten verwendet man Rundhölzer, ungeschnitten und intakt«, sagt Professor Florin Florineth vom Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau der Universität für Bodenkultur in Wien. So haben Pilze weniger Chance. Heimische Nadelholzarten haben mit durchschnittlich 15 bis 20 Jahren eine geringere Lebensdauer als Laubhölzer. Trotzdem kommen beispielsweise Lärche und imprägniertes Kiefernholz häufig zum Einsatz. Dauerhafter, wenn auch seltener, so Florineth, sind die Robinie oder die Edelkastanie.

Beispiel Hochmoor Leckermoos

Das Naturschutzgebiet Leckermoos ist ein Hochmoor in Oberösterreich, durch das man um 1980 einen Entwässerungsgraben gelegt hat. Man wollte die Fläche für die Forstwirtschaft nutzen. Dadurch senkte sich der Wasserspiegel und der Abbau des Moores began. Moore wachsen sehr langsam, höchstens 0,5 bis 2 mm pro Jahr. Der Rückbau hingegen geht wesentlich rascher vonstatten – jährlich etwa 1 bis 2 cm. Ähnlich wie die Bäume in den Wäldern speichern auch die Moore Kohlenstoff. Dank der Dauernässe und des Sauerstoffmangels bauen sie abgestorbenes Pflanzenmaterial nicht ab, sondern konservieren es und binden dabei rund 10 Prozent des in den lebenden Pflanzen gespeicherten Kohlenstoffs. Im Gegensatz zu Holz aber setzen Moore den Kohlenstoff wieder frei, sobald sie mit Sauerstoff in Berührung kommen. Laut einer 2010 publizierten Studie zum Thema »Moore im Klimawandel« speichern die wenigen noch vorhandenen Moore noch immer sehr viel Kohlenstoff. Würde man diesen freisetzen, entspräche dies vier Mal dem jährlichen CO2-Ausstoß Österreichs.

Im Naturschutzgebiet Leckermoos hat man die Zeichen der Zeit ernst genommen und sich für eine Renaturierung des Hochmoores entschieden. Als Erstes wurden die Latschen und Kiefern, die sich inzwischen auf der Hochmoorfläche angesiedelt hatten, entfernt und der Wasserspiegel mithilfe von Dämmen angehoben. Thomas Ellmauer, Vegetationskundler und ehrenamtlicher Vizeobmann der Verwaltung des Wildnisgebietes Dürrenstein, übernahm mit seiner Firma NatureConsult die Gesamtkoordination dieses Projektes. Die Kosten der Renaturierung teilten sich die Europäische Union, das Land Niederösterreich, die Gemeinde Göstling und die Österreichischen Bundesforste.

Die Dämme aus Lärchenholz mit Nut- und Federbrettern wurden genau in den bestehenden Entwässerungsgraben eingepasst. Bereits nach kurzer Zeit waren die angestauten Wasserflächen wieder zugewachsen. Irgendwann werden die Lärchendämme obsolet sein, doch dann wird der Torf sie umschließen und für die Nachwelt konservieren.

Moore haben nicht nur einen hohen klimatischen Wert, sie haben auch ein hohes Anziehungspotenzial: So kommen jährlich viele Besucher zum Leckermoos, um diesen seltenen Lebensraum zu erkunden. Eine wichtige weitere Maßnahme war deshalb, um die sensible Moorfläche zu schützen, der Bau eines Steges. Für den 220 Meter langen Steg, der etwa 40 bis 50 cm über dem Boden schwebt, wurden erst Piloten aus Lärchenholz händisch in den Torf geschlagen. Diese wurden mithilfe von Zangen miteinander verbunden, damit der Steg nicht in den Torf einsinkt.
Dass für den Steg Holz verwendet wurde, lag in der Natur der Sache. Kein anderes Material hätte dem natürlichen Charakter des Moores so entsprochen wie dieses, so Ellmauer.

Standort

Naturschutzgebiet Leckermoos, Göstling an der Ybbs/A

Planung

NatureConsult, Wien/A, www.natureconsult.at

Auftraggeber

Marktgemeinde Göstling an der Ybbs/A, www.goestling.at
Holzbau Viktor Gusel, Göstling an der Ybbs/A, www.gusel-bau.at

Fertigstellung

2006

Material

Lärchenholz, sägerau

www.goestling-hochkar.at

Literatur

Pflanzen statt Beton – Handbuch zur Ingenieur­biologie und Vegetationstechnik
Florin Florineth
Berlin-Hannover 2004
272 Seiten, € 96,–

Moore im Klimawandel

wwf Österreich, Österreichische Bundesforste, ­Umweltbundesamt (Hg.) Wien-Purkersdorf 2010
www.oebf.at

Foto

© Thomas Ellmauer

Erschienen in

Zuschnitt 41
landauf - landab

Holz gehört zur Landschaft wie die Maserung zum Brett. Es begegnet uns überall: als Wegweiser, als Zaun, als Steg sowie als Fläche zum Gehen, Sitzen und Liegen. Holz im Freien wirkt irgendwie befreiend.

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Zuschnitt 41 - landauf - landab