Im Nationalpark Gesäuse
Vor vier Jahren hat Maria Schlögl an ihrer Schule in Volders in Tirol an einem Neophytenprojekt mitgemacht. Jetzt studiert sie Biologie und wollte in den Sommerferien Freiwilligenarbeit machen. Sie schaute auf der Website des Alpenvereins die »Umweltbaustellen« durch, bei denen junge Menschen im Sommer in ganz Österreich bei verschiedenen Arbeiten in der Natur helfen können. Schließlich entdeckte sie ein Projekt zur Bekämpfung von Neophyten im Nationalpark Gesäuse in der Steiermark und wusste: Das ist es!
Im Nationalpark Gesäuse wurde vor zehn Jahren eine erste Erhebung der Neophyten gemacht und auf dieser Basis ein Managementplan zu deren Bekämpfung entwickelt. Drüsiges Springkraut, Goldrute und Japanischer Staudenknöterich sind ins Gesäuse vergleichsweise spät eingedrungen, doch in den vergangenen zehn Jahren haben sie sich rasch verbreitet. Das Springkraut verdrängt in den Auen vor allem heimische Pflanzen, die Goldrute in den Lawinenrinnen, sie bedrohen damit den Artenreichtum. Die Mitarbeiter des Nationalparks haben deshalb in den vergangenen Jahren immer wieder Pflanzen gemäht und ausgerissen, bevor diese Samen tragen und sich noch weiter ausbreiten.
Heuer haben sie sich erstmals Hilfe geholt: Zehn junge Menschen im Alter von 18 bis 26 Jahren haben im Juli eine Woche lang bei der Neophytenbekämpfung geholfen. Im Bereich Gstatterboden sind sie rund um die Enns, an den Forststraßen und auf den offenen Flächen der Lawinenrinnen dem Springkraut, der Goldrute und dem Staudenknöterich zu Leibe gerückt. Christina Remschak, Leiterin des Neophytenprojekts im Nationalpark, hat eine einfache Anleitung dafür geliefert: »Ich drücke ihnen eine Pflanze in die Hand, die sie dann mit den anderen vergleichen können.« Das Springkraut und die Goldrute werden mit den Händen ausgerissen und zum Trocknen auf einen Ast gehängt, dann können sie nicht wieder austreiben. Schwieriger ist es beim Staudenknöterich, der zwei Meter tiefe Wurzeln hat. Er wird immer wieder geschnitten und so zumindest geschwächt. Gewohnt und gefrühstückt wird am Campingplatz in Gstatterboden, zum Abendessen gehen die »Umweltbauarbeiter« in den Nationalpark-Pavillon.
Für den Nationalpark ist die Hilfe aus zweierlei Gründen wertvoll: Erstens ist die Neophytenbekämpfung ein arbeitsintensiver und langwieriger Prozess. Man muss über Jahre konsequent die Pflanzen entfernen und jedes Jahr kontrollieren, ob sie sich neuerlich angesiedelt haben. Zweitens ist die Umweltbaustelle wichtig für die Öffentlichkeitswirkung. Denn die invasiven Arten können nur dann effektiv bekämpft werden, wenn sie überall zurückgedrängt werden. Vielen Grundbesitzern ist aber noch nicht bewusst, dass Neophyten eine Gefahr für ganze Ökosysteme sind. Manche weigern sich sogar, sie zu entfernen, weil sie doch so schön seien.
Neophyten
Neophyten sind gebietsfremde Pflanzenarten, die durch weltweiten Handel und Verkehr absichtlich oder unabsichtlich in ein Land eingeschleppt wurden. Viele der eingeschleppten Arten sind invasiv, das heißt, sie vermehren sich stark und neigen dazu, heimische Arten zu verdrängen, Habitate zu dominieren und durch Auswirkungen auf Insekten und andere Lebewesen ganze Ökosysteme zu verändern. In der Forstwirtschaft können Neophyten die Naturverjüngung auf Schlagflächen verhindern, die Pflege von Jungwäldern erschweren, die Zusammensetzung der Krautschicht verändern oder dominieren, anderen Pflanzen Nährstoffe wegnehmen oder Bestäuber gefährden. Neophyten bilden oft auch keine stabile Wurzelschicht, frieren im Winter oberflächlich ab und fördern so die Erosion des Bodens und der Flussufer.
Im Gesäuse sind das Große (auch Drüsige) Springkraut (Impatiens glandulifera), die Kanadische Goldrute (Solidago canadensis), die Riesen-Goldrute (S. gigantea), der Japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica) und der Sachalin-Staudenknöterich (F. sachalinensis) invasiv.
Neophyten sind eine Gefahr fürs ganze Ökosystem – dabei sehen sie oft schön aus.
Weitere Infos zu Neophyten:
www.waldwissen.net
www.neophyten.net
www.infoflora.ch
Umweltbaustellen: Die Mithilfe von Jugendlichen in der Natur ist an vielen Orten in Österreich gefragt.
www.alpenverein.at/jugend
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© Maria Schlögl