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Christian Bartel

Christian Bartel steht mit seinen Arbeiten aus gesägtem Bauholz in der österreichischen Gegenwartskunst für eine Position, die den Skulpturenbegriff um die Qualität eines subtilen „Machtverzichts“ bereicherte.

erschienen in
Zuschnitt 11 Rein ins Holz - Schraube oder Nagel, Oktober - November 2003
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Bauholz gesägt

Es entspricht vor allem im Bereich der Bildhauerei dem klassischen Kunstideal, wenn sich Formvorstellungen absolut stimmig zum verwendeten Material verhalten. Michelangelo soll seine Figuren schon in den noch unbearbeiteten Marmorblöcken gespürt haben. Ähnliches sagt man auch über Rodin. Wenn nun für einen Künstler das Ausgangsmaterial seiner bildhauerischen Arbeit schlicht und einfach gesägtes Bauholz ist, liegt die Annahme eines spröden und sperrigen Gestaltungswillens nahe. Ganz in diesem Sinn gestaltet sich auch der erste Eindruck bei den Arbeiten des Bildhauers Christian Bartel.

Bartel arbeitet mit gesägtem Bauholz. Grundsätzlich gibt es zwei Varianten, wie er dieses Material einsetzt: Einerseits im Sinne der klassischen Skulptur als in sich geschlossenes Ausdrucksgebilde. Andererseits als Material, um ganze Räume installativ zu bespielen. Dabei spannt er gesägtes Bauholz in Ecken ein, spannt Balken zwischen Boden und Decke bzw. zwischen Wände. Um die geraden Staffeln in Form zu bringen, setzt der Künstler mit viel Umsicht und gewonnener Erfahrung Schnitte, die es ihm erlauben, das Material in verschiedenste Formen zu bringen. So kann der Künstler aus mehreren angesägten Balken Kugeln entwickeln, Bögen spannen, Wellen formen. In seiner bisherigen Arbeit versuchte Bartel, Material und Bearbeitungstechnik subtil auf die jeweiligen konkreten Raumsituationen bzw. Ausstellungsprojekte abzustimmen. Das Bauholz erwies sich dabei immer als ein spezielles Modulsystem, das individuell angewandt werden konnte. Die einprägsamen Resultate erzielen wesentliche Momente ihrer Wirkung aus der scheinbaren Banalität des Werkstoffs und der Einfachheit der künstlerischen Bearbeitung, die übliche Formvorstellungen von Holzbildhauern fast ironisch in Frage stellt. Ironie ist sicherlich eine Komponente, die unmittelbar in den Projekten Bartels wirksam wird.

Als er bei einem Projekt für das Offene Kulturhaus in Linz einen Balken bogenförmig im Raum verspannte, spielte er über Lautsprecher das Krachen von Holz ein. Als Besucher hörte man gleichsam die formale Spannung, ohne dass das Holz tatsächlich diesem Druck ausgesetzt war. Hinzu kommt, dass die Skulpturen Bartels auch leicht verändert werden können. Ob nach links oder rechts, nach oben oder unten bewegt, das gesägte Bauholz kann unterschiedlich eingesetzt und verwendet werden. Kunsthistorisch findet Bartel somit auch nicht bei hehren bzw. pathetischen Materialkonzepten seine Parallele. Vielmehr vereint er bestimmte Traditionen der Minimal Art mit Tendenzen der konkreten konstruktiven Kunst, die er allerdings durchaus lyrisch zu interpretieren vermag.

Gerade in den letzten Jahren erweiterte der Künstler das Spektrum seiner Arbeiten durch andere Materialien vor allem aus dem textilen Bereich und entwickelte gleichzeitig gemeinsam mit der österreichischen Künstlerin Andrea Pesendorfer verschiedene architekturbezogene Kunstprojekte, in denen der gesamtheitliche Gestaltungswille auch um zusätzliche Fragestellungen, wie die Funktion und Nutzung von Räumen, erweitert wurde. In Summe steht Bartel in der österreichischen Gegenwartskunst für eine Position, die den Skulpturenbegriff nicht nur über einen speziellen Materialeinsatz erweiterte, sondern auch um die Qualität eines subtilen »Machtverzichts« bereicherte. Bildhauerei war über die favorisierten Materialien von Stein und Bronze immer auch mit einem gewissen Ewigkeitsanspruch verbunden. Mit seiner konkreten Arbeit und dem von ihm gesägten Bauholz hat sich Bartel absolut gegen derartige Traditionslinien gestellt und damit auch raffinierte Möglichkeiten eines neuen skulpturalen Denkens der jüngeren Künstlergeneration geschaffen.

Christian Bartel

1958 geboren in Linz.
1982 - 89 Studium der Bildhauerei bei Erwin Reiter an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung (Kunstuniversität) Linz.
Seit 1989 freischaffend tätig.
Seit 1993 Lehrtätigkeit an der Linzer Kunstuniversität. Internationale Ausstellungstätigkeit seit 1989. Projektrealisierungen u.a. 1992 für das OK. Centrum für Gegenwartskunst und 1997 für die Galerie im Stifterhaus in Linz.
1998 Teilnahme am Symposion »Material, Konzept, Konstrukt« auf Schloss Lamberg in Steyr mit einer anschließenden Präsentation in Erfurt.
Lebt und arbeitet in Linz und Linz und Wien.
Ab September 2003 für ein Jahr Aufenthalt in New York und Mexiko.


verfasst von

Martin Hochleitner

  • Archäologe und Kunsthistoriker
  • Leiter der Landesgalerie am Oberösterreichischen Landesmuseum in Linz und Lehrbeauftragter für Kunstgeschichte an der Linzer Kunstuniversität

Erschienen in

Zuschnitt 11
Rein ins Holz - Schraube oder Nagel

Ein nicht unwesentlicher Teil der Entwurfstätigkeit geht bei Holzbauten in die Bemessung und Ausbildung von Verbindungen – immerhin beeinflussen sie die Werkstatt und Montagekosten in nicht geringem Maße. Kenntnisse über Verbindungsmittel, ihre optimale Auswahl und richtige Anwendung sind mitentscheidend für Ästhetik, Wirtschaftlichkeit und Dauerhaftigkeit einer Lösung.

8,00 €

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Zuschnitt 11 - Rein ins Holz - Schraube oder Nagel