Daten zum Objekt
Standort
Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark, Hjerkinn/NO Google Maps
Planung
Snøhetta Oslo as, Oslo/NO, www.snoarc.no
Bauherr
Stiftung Norwegisches Wildrentierzentrum, Hjerkinn/NO, www.villrein.no
Holzbau
Djupevåg Båtbyggeri as, Norheimsund/NO, www.djupevaag.no
Material Modell
Eichenholz
Material Pavillon
Primärkonstruktion aus rechteckigem Stahlrahmen, Holzkorpus aus 25x25cm Kiefernbalken, außen mit Kiefernharz behandelt, innen geölt
Fertigstellung
2011
Typologie
Wer weiß, wie die Rentiere reagieren?
Eine atemberaubende Landschaft. Eine einfache »Schachtel« aus Stahl und Glas. Darin eingeschrieben eine massive Holzskulptur wie ein Fels, geformt durch Wind und Wetter. Die Wirkung dieses kleinen Unterstandes mit dem großen Namen »Norwegian Wild Reindeer Centre Pavilion« geht weit über den bloßen Schutz vor rauem Klima beim Beobachten von Rentieren hinaus: Es ist ein Ort der Geborgenheit, des Aufeinandertreffens der harten, kalten Oberflächen von Stahl und Glas und des weichen, samtig-organischen Holzes jenes »Möbels«, das zugleich Außenwand (hier kann man wie vor einer Skihütte mit dem warmen Holz im Rücken in der Sonne sitzen) und schützende Höhle ist, von der aus man einen grandiosen Blick auf die Natur hat. »Es gibt in Norwegen diese Gelegenheiten, Dinge für ‚Nichts‘ zu bauen. Das ermöglicht den Büros, Sachen auszuprobieren und zu testen, wie sie funktionieren.« Kjetil Thorsen vom norwegischen Architekturbüro Snøhetta nahm den Entwurf für den Pavillon in Dovre, am Fuße des gleichnamigen Bergmassivs Snøhetta, zum Anlass, die Umsetzung von 3D-Entwurfsmethoden zuerst im Modell und dann in der Eins-zu-eins-Produktion zu überprüfen. Snøhetta versucht generell, mindestens 40 Prozent eines Projekts in der Werkstatt zu erarbeiten, also neben dem Zeichnen auch mit konkreten Materialien, Modellen und Versuchsreihen zu entwerfen.
In diesem Fall wurde der gesamte Zeichenprozess zugunsten digitaler Entwurfsmethoden hintangestellt und es sollte herausgefunden werden, ob der Maßstabssprung vom Modell zur Umsetzung ohne »Informationsverluste« gelingen würde, wobei Holz für dieses Experiment am besten geeignet schien. Der Entwurf für den Pavillon erfolgte vollständig in den 3D-Programmen Maya und Rhino. Daraus wurden mehrere 3D-Modelle aus Gips geprintet, die Definition der einzelnen Elemente für die endgültige Fabrikation vorgenommen und schließlich ein Eichenholzprototyp mit dem büroeigenen sieben-achsigen Roboter im Maßstab 1 : 50 gefräst. Mit seiner Hilfe konnte einerseits die Konzeptionierung des finalen Produktionsprozesses überprüft, andererseits dem Bauherrn ein in Größe und Materialität anschauliches Modell des Pavillons gezeigt werden. Die Holzskulptur in Originalgröße wurde von einem norwegischen Schiffsbaubetrieb aus 25 mal 25 cm starken Kiefernbalken CNC-gefräst, die durch Holzdübel miteinander verbunden wurden. In zwei Teilen und per Lkw erfolgte der Transport zum Bauplatz, wo die Elemente in die bereitstehende Hülle hineingeschoben wurden.
»Wir wissen noch nicht, wie die Rentiere darauf reagieren, aber wir hoffen, dass ihr ästhetisches Bewusstsein steigt«, meinte Kjetil Thorsen bei einem Vortrag Anfang des Jahres. Sicher ist, dass das ästhetische Bewusstsein der Besucher und Besucherinnen steigen wird und dass der Versuch der direkten Übersetzung vom digitalen Modell zum fertigen Objekt als gelungen betrachtet werden kann.
Fotos:
© Snøhetta/Kjetil Jacobsen, Snøhetta, Snøhetta/diephotodesigner.de