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Patentierter Pilzbefall

Pilze und Holz - normalerweise ist dies ein Grund dafür, möglichst rasch Gegenmaßnahmen zu treffen. Nicht so bei den Holzforschern der empa in Dübendorf (Schweiz), die sich an der Suche von GeigenbauerInnen und MusikerInnen nach dem perfekten Klangholz beteiligten.

erschienen in
Zuschnitt 21 Schutz S(ch)ichten, März 2006
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Pilze und Holz – normalerweise ist dies ein Grund dafür, möglichst rasch Gegenmaßnahmen zu treffen. Nicht so bei den Holzforschern der empa in Dübendorf (Schweiz), die sich an der Suche von GeigenbauerInnen und MusikerInnen nach dem perfekten Klangholz beteiligten.

Die Geigen Stradivaris aus dem achtzehnten Jahrhundert sind bekannt für ihren einzigartigen Klang. Nach einer von vielen Theorien liegt der Grund für diese außerordentliche Qualität in den klimatischen Bedingungen des »Maunder-Minimums«, einer außergewöhnlichen Kälteperiode von 1645 bis 1715, während der die Bäume sehr langsam und gleichmäßig wuchsen. Aus diesem Grund weist das Holz dieser Zeit spezielle Materialeigenschaften wie geringe Dichte, schnelle Schallweiterleitung und hohe Biegesteifigkeit auf, was ausschlaggebend für seine herausragende Klangqualität sein dürfte.

Die Musikerin und Wissenschafterin Melanie Spycher hat im Rahmen ihrer Doktorarbeit erforscht, wie sich mit Hilfe holzzersetzender Pilze ähnliche akustische Materialeigenschaften erzielen lassen, wobei es vor allem darum ging, jene Pilzart zu finden, die zwar die Dichte des Holzes verringert, nicht aber die feste Holzstruktur zerstört oder die Ausbreitung von Schallwellen behindert. Es wurden verschiedene Pilzarten gezüchtet, sterilisierte Holzbrettchen damit infiziert, in Klimakammern unter kontrollierten Bedingungen gelagert und nach vier bis zwölf Wochen gründlich analysiert. Die Suche war erfolgreich: Mehrere der ausgewählten Pilzarten verbessern die Klangqualität der Holzproben deutlich, vor allem bei Ahornholz, das traditionell für die Bodenplatten von Geigen verwendet wird, sind die Ergebnisse vielversprechend. Ein entsprechendes Patent wurde angemeldet, jetzt bleibt abzuwarten, bis die erste Geige aus gezielt verpilztem Holz zum Musizieren bereit ist.

Text
Charles von Büren

geboren 1939, lebt in Bern
Baupraxis bis 1974
Seither Autor und Herausgeber von Fachbüchern zu Bautechnik und Design
Bis 2000 Pressearbeit für Lignum und die Forschungsanstalt WSL Birmensdorf
Seit 2000 beim Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA
Seit 2006 Beauftragter für Presse und PR der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Holzforschung, SHA.

Foto
© EMPA Dübendorf, Abt. Holz

Erschienen in

Zuschnitt 21
Schutz S(ch)ichten

Bewitterte Bauteile sind ein Dauerthema im Holzbau. Wo endet der Selbstschutz dieses universellen Materials? Wann sind zusätzliche Maßnahmen nötig? Wo begegnet die Schicht der Sicht und wird vom Schutz zum Schmuck?

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Zuschnitt 21 - Schutz S(ch)ichten