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Werkraum Bregenzerwald

erschienen in
Zuschnitt 51 Im Wald, September 2013
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Daten zum Objekt

Standort

Hof 800, Andelsbuch/A Google Maps

Bauherr

Werkraum Bregenzerwald, Andelsbuch/A, www.werkraum.at

Planung

Peter Zumthor, Haldenstein/CH

Holzbau

Kaufmann Bausysteme GmbH (Planung), Reuthe/A, www.kaufmannbausysteme.at;
Kaufmann Zimmerei und Tischlerei GmbH (Ausführung), Reuthe/A, www.kaufmannzimmerei.at

Statik

merz kley partner zt Gmbh, Dornbirn/A, www.mkp-ing.com

Fertigstellung

2013

Seitenware

Am 21. Juli 2013 eröffnete der Werkraum Bregenzerwald sein neues Haus. Projektiert hat den Neubau der Schweizer Architekt Peter Zumthor. Mit Anton Kaufmann, dem Obmann des Vereins, und der Geschäftsführerin Renate Breuß sprach der Zürcher Architekturkritiker Michael Hanak.

Radikal einfach und minimalistisch reduziert präsentiert sich das Gebäude, das den lokalen Handwerkern als Ausstellungs- und Veranstaltungsort dienen soll. Es liegt dicht an der Hauptstraße neben dem kulturell umgenutzen Bahnhof von Andelsbuch. Unter einer prägnant vorkragenden, beinahe schwarzen Dachscheibe umschließen großflächige Glasscheiben den Innenraum, rhythmisch ergänzt um drei dunkelgraue Betonblöcke – insgesamt an die Nationalgalerie in Berlin erinnernd. Im durchgängigen, sechs Meter hohen Innenraum, der sich mit schwarzen Vorhängen unterteilen lässt, herrschen dunkle Materialien vor: am Terrazzoboden und an der Decke, die die gitterartige Holzkonstruktion zeigt. Getragen wird das flache Dach von 14 filigran wirkenden runden Holzstützen, die im Berührungsbereich mit schmalen, schwarzen Lederbändern umwickelt sind.

Wie wurde die Idee zu diesem Haus geboren und wie sind Sie vorgegangen?

Anton Kaufmann In den Köpfen, jedenfalls in meinem, gab es das Haus von Anfang an. 1999 hatten wir den Verein gegründet und seither viele Aktionen und Veranstaltungen durchgeführt, nur waren wir nach außen kaum sichtbar.

Wann wurde es konkret, wie kam es zum Auftrag an den Architekten Peter Zumthor?  

Renate Breuß Nach der Standortevaluierung haben wir die Ausschreibung für einen geladenen Wettbewerb vorbereitet …
Anton Kaufmann … und haben 2008 Peter Zumthor gefragt, ob er den Juryvorsitz für den Wettbewerb übernimmt. Seine Antwort war: Er wolle das Haus gerne selbst mit uns bauen. Das nahmen wir natürlich gerne an. Viele der Handwerker kannten Zumthor bereits aus der Zusammenarbeit in Bregenz, Vals und Köln. Und er schätzt die Qualität der hiesigen Handwerker.

War es ein Vor- oder Nachteil, dass keiner der vielen fähigen Architekten aus der Region den Bau plante?

Anton Kaufmann Wir hatten gemerkt, dass es mit einem Wettbewerb gar nicht geht, da wir einfach zu wenig genaue Vorgaben machen konnten, was das Haus alles können und bieten muss. Es gab ja kein Haus mit ähnlichen Anforderungen, an dem wir uns hätten orientieren können.

Wie hat sich der Entwurf entwickelt? In den ersten Modellen, die ja im Kunsthaus Bregenz ausgestellt sind, sah das Projekt noch etwas anders aus.

Anton Kaufmann Als Zumthor den Vorstand erstmals zu sich nach Haldenstein einlud, erwarteten wir spannungsvoll die ersten Skizzen und Pläne. Er aber präsentierte uns ein riesiges Modell: Ein Dach auf mächtigen Säulen. Wir waren völlig sprachlos. Nach diesem radikalen Entwurf wirkte alles Kommende harmlos.

Dach, Schaufenster, Vitrine: War die Zeichenhaftigkeit des Baus ein Ziel für die Ausstrahlung über die Region hinaus?

Anton Kaufmann Unsere Handwerksbetriebe müssen sich natürlich nach außen, nicht nur ins Rheintal, sondern auch in die Schweiz, nach Deutschland und Richtung Wien wenden.
Renate Breuß In dieser Talschaft hat sich ein enormes Wissen und Können im Handwerk angesammelt. Es herrscht eine lebendige Tradition im Umgang mit den Materialien und Ressourcen. Andernorts im europäischen Raum gibt es Vergleichbares gar nicht mehr.

Das Projekt ist im Austausch zwischen den Handwerkern und dem Architekten entstanden. Gab es dabei Aha-Erlebnisse?

Anton Kaufmann Das Haus wurde komplett durch die Mitgliedfirmen ausgeführt, das meiste speziell hierfür angefertigt. Für uns ist das Haus selbst auch ein wichtiges Ausstellungsstück. 

Wie äußert sich das Know-how des Handwerks?

Anton Kaufmann Die Fassade zum Beispiel: Das gab es nirgendwo, dass Steher und Glas am Erdboden bündig abschließen. Das war eine gemeinsame Entwicklung von Architekt, Statiker und Handwerkern. Es dauerte ein Dreivierteljahr, bis wir alle Details dafür beieinander hatten. Oder das Dach: Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass es nicht reine Brettschichtträger sind, sondern eine Kombination aus Brettsperrholz und Brettschichtholz. Denn wir hatten Angst, dass das Holz am Trägerrost mit 1,30 Metern Höhe mit der Zeit zu stark abschwindet. Die Verarbeitung geschah mit CNC-Maschinen. Das hatten wir noch nie so gemacht.
Renate Breuß Überrascht hat mich der Entwurfsfindungsprozess: dass Entscheidungen immer und immer wieder hinterfragt und verbessert werden dürfen. Ausgehend von einer bestimmten Vorstellung von einem Material oder einer Farbe hat Zumthor das Wissen der Handwerker immer in diesen Prozess eingebunden. Das Haus entstand im respektvollen Dialog.

Fotos:

© Werkraum/Adolf Bereuter


verfasst von

Michael Hanak

  • geboren 1968
  • freischaffender Kunst- und Architekturhistoriker in Zürich
  • Tätigkeiten als Publizist, Redakteur, Ausstellungsmacher und Dozent
  • Redakteur der Zeitschrift arch für die Eternit (Schweiz) ag 

Erschienen in

Zuschnitt 51
Im Wald

Im Wald stehen viele Bäume, da gibt es viel Getier und ebenda erholen wir Menschen uns besonders gern und gut.  Der Wald ist wichtiger Rohstofflieferant und ökologisches Wunderwerk zugleich und fordert von uns Geduld und Umsicht.

8,00 €

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Zuschnitt 51 - Im Wald