Daten zum Objekt
Standort
Cadolzburg/DE Google Maps
Architektur
Dürschinger Architekten, Fürth/DE, www.duerschinger-architekten.de
Statik
Valentin Maier Bauingenieure, Erlangen/DE, www.vmb-ag.de
Holzbau
Holzbau Augustin GmbH, Zirndorf/DE, www.holzbau-augustin.de
Bauherr
privat, Familie Fritz Stiegler
Fertigstellung
2019
Typologie
Sparren mit Aufdachdämmung
Was für Dächer! Skulpturen aus reinen Flächen und knappen Kanten, schlüssig über annähernd quadratischem Grundriss als steile Sparrendächer konstruiert, wie es Fichte und Kiefer hergeben; ungezwungen, doch dicht beieinanderstehend zwischen Bäumen und untergeordneten Bauten – noch prägen sie fränkische Dörfer.
Gonnersdorf, Ortsteil der Marktgemeinde Cadolzburg im Mittelfränkischen, ist so eines – und nun um die Hofstelle Stiegler in Ortslage bereichert, die mit dem Deutschen Landbaukultur-Preis 2019 ausgezeichnet wurde. Der Neubau, der eine 2014 komplett abgebrannte Hofstelle ersetzt, bot die Möglichkeit, funktionelle Bezüge zu optimieren. Eine Besonderheit ist, dass der letzte Bauer im Dorf nicht nur eine Pferdepension betreibt, sondern vor allem von Haselnussbewirtschaftung lebt.
Bis in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg reicht die Familiengeschichte zurück. Ackerbau war vorherrschend. Als der Rübenanbau unrentabel wurde, stellte Fritz Stiegler auf Haselnüsse um, im Zuge des Neubaus dann auf Bio. Statt Chemie rücken nun rund 800 Hühner dem Haselnussbohrer, einem Schädling, zu Leibe und legen nebenher Bio-Eier. Ihr Futter – wie das für die Pferde – wird auf eigenen Äckern biologisch angebaut: Kreislaufwirtschaft auf 40 Hektar. Dank guter Vernetzung mit der fränkischen Genussszene wirtschaftet der »kleine« Familienbetrieb auskömmlich. Kurze Bauzeit, Vorrang des Betriebs – das gebot gebräuchliche Konstruktionen und Bauformen sowie direkte Abstimmung mit den Ämtern; damit war es unproblematisch, wie beim Vorgänger bis an die Grenze zu bauen.
Ein Bau an der Straße hat als einziger den Brand überdauert: eine kleine Schmiede aus Sandstein. Diese ist als kleines »Museum« Teil des Hofladens und bestimmt in Maß und Dachform die Silhouette der Ausstellungs- und Verarbeitungsräume, die sich als zwei parallele Steildachbauten in die Tiefe des Grundstücks entwickeln. Ebenfalls an der abfallenden Straße steht das neue Wohnhaus; im Souterrain befindet sich Wohnraum für Helfer, im ersten Stock hälftig die Wohnung der Eltern sowie die der Jungbauern, die sich in den flacher geneigten Dachraum erweitert. Zwischen Wohnhaus und Hofladen führt eine Rampe auf den rückwärtigen Werkhof, der nun ebenerdig die meist offenen Bergeräume erschließt. Begrenzt wird dieser von den geschlossenen Wänden der Fertigungsräume und einer Sandsteinwand, die ihn vom rückwärtigen Freisitz der Wohnung trennt.
Teilweise setzt der Neubau auf alten Sandsteinmauern auf. Gemauerte Sockel, aufgehende Holzwände und harte Dachdeckung prägen das Ensemble, fein differenziert. Die alte Schmiede mit 50 Grad Dachneigung und Biberschwanzdeckung schlägt den Ton an; diesen übernimmt eine Dachseite der Bergeräume, während die andere, blechgedeckt, eine für Solarnutzung optimale Neigung von 25 Grad aufweist. Das Dach des Wohnhauses hat, traufseitig zur Straße, eine Neigung von 30 Grad und ist mit Betonflachziegeln gedeckt. Ihr Anthrazit korrespondiert mit der Graufärbung der stumpfgestoßenen Schalung der Wände; der monolithische Eindruck wird durch einen abgeschrägten Einzug der Fensterlaibung unterstrichen – Graubünden lässt grüßen. Die Wirtschaftsbauten dagegen sind mit einer Boden-Deckel-Schalung im Farbton unbehandelter Kiefer geschlossen.
»Die skulpturale Form der traditionellen, kargen Bauweise«, so Architekt Peter Dürschinger, »ist gut geeignet, modernes Bauempfinden mit dem lebendigen Ortsbild dieser Dörfer zu verbinden. Sie erlaubt eine einheitliche Erscheinung, frei von jeder Uniformität. So bestätigt sie ein Milieu, in dem Bedacht-Sein ein wichtiger Aspekt von Geborgenheit ist.«