Zum Hauptinhalt springen

Sozialzentrum Zirl

erschienen in
Zuschnitt 49 Holz im Alter, März 2013

Daten zum Objekt

Standort

Zirl/AT Google Maps

Bauherr:in

Marktgemeinde Zirl, Zirl/AT, www.mg.zirl.at

Architektur

Gsottbauer architektur.werkstatt, Innsbruck/AT, www.gsottbauer.at

Holzbau

Fussenegger Holzbautechnik AG, Buchs/CH, www.fussenegger-holzbau.at

Innenausbau

Tischlerei Lüth GmbH, Zirl/A, www.lueth.at;
Wetscher GmbH, Fügen im Zillertal/A, www.wetscher.com

Materialien

Wände/Decken: Sperrholz mit Lärchenfurnier, geölt;
Boden (Zimmer und Wohnstuben): Eiche Hochkantlamelle

Pflegezimmer

61

Fertigstellung

2007

Für Stubenhocker ’s zenzi

Der Umzug in ein Pflegeheim bedeutet für viele Menschen eine große Veränderung. Die gewohnte Umgebung zu verlassen, fällt nicht immer leicht und geschieht selten freiwillig. Das Sozialzentrum Zirl, kurz ’s zenzi, ist ein Ort, der den respektvollen Umgang mit seinen Bewohnern möglich macht und vielen zum »Zuhause« geworden ist. Architekt Manfred Gsottbauer gelang dies mit viel Einfühlungsvermögen und einem gekonnten Spiel mit Haptik, Geruch und Akustik. »Uns gefiel das Projekt, weil es bewusst den herkömmlichen Krankenhaustypus vermied«, erinnert sich Heimleiter Robert Kaufmann an Gsottbauers Wettbewerbsentwurf.

Das Gebäude liegt mitten im Dorf mit Blick auf die nahe gelegene Kirche und das angrenzende Feuerwehrhaus und ist integrativer Bestandteil des Dorflebens. Es ist ein Niedrigenergiehaus mit kontrollierter Wohnraumlüftung. Rund um einen hellen, zentralen Hof verläuft der gut belichtete und belüftete Erschließungsbereich, an den die privateren Rückzugsräume, die Wohnzimmer und Terrassen anschließen. Die notwendigen Serviceräume wie Küche, Zufahrt, Büroräumlichkeiten etc. orientieren sich nach Norden. Die privaten Zimmer wurden entlang der Außenfassade hingegen nach Osten, Süden und Westen angeordnet. Dort sorgen großzügige Fensterelemente aus Holz für einen guten Ausblick. Ein schmaler Fensterflügel kann geöffnet werden, die breite Fixverglasung liegt in einer tiefen Laibung, die als zusätzliche Sitzgelegenheit dient. Das Pflegepersonal schätzt vor allem die funktionale Anordnung der Räumlichkeiten und die gute Übersicht. Die Bewohner freuen sich über die gemütlichen Aufenthaltsbereiche, die Stuben und Nischen, in denen sie sich gerne mit ihren Verwandten und Bekannten treffen.

Der Wunsch nach mehr Wohnlichkeit führte zum Werkstoff Holz: Neben Holzfenstern sorgen die Sperrholzplatten mit geöltem Lärchenfurnier als Wand- und Türverkleidungen für eine heimelige Atmosphäre. Die Fußböden in den privaten Zimmern, den Wohnzimmern beziehungsweise den Stuben und Nischen wurden in Holz ausgeführt. Aufgrund der häufigen Verwendung von Desinfektionsmitteln entschied man sich für versiegeltes Industrieparkett aus Eiche. Die perforierten Sperrholzplatten an der Decke sorgen für eine optimale Akustik.

Auch wenn aus Kosten- und brandschutztechnischen Gründen der Rohbau aus Stahlbeton gefertigt wurde, prägt der Baustoff Holz das innere wie äußere Erscheinungsbild. Flachdecken, Stützen und Wandscheiben aus Beton formen die primäre Tragstruktur. Die nicht tragende Außenwand besteht aus vorgefertigten Holzriegelwandelementen, die mit einer hinterlüfteten Holzfassade verkleidet sind. Die naturbelassenen Lärchenschindeln zeigen bewusst ein heterogenes Bild individueller Alterungsprozesse.

Die in der Zimmerei vorgefertigten raumbreiten Außenwandelemente konnten inklusive Fixverglasungen, Fenstern und Verblechungen vor Ort mit wenig Zeitaufwand montiert werden. Der kleinere, sich öffnende Teil besteht aus einem mit Kupferblech verkleideten Holzsandwichpaneel und wurde innenbündig eingebaut. Im Inneren wirkt das große Fassadenelement wie ein Möbel und gibt den Blick auf die Umgebung auch vom Bett aus frei.

Bei so vielen Holzoberflächen und dem offenen Raumkonzept stellt sich natürlich die Frage des Brandschutzes. Manfred Gsottbauer hat für das Haus ein sehr einfaches Konzept mit der Tiroler Landesstelle für Brandverhütung in Innsbruck entwickelt. Jedes Geschoss wurde in einen Brandabschnitt und dieser in je zwei Rauchabschnitte eingeteilt. Da das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss über direkte ebenerdige Zugänge verfügen, musste einzig im zweiten Obergeschoss für einen zweiten Rettungsweg gesorgt werden. Dieser wurde als zusätzliche Treppe ausgeführt, über die man von den beiden Obergeschossen aus auch direkt in den Garten gelangen kann.

Das Lebensgefühl im ’s zenzi ist für Heimleiter Robert Kaufmann wie das in einem großen Wohnzimmer. Es ist hier ein zukunftsweisender Bau gelungen, der einem Pflegeheim so gar nicht ähnelt.

Robert Kaufmann, Geschäftsführer des ’s zenzi

Was schätzen Sie besonders an diesem Alten- und Pflegeheim?

Das Besondere ist für uns die Kombination aus einer heimeligen Architektur, die ein Gefühl von Zuhause vermittelt – die Menschen sind sehr lange bei uns, sie wohnen ja hier –, und einer großen Funktionalität. Diese zeichnet sich vor allem durch die kurzen Wege aus. Die Bewohner und Bewohnerinnen haben die Möglichkeit, um den Innenhof, ähnlich wie in einem Kreuzgang, herumzugehen. Sie haben Blickbezug nach draußen und sind trotzdem gut geschützt. So ein Rundgang kommt besonders Menschen mit Demenz optimal entgegen. Etwa 50 Prozent unserer Bewohner und Bewohnerinnen leiden an einer demenziellen Erkrankung.

Welche Rolle spielt dabei die Materialität der Oberflächen?

Das Holz als Oberfläche haben wir bewusst gewählt: erstens, weil für die Generation, die bei uns wohnt, Holz der Inbegriff für Wohlfühlen ist, und zweitens, weil Holz ein warmes Raumklima schafft.

Welche Erfahrungen haben Sie mit den Holzoberflächen in Bezug auf Hygiene gemacht?

Ich weiß, dass Holz immer wieder mit dem Argument der Hygiene abgelehnt wird. Bei entsprechender Pflege ist das aber kein Problem. Wir haben unser ganzes Reinigungssystem darauf abgestimmt und unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entsprechend geschult.


verfasst von

Karin Triendl

geboren in Innsbruck, freie Autorin, Architektin und Geschäftsführerin von Work Space Architekten Wien/Innsbruck www.workspace.at

Erschienen in

Zuschnitt 49
Holz im Alter

Wenn wir alt sind, wollen wir in einem Ambiente wohnen, in dem wir uns wohlfühlen. Mit seiner Haptik, seiner Optik und seinem Geruch erschafft Holz wohnliche Innenräume – gemütlich wie zu Hause.

8,00 €

Zum Produkt   Download

Zuschnitt 49 - Holz im Alter