Finnland ist das waldreichste Land Europas, weil zu 77 Prozent mit Wald bedeckt. Das kann jeder erfahren, der durch Finnland reist. Schier endlos sind die riesigen Forstgebiete in ihrer typischen Mischung aus Birken, Fichten und Föhren, die sich bis in die Städte hinein erstrecken. Das Bauen mit Holz hat deshalb in Finnland eine große Tradition. Dieses Erbe ist in den beiden letzten Jahrzehnten eindrucksvoll erneuert worden – nicht zuletzt deshalb, weil Holzbauten der finnischen Sehnsucht nach Naturnähe entgegenkommen. Auch im Sakralbau wird dies anschaulich. Waren lange Zeit Gotteshäuser aus Sichtbeton oder Mauerwerk vorherrschend, so hat man sich wieder verstärkt auf Holz als genuin einheimisches Material besonnen. Zur Bauaufgabe muss betont werden, dass der Kirchenbau in Finnland – im Unterschied zu anderen Ländern – bis heute eine ungebrochene Kontinuität aufweist. Ein Grund dafür ist die seit dem Zweiten Weltkrieg anhaltende Landflucht. Von Oulu im Norden bis nach Helsinki im Süden entstanden und entstehen weiterhin neue Stadtviertel. Da die Finnen, dies ist der zweite Grund, zu ihren Sakralbauten auch eine innige kulturelle Beziehung unterhalten, vor allem wegen der häufigen Konzerte, werden immer wieder neue Kirchen und Kapellen errichtet.
Sakralbauten aus Holz haben in Finnland eine lange Geschichte. Das herausragende historische Zeugnis ist die von 1763 bis 1765 entstandene Dorfkirche von Petäjävesi. Das Bauwerk auf kreuzförmigem Grundriss zeichnet sich außen wie innen durch das weitgehend unbemalte Holz aus. Der kompakt gestaltete Raum unter dem hohen Dach erhält durch das gedämpfte Licht eine intime Stimmung. Die original bewahrte Kirche wurde von der unesco bereits als Weltkulturerbe eingetragen.
Nicht weit entfernt von ihr, in der Hochschulstadt Jyväskylä, wurde 2010 die Kuokkala Kirche eingeweiht. Das zeichenhafte, vom Architekturbüro Lassila Hirvilammi entworfene Gebäude nimmt auch wegen seiner Größe eine besondere Stellung unter den neuen finnischen Holzkirchen ein. Außen mit Schiefer bekleidet, wird der hohe Kirchensaal durch die Konstruktion aus Brettschichtholzrahmen geprägt. Die innerste Hülle besteht aus einer Lattenkonstruktion, die den Wänden ein markantes Muster verleiht.
Gleichsam als Gegenbeispiel lässt sich die kleine Lilja Kapelle betrachten, die Vesa Oiva entworfen hatte und die im Jahr 2005 für die Bauausstellung in Oulu errichtet wurde. Aus einem Wettbewerb für Studenten hervorgegangen, besteht das ohne Türen frei zugängliche Gebäude aus drei Satteldächern, für die vorgefertigte Sperrholzelemente verwendet wurden. Grundidee war eine temporäre, zerlegbare Kapelle, die sich auch für andere Orte eignet. Darüber hinaus zeigt sie, dass selbst ein derart bescheidener Holzbau eine Atmosphäre der Geborgenheit vermittelt.
Fotos:
© Jussi Tiainen; Jussi Jäppinen