In den 1990er Jahren hat das Lebensministerium gemeinsam mit der Forstbehörde, Waldbesitzervertretungen und dem Bundesforschungszentrum für Wald (bfw) das Programm der Naturwaldreservate ins Leben gerufen, um die Biodiversität der österreichischen Wälder sicherzustellen.
Gemeinsam mit Georg Frank, dem Leiter dieses Programms, besuchen wir die Urbarialgemeinschaft Neckenmarkt im Burgenland, um die Besonderheiten eines solchen Naturwaldreservats kennen zu lernen.
Gleich vier Mitglieder des Vorstandes haben sich Zeit genommen, um ihre Urbarialgemeinschaft – eine burgenländische Besonderheit – vorzustellen, die Grundsätze ihrer Forstarbeit zu erklären sowie die Beweggründe, warum sie ein 30 Hektar großes Stück ihrer 660 Hektar umfassenden Wälder für dieses Programm außer Nutzung gestellt haben. 1996 wurden die Neckenmarkter auf das Naturwaldreservate-Programm aufmerksam gemacht. Eine ihrer Waldflächen sei prädestiniert dafür: Seit 1934 hatte man auf einer etwa 30 Hektar großen, entlegenen Waldfläche nichts mehr gemacht. Sie ist an der ungarischen Grenze gelegen, schwer zu erreichen und zu bewirtschaften.
An die 1.200 Flächen hat Georg Frank sich im Laufe der Jahre angesehen, 200 davon hat er in sein Programm aufgenommen. Die Kriterien für die Aufnahme als Naturwaldreservat sind sehr streng, eines der wichtigsten ist die Naturnähe des Waldes. Es geht aber nicht darum, riesige Flächen außer Nutzung zu stellen, sondern darum, alle in Österreich vorkommenden Waldgesellschaften abzudecken und so ein bundesweites, repräsentatives Netz an Reservaten zu schaffen.
Die Lange Leitn war das erste Naturwaldreservat, das Frank im Auftrag des Lebensministeriums einrichtete. Die Waldbesitzer nehmen freiwillig an dem aus nationalen Mitteln finanzierten Programm teil. Dafür, dass sie das ausgewählte Gebiet nicht mehr forstlich nutzen dürfen, erhalten sie ein jährliches Entgelt, das dem Holzpreisindex angepasst ist. Der Waldbesitzer hat aber auch Pflichten, denn er muss den Wald beobachten. Neben dem Borkenkäfer gilt ein besonderes Augenmerk der Jagd. Der Wald verändert sich durch die Nichtbewirtschaftung sukzessive. Die hier natürlich vorkommenden Waldgesellschaften kehren zurück – in der Langen Leitn vor allem die Hainbuchen und die Traubeneichen. Zum Urwald wird er zwar nie mehr wieder, aber er nähert sich diesem Zustand an.
Naturwaldreservate
Das Naturwaldreservate-Programm wurde vom Lebensministerium 1995 ins Leben gerufen mit dem Ziel, die biologische Vielfalt der österreichischen Wälder zu erhalten und zu verbessern. Experten der Forstbehörden, die Waldbesitzervertretungen und das bfw legten damals gemeinsam in einem Grundsatzpapier die Richtlinien für die Planung und Errichtung dieser Reservate fest. Mit der fachlichen Umsetzung wurde das bfw betraut. Knapp 200 Reservate gibt es derzeit in Österreich, die zusammen 0,2 Prozent des österreichischen Waldes ausmachen. Die Reservate dienen der Forschung, der Lehre und der Bildung. Man untersucht, wie sich der Wald ohne menschlichen Einfluss entwickelt, und leitet daraus Entscheidungskriterien für die Waldwirtschaft ab. So konnte man zum Beispiel feststellen, dass im Schutzwald die Naturverjüngung in einem sich selbst überlassenen Wald nicht besser funktioniert als in einem bewirtschafteten.
Urbarialgemeinschaften
Die burgenländischen Urbarialgemeinschaften sind eine Besonderheit in Österreich. Etwa ein Viertel des Waldes im Burgenland wird als Gemeinschaftswald bewirtschaftet. Die Bewirtschaftung dieser Urbarialwälder erfolgt in den meisten Fällen nach einem forstlichen Wirtschaftsplan wie in einem größeren privaten Forstbetrieb. Es gibt eine Vollversammlung, die Maßnahmen zur Bewirtschaftung beschließt, und einen Vorstand, der diese Maßnahmen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften des Forstgesetzes, des Flurverfassungsgesetzes und des Wirtschaftsplanes umzusetzen hat. Die Mitglieder müssen den ihnen zustehenden Holzanteil selbst aus dem Wald holen.
Die genaue Lage der Naturwaldreservate wird vom BFW nicht angegeben, um einen Besucheransturm und damit verbundene Schäden zu verhindern.
Weitere Informationen:
Bundesforschungszentrum für Wald (BFW)
www.bfw.ac.at/100/1135.html
Fotos:
© Anne Isopp, Georg Frank