So etwas hatte es in dieser Dimension bis dahin noch nicht gegeben. Es war an einem Tag im Jahr 1956, als Journalisten und Manager von 15 Fluggesellschaften in einem Lagerhaus in Manhattan zusammenkamen. Boeing hatte zu einem Simulationsflug eingeladen und hierfür die 30 Meter lange Kabine seines neuesten Modells 707 originalgetreu nachbauen lassen. Man wollte die Reaktionen auf die moderne Innenraumgestaltung einfangen. Die Erstellung von so genannten Mock-ups, um Teile des Flugzeuges, die Kabine oder das Cockpit vor der Produktion zu erproben, war damals schon üblich. Nur war der Aufwand, den Boeing in diesem Fall betrieben hatte, für damalige Verhältnisse ungeheuerlich: Das Modell hatte doch etwa ein Zehntel des späteren Kaufpreises gekostet. (1)
Übersetzt heißt Mock-up eigentlich Attrappe. Der Begriff stammt aus der Luftfahrt und bezeichnet maßstäblich gefertigte Modelle und ist bis heute in der Zug- und Luftfahrt, aber auch in der Möbelindustrie gebräuchlich. Diese Mock-ups dienen zu Vertriebszwecken, zur Ausbildung von Flugbegleitern und Kapitänen und dazu, die Ergonomie im Innenraum zu testen. Früher wurden sie überwiegend aus Holz errichtet, nicht nur einzelne Teile, auch ganze Flugzeuge ließ man damals aus Holz nachbauen: Die Concorde wurde während ihres Entwicklungsprozesses mehrmals komplett in Holz nachgebaut – zu sehen erstmals auf der Air Paris Show im Jahre 1967. Man wollte Kunden für das neue Langstreckenflugzeug interessieren. Ein weiteres Modell aus Holz stand in der Fertigungshalle in England als Konstruktionshilfe und -vorbild für die Ingenieure und Monteure. Auch heute baut man in der Flugzeugindustrie noch Mock-ups, aber nicht mehr nur aus Holz. Heutzutage werden auch Materialien wie Polyurethan oder Kunststoff häufig dazu verwendet.
(1) Siehe Alexander von Vegesack, Jochen Eisenbrand (Hg.), Air World – Design und Architektur für die Flugreise, Weil am Rhein 2004, S. 142.
SBB
Nicht ganz so spektakulär wie 1956, aber für das Unternehmen ein wichtiges Ereignis war die diesjährige Vorstellung des Holzzuges, eines maßstabsgetreuen Modells des neuen Fernverkehrszuges der Schweizer Bundesbahn. Von außen wie von innen sieht der Zug täuschend echt aus. Hinter der gewohnten Lackierung aber verbirgt sich eine Holzkonstruktion. Anhand dieses 46 Meter langen Zuges will man die Bedürfnisse der Kunden in Bezug auf den Innenausbau des neuen Zugtyps fv-Dosto abstimmen. Das Holz ermöglicht im Gegensatz zu anderen Modellbaumaterialien, Umänderungen und Adaptierungen in der Innengestaltung leicht vornehmen zu können. Und um deren Erprobung geht es ja hier.
Fotos:
© Central Press/Getty Images, Bombardier transportation AG