In Österreich gibt es zu wenige Kinderbetreuungsplätze. Dies bedeutet für die nächsten Jahre, dass viele Kindergärten neu gebaut, bestehende Einrichtungen erweitert und Gebäude adaptiert werden müssen. Gerade Letzteres ist schon heute in Städten die Hauptbauaufgabe, wenn es um die Schaffung neuer Plätze geht. Wir haben uns drei Beispiele angesehen: in Wien, Innsbruck und Berlin.
Holz schafft Raum
»Das geforderte Raumprogramm hätten wir hier nie untergebracht, wenn wir nicht mit Ebenen gearbeitet hätten«, erzählen Franz Ryznar und Roswitha Siegl von aap.architekten in Wien. In die ehemalige Hofküche im Schloss Schönbrunn, einem 5,10 Meter hohen Gewölberaum, haben sie für die Wiener Kinderfreunde einen viergruppigen Kindergarten eingebaut. Während Kinder es lieben, einen Raum zu erklettern und ihn aus verschiedenen Perspektiven zu erfahren, sind Emporen bei Erwachsenen nicht immer gerne gesehen. Das Erklimmen von niedrigen Emporen kann für Pädagoginnen und Reinigungspersonal mühselig sein. Doch in diesem Fall war allen Beteiligten klar, dass das Projekt nur durchführbar ist, wenn man im Raum mehrere Ebenen schafft. Anders als beim Neubau konnten Flächen ab 2,40 Meter Raumhöhe voll angerechnet werden.
Die Architekten schufen ineinander verschachtelte Räume mit unterschiedlich hohen Ebenen und nahmen damit dem Raum die Strenge. Aus hellem Finnbirkensperrholz sind Emporen, Möbel und die Wände, in die Schränke integriert sind. Dies schafft eine heimelige, warme Atmosphäre. Gerne hätten die Architekten auch Holz am Fußboden gesehen, konnten den Betreiber jedoch nicht vom Linoleum abbringen.
Die Kosten für einen Einbau in eine bestehende Gebäudestruktur schätzt Franz Ryznar auf 800,– bis 2.000,– €/m2, je nachdem ob in die Struktur eingegriffen werden muss oder nicht. Die Bauherren würden den Kostenaufwand aber fast immer unterschätzen. »Im Zusammenspiel der Normen, Kosten, Brandschutz- und Sicherheitsvorschriften kann man sich kaum noch bewegen«, beklagt der Architekt das immer enger werdende Korsett, wenn es um den Bau von Kindergärten geht. Wo vor ein paar Jahren noch offene Garderoben im Eingangsbereich gern gesehen waren, ist dies aus brandschutztechnischen Gründen heute in Wien nicht mehr möglich. Sie müssen in abgeschlossenen Räumen liegen, am besten hinter Brandschutztüren, die die Kinder kaum mehr aufbekommen.
Holz sucht Farbe
Ganz andere Bedingungen hatten die Architekten Froetscher Lichtenwagner beim Einbau eines Kindergartens und Hortes im centrum.odorf in Innsbruck. Im Obergeschoss des lang gestreckten Baukörpers stand hierfür eine Fläche von 2.000 m2 zur Verfügung. Eingestellte farbige Boxen in Leichtbauweise beherbergen die Gruppen, Flur und Garderobe bilden ein offenes Raumkontinuum. Am Übergang zum Schülerhort befinden sich die gemeinsam genutzten Bereiche wie Küche, Speisesaal und Bewegungsraum. Die Architekten sprechen von einer Stadt in der Stadt: Die Gruppenräume sind die Häuser, die Flure und Garderoben die Straßen und Plätze. »Wir beschränkten uns darauf, die Materialien zu definieren – bewegliche Möbel aus Sperrholz, mit Birke furniert – und einzelne wichtige Elemente wie Baumhaus und Raupe zu konzipieren«, beschreiben die Architekten ihre Herangehensweise. (1) Der Fußboden ist aus Eiche. Die Raupe, ein 30 Meter langes Sitzobjekt im Eingangsbereich des Kindergartens, besteht aus MDF-Platten, die mit einem rutschfesten Zweikomponentenlack behandelt wurden. Jeder der vier Gruppenräume hat sein eigenes Baumhaus, ein Klettergerüst, das in die Trennwand integriert und von beiden Seiten zugänglich ist. Auch die Baumhäuser sind aus mit Birke furniertem Sperrholz, aber farbig lackiert. Holz braucht Fantasie. Was aber tun, wenn so gut wie kein Budget vorhanden ist? Dann muss auf einfache Mittel zurückgegriffen werden. So wie beim Taka-Tuka-Land in Berlin, einem Kindergarten, der in einem provisorischen Holzständerbau untergebracht ist. Der Bauherr wollte eigentlich nur die Fassade sanieren. Doch das vorhandene Budget von 90.000 Euro wäre viel zu gering gewesen, um dem Wunsch nach einer neuen Holzfassade nachzukommen, erzählt Architektin Susanne Hofmann von den Baupiloten.
So schlug die Architektengruppe vor, die Fassade nur dort zu sanieren, wo notwendig, und das restliche Geld in die Neugestaltung des Innenraumes zu stecken. Die geputzten Holzplatten der Fassade wurden nur dort abgeschnitten, wo sie verfault waren, neu gestrichen und mit einem Spritzschutz von unten angearbeitet. Die Attika und einzelne Platten mussten ganz ausgetauscht werden. Neue große Fenster bringen viel mehr Licht ins Innere, neue Podeste und Einbauschränke aus Furniersperrholz ein frischeres Ambiente. Besonders das Klettergerüst an der Fassade bereitet den Kindern viel Freude. Von innen können sie über ein Fenster in das Gerüst und nach draußen klettern.
Die Baupiloten sind eine wechselnde Gruppe von Studierenden, die unter der Anleitung von Susanne Hofmann Projekte planen und realisieren. Die Entwürfe basieren immer auf Partizipation mit den späteren Nutzern. Auch in diesem Fall wurden die Kinder von Anfang an in den Entwurfsprozess eingebunden.
Auf die Frage, ob sie ein Material bevorzuge, antwortet Susanne Hofmann: »Können sie sich die Welt von Pippi Langstrumpf in Metall vorstellen?« Der Statiker habe ihnen ein Metallgerüst vorgeschlagen. Sie aber entschieden sich für einfache Holzdreiecke aus grün lasiertem Eichenholz, die zu einem Raumtragwerk zusammengeschraubt und mit weichen Kissen aus gelben LKW-Planen ausgepolstert wurden.
(1) Willi Froetscher, Christian Lichtenwagner: Materialwahl, Mobiliar, Oberflächen, in: Detail 3/2008.
Kindertagesheim Schloss Schönbrunn
Schloss Schönbrunn, A-1130 Wien
Planung
aap.architekten, Wien/A
www.aap.or.at
Statik
Vasko+Partner Ingenieure, Wien/A
www.vasko-partner.at
Innenausbau
Hermann Fuss & Söhne Holzkonstruktionen, Wien/A
www.fuss.at
Fertigstellung
2008
Materialien
Emporen/Möbel/Wände: Finnbirkensperrholz, farblos lackiert
Kindergarten im centrum.odorf
An-der-Lan-Straße 42, A-6020 Innsbruck
Planung
Froetscher Lichtenwagner, Wien/A
www.froetscherlichtenwagner.at
Innenausbau
Spechtenhauser Holz- und Glasbau GmbH, Innsbruck/A
www.spechtenhauser.com
Baumhäuser und Möbel
Resch Alpenkid Möbel, Aigen – Schlägl/A
www.alpenkid.at
Fertigstellung
2006
Materialien
Boden: Eiche, matt versiegelt
Möbel: Sperrholz, mit Birke furniert
Baumhäuser: Sperrholz, mit Birke furniert, farbig lackiert
Taka-Tuka-Land
Hohenzollernring 93, D-13585 Berlin
Planung
Baupiloten, Berlin/D
www.baupiloten.com
Fassade
Fach-Werk Handwerksgemeinschaft GmbH, Berlin/D
www.fach-werk.com
Innenausbau
Holzwerkstatt Hermann Buhl & Joachim Kircher GbR, Berlin/D
www.holzwerkstatt-hermannplatz.de
Fertigstellung
2007
Materialien
Einbauten: Furniersperrholz
Klettergerüst: Eiche, lasiert
Fotos:
©Rupert Steiner, Lukas Schaller, Jan Bitter