Daten zum Objekt
Standort
Gränichen-Suhr/CH
Architektur
Ingenieurgemeinschaft IG WUEF: Bänziger Partner AG (Federführung IG), Baden/CH, www.bp-ing.chTimbatec Holzbauingenieure Schweiz ag, Bern/CH, www.timbatec.com
Bauherr:in
Bundesamt für Strassen ASTRA, Zofingen/CH, www.astra.admin.ch
Statik
Ingenieurgemeinschaft IG WUEF: Bänziger Partner AG, Baden/CH, www.bp-ing.ch; Timbatec Holzbauingenieure Schweiz ag, Bern/CH, www.timbatec.com
Holzbau
Häring & Co AG, Eiken/CH, www.haring.ch
Fertigstellung
2021
Typologie
Seitenwechsel
Durch den Bau von Verkehrsinfrastruktur – insbesondere von Autobahnen – hindern wir Tiere daran, ihre natürlichen Wege zu gehen. Wildtierkorridore sind dabei festgelegte Routen, auf denen sie sich über große Entfernungen bewegen. Der Wildtierkorridor AG6 verbindet das Juragebiet mit dem Schweizer Mittelland im Waldgebiet Rohr-Rupperswil und ist von überregionaler Bedeutung. Die SBB-Linie Aarau – Brugg, die Nationalstraße N1R, die Kantonsstraße Suhr – Hunzenschwil sowie die Autobahn A1 stellen Hindernisse in diesem Korridor dar. Seit Juni 2021 gewährleistet die Grünbrücke Rynetel zwischen Suhr und Gränichen zumindest eine sichere und naturnahe Überquerung über die A1. Ihre Bauweise unterscheidet sich insofern von herkömmlichen Wildtierbrücken, als sie nicht aus Stahlbeton, sondern aus einem Überbau aus Holz besteht, der gebogene Brettschichthölzer und Betonwände kombiniert. In den Vorprojektphasen wurden Ausführungen in Beton und Holz einander gegenübergestellt. Aufgrund tragwerksplanerischer, gestalterischer und ökonomischer Kriterien fiel die Entscheidung zugunsten der Holz-Stahlbeton-Hybridkonstruktion. Damit war die Brücke 2021 schweizweit einzigartig.
Holz trägt Grün
Die Bogenkonstruktion erstreckt sich über eine Spannweite von 17,2 Metern, misst – quer zur Fahrbahn – insgesamt 36 Meter und besteht aus 156 vorgefertigten Brettschichtholz-Trägern aus Schweizer Fichtenholz. Sie wirkt filigran, ist aber robust und bietet auch die Möglichkeit, die Autobahn von vier auf sechs Spuren auszubauen. Die vorgefertigten Träger, jeder rund 2 Tonnen schwer, haben einen Querschnitt von 24 mal 76 cm. Getrocknete Brettschichtholz-Lamellen wurden mit Resorcin-Formaldehyd-Harz formstabil zu einem gebogenen Träger verklebt und auf Maß gehobelt. Infolge der gebogenen Form der Träger und der hohen Biegekräfte entstehen Querzugkräfte, die durch eine radiale Verschraubung aufgenommen werden. Als zusätzlichen Schutz der Träger vor Feuchteeinflüssen wurden die einzelnen Lamellen druckimprägniert. Auch das Sekundärtragwerk ist aus Brettschichtholz gefertigt und flächig mit einer Furnierschichtholzplatte verkleidet. Gelagert sind die Träger mittels Stahlgelenken auf der in Ortbeton erstellten Mittelwand und den Außenwänden, die wiederum auf 12 bzw. 18 Meter langen Bohrpfählen mit 1 Meter Durchmesser fundiert sind. Die Brücke wurde über die gesamte Fläche von etwa 1.800 m2 bis auf die Höhe des bestehenden Waldgeländes mit Erde bedeckt und die nutzbare Breite von rund 50 Metern mit Kleinstrukturen bepflanzt. Hecken und ein Blendschutz schützen die Wildtiere vor Emissionen durch Scheinwerferlicht.
Wirtschaftlichkeit und Ökologie
Die Ausführung mit einem Holztragwerk erwies sich als wirtschaftliche Lösung. Denn die Vorfertigung erlaubte es, die Brücke vor Ort zügig aufzurichten, während der Verkehr kontinuierlich weiterfloss. Lediglich für die Montage des Tragwerks wurde die Autobahn für 15 Nächte von 21 bis 5 Uhr auf zwei Fahrspuren reduziert. Auch die bessere Ökobilanz sprach für die Variante mit Holz, temporär speichert das Material etwa 520 Tonnen CO2. Während eine Wildtierbrücke aus Beton bei Herstellung, Montage und Transport einen Ausstoß von rund 2.835 Tonnen CO2 verursacht hätte, waren es bei der Holzvariante inklusive Stahlgelenke nur 1.145 Tonnen CO2, wobei in beiden Fällen Werkstoffe und Fundamente bereits einberechnet sind. Das Projekt zeigt somit durchaus, dass Holz als heimischer Rohstoff das Potenzial hat für eine kostengünstige, wirtschaftliche und ökologisch vorteilhafte Alternative für Grünbrücken.