Daten zum Objekt
Standort
Via Manzoni 5, Bologna/I
Bauherr
Fondazione del Monte di Bologna e Ravenna, Bologna/I, www.fondazionedelmonte.itPlanung
Pier Luigi Cervellati, Bologna/I, cervellati@studiocervellati.itGiorgio Volpe, Bologna/I, www.gvolpe.it
Fertigstellung
2000
Typologie
Geschichte in Schichten

In Bologna hat der italienische Architekt Pier Luigi Cervellati eine im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kirche restauriert. Er erzählt, warum er die Schichten der vergangenen Jahrhunderte erhalten und sie als Bauteile unterschiedlicher Epochen ablesbar gemacht hat und wie er sie mithilfe einer modernen Holzkonstruktion zu einem neuen Ganzen komplettiert hat.
Mit der Restaurierung von San Filippo Neri haben wir uns auf einen faszinierenden Streifzug durch die Geschichte begeben – durch historische, kulturelle und künstlerische Momentaufnahmen. Wir hatten die Gelegenheit, ein jahrhundertealtes Gebäude neu zu interpretieren und es einer neuen Funktion zuzuführen. In Zukunft soll die Kirche San Filippo Neri als Auditorium, Konzert- und Veranstaltungssaal dienen. Doch die bewegte Geschichte, die der Bau seit seiner Errichtung durchlebt hat, wird immer ein Teil von ihm bleiben: Geplant und errichtet wurde San Filippo Neri von Alfonso Torreggiani (1682 – 1764). 1733 wurde die Kirche eingeweiht und im darauf folgenden Jahrhundert mehrmals säkularisiert und erneut als Kirchenraum geweiht. 1905 wurde sie restauriert und mit elektrischer Beleuchtung versehen, 1944 zerstörten Bomben das Dach, die Gewölbe, die Kuppel und die rechte Seite des Kirchenschiffes. Nach dem Krieg (1948 – 53), als man die Kirche zu restaurieren begann, errichtete man einen hölzernen Dachstuhl, wählte für die Säulen Stahlbeton und für die Ausfachungen Ziegel. Doch die Arbeiten wurden nie ganz fertiggestellt. Stattdessen überließ man das Bauwerk für fast fünfzig Jahre sich selbst beziehungsweise nutzte es zwischenzeitlich als Lager und Autowerkstätte. Die dekorativen Elemente begannen herunterzubröckeln, es kam zu Schäden an der Tragstruktur. Die unvorteilhafte Nutzung förderte den weiteren Verfall des Gebäudes.
Wir wollten im Zuge der Sanierung und Umnutzung von San Filippo Neri nicht das ganze Gebäude in den Originalzustand von 1733 zurückführen. Das hätte die Baumaßnahmen aus der Nachkriegszeit ausgelöscht und man hätte alle erforderlichen Baumaßnahmen mit traditionellen Baumethoden ausführen müssen. Ziel unserer Arbeiten war es, alles, was in den letzten fünfzig Jahren erneuert worden war, zu erhalten und gleichzeitig alles das, was die Bombe nicht zerstört hatte, wieder originalgetreu herzustellen.
Das Drama des Krieges ablesbar machen
Unser besonderes Augenmerk lag dabei auf der Wiederherstellung der Kuppel. Eine Holzkonstruktion bildet die Form des ursprünglichen Tonnen- und Kreuzgewölbes nach, die einzelnen Holzlatten folgen der Kurvenform in horizontaler sowie in vertikaler Ausrichtung. Dieser Gestaltungsansatz erlaubt es, den jüngsten Eingriff deutlich vom Originalbestand zu trennen und zugleich das Drama des Krieges für jeden sichtbar zu machen. Die hölzerne Konstruktion zeichnet die Struktur der Gewölbe und der Kuppel nach. Große Bögen aus Brettschichtholz überspannen das 12,6 Meter breite Kirchenschiff und enden dort, wo es notwendig ist, in der vorhandenen Ziegelstruktur. Die Tragstruktur aus Ziegel wird statisch von Zugbändern aus Stahl und Kohlefasern unterstützt. Die Holzkonstruktion kann dank ihrer Leichtigkeit und naturgegebenen Flexibilität allen Anforderungen des Projekts entsprechen und auf die Dimensionierung der bestehenden Struktur eingehen. Dieses Prinzip ist fundamental wichtig für die Integration des Eingriffs in diesen architektonischen Kontext. Die Sanierung hatte zum Ziel, dem Baudenkmal seine architektonische Qualität zurückzugeben. Die Lösung in Holzbauweise, die wir für dieses Sanierungsprojekt gewählt haben, erhält eine zusätzliche Bedeutung durch die Möglichkeit der Reversibilität und Wiederverwendbarkeit, die dem Material innewohnt, und durch die Tatsache, dass der Rohstoff Holz eine erneuerbare Ressource ist.

Fotos:
© Federica Stupazzini; Franco Zanini