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Eine Atmosphäre der Geborgenheit
Finnische Kirchen und Kapellen

Eine Gegenüberstellung von historischen und neuen Kirchen in Finnland zeigt, dass Kirchenbauten wieder verstärkt in Holz ausgeführt werden.

erschienen in
Zuschnitt 52 Holz im Sakralbau, Dezember 2013
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Finnland ist das waldreichste Land Europas, weil zu 77 Prozent mit Wald bedeckt. Das kann jeder erfahren, der durch Finnland reist. Schier endlos sind die riesigen Forstgebiete in ihrer typischen ­Mischung aus Birken, Fichten und Föhren, die sich bis in die Städte hinein erstrecken. Das Bauen mit Holz hat deshalb in Finnland eine große Tradition. Dieses ­Erbe ist in den beiden letzten Jahrzehnten eindrucksvoll erneuert worden – nicht zuletzt deshalb, weil Holzbauten der finnischen Sehnsucht nach Naturnähe entgegenkommen. Auch im Sakralbau wird dies anschaulich. Waren lange Zeit Gotteshäuser aus Sichtbeton oder Mauerwerk vorherrschend, so hat man sich wieder verstärkt auf Holz als genuin einheimisches Material besonnen. Zur Bauaufgabe muss betont werden, dass der Kirchenbau in Finnland – im Unterschied zu anderen Ländern – bis heute eine ungebrochene Kontinuität aufweist. Ein Grund ­dafür ist die seit dem Zweiten Weltkrieg anhaltende Landflucht. Von Oulu im ­Norden bis nach Helsinki im Süden entstanden und entstehen weiterhin neue Stadtviertel. Da die Finnen, dies ist der zweite Grund, zu ihren Sakralbauten auch eine innige kulturelle Beziehung ­unterhalten, vor allem wegen der häufigen Konzerte, werden immer wieder neue Kirchen und ­Kapellen errichtet.

Sakralbauten aus Holz haben in Finnland eine lange Geschichte. Das herausragende historische Zeugnis ist die von 1763 bis 1765 entstandene Dorfkirche von Petäjävesi. Das Bauwerk auf kreuzförmigem Grundriss zeichnet sich außen wie innen durch das weitgehend unbemalte Holz aus. Der kompakt gestaltete Raum unter dem hohen Dach erhält durch das gedämpfte Licht eine intime Stimmung. Die ­original bewahrte Kirche wurde von der unesco bereits als Weltkulturerbe eingetragen.

Nicht weit entfernt von ihr, in der Hochschulstadt Jyväskylä, wurde 2010 die Kuokkala Kirche eingeweiht. Das zeichenhafte, vom Architekturbüro ­Lassila Hirvilammi entworfene Gebäude nimmt auch wegen seiner Größe eine besondere Stellung unter den neuen finnischen Holzkirchen ein. Außen mit Schiefer bekleidet, wird der hohe Kirchensaal durch die Konstruktion aus Brettschichtholzrahmen geprägt. Die innerste Hülle besteht aus einer Lattenkonstruktion, die den Wänden ein markantes Muster verleiht.

Gleichsam als Gegenbeispiel lässt sich die kleine Lilja Kapelle betrachten, die Vesa Oiva entworfen hatte und die im Jahr 2005 für die Bauausstellung in Oulu errichtet wurde. Aus einem Wettbewerb für Studenten hervorgegangen, besteht das ohne Türen frei zugängliche Gebäude aus drei Sattel­dächern, für die vorgefertigte Sperrholzelemente verwendet wurden. Grundidee war eine temporäre, zerlegbare Kapelle, die sich auch für andere Orte eignet. Darüber hinaus zeigt sie, dass selbst ein derart bescheidener Holzbau eine Atmosphäre der Geborgenheit vermittelt.

Lilja Kapelle

Standort

ursprünglich Wohnmesse in Oulu/FI

Fertigstellung

2005


Kuokkala Kirche

Standort

Jyväskylä/FI

Fertigstellung

2010


Kirche von Petäjävesi

Standort

Petäjävesi/FI

Fertigstellung

1763 – 65


Fotos:

© Jussi Tiainen; Jussi Jäppinen


verfasst von

Wolfgang Jean Stock

Architekturhistoriker, seit 2006 Leiter der Galerie für christliche Kunst in München, mehrere Ausstellungen und Bücher zum modernen ­Sakralbau, in Vorbereitung für Herbst 2014: »Lichtzauber und Materialität – Kirchen und Kapellen in Finnland seit 2000«

Erschienen in

Zuschnitt 52
Holz im Sakralbau

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Zuschnitt 52 - Holz im Sakralbau