Daten zum Objekt
Standort
Hamburg/DE Google Maps
Bauherr:in
Robert Vogel GmbH & Co KG, Hamburg/DE, www.robertvogel.de
Architektur
blauraum Architekten GmbH, Hamburg/DE, www.blauraum.eu
Holzbau
O.LUX GmbH & Co., Georgensgmünd/DE, www.o-lux.de
Konstruktion
Zur Ertüchtigung des Bestandes: Stahlbeton und Stahl, Aufbauten: Vorgefertigte Holztafelbauweise
Fertigstellung
2010
Typologie
Grünraum schonen – großmaßstäbliche Aufstockung in Hamburg
Das Hamburger Architekturbüro blauraum hat sich in den letzten Jahren vor allem mit unkonventionellen Umbaulösungen einen Namen gemacht. International bekannt wurde es mit der Verwandlung eines unattraktiven Bürogebäudes aus den 1970ern in ein schickes Wohnhaus. Nun haben die Architekten in einer Wohnanlage aus den späten 1950er, frühen 1960er Jahren einen Wandel herbeigeführt: In der Bebelallee, nördlich der Innenstadt, hatte das noch junge Büro in einer Machbarkeitsstudie die Möglichkeiten einer Nachverdichtung untersucht, eine Aufgabe, die in Hamburg wegen des knappen Wohnraums und der hohen Mieten zu Gebote steht. Die vergleichsweise lockere Bebauung der Nachkriegszeit schien am ehesten Spielräume für eine Erweiterung des Wohnraumangebotes zu bieten. Diese Verdichtung sollte mit der notwendigen energetischen Sanierung verknüpft werden.
Anstatt die aus sechs Zeilen bestehende Kammstruktur in dem für die Entstehungszeit typischen, durchgehenden Grünraum nachzuverdichten, schlugen die Architekten eine Aufstockung der zwei- und dreistöckigen Geschosswohnungsbauten vor – und erhielten den Bauauftrag. Grünraum und Baumbestand konnten erhalten werden, daher auch der Name des Projekts: »Treehouses«. Der Begriff suggeriert das Wohnen wenn nicht in, so doch zwischen Baumkronen, was allerdings nur partiell der Fall ist; so dicht ist der Baumbestand nicht. Der Qualität des Konzepts tat das keinen Abbruch: Die fünf nord-süd-orientierten Zeilen sollten um zwei, die dreigeschossige ost-west-orientierte Zeile um ein Geschoss aufgestockt werden. Bevor dieser Vorschlag allerdings im Detail weiterverfolgt werden konnte, mussten die Behörden davon überzeugt werden. Dank einer Befreiung vom gültigen Bebauungsplan konnte auch diese Hürde genommen werden.
Konstruktion und Statik
Dass die Aufstockung in Holz geplant wurde, hatte zunächst pragmatische Gründe. Zum einen statische: Der Bestand war so ohne Weiteres für eine Aufstockung nicht geeignet. Um die Ertüchtigung preiswert zu halten, bot sich eine Leichtbaukonstruktion an. Zum anderen konnte mit vorgefertigten Holzbauelementen die Bauzeit kurz gehalten werden. Der Bestand blieb durchgehend bewohnt; die Belastung der Bewohner durch die Baustelle ließ sich dank vorgefertigter Holzelemente wenigstens einigermaßen in Grenzen halten; je Zeile wurde letztlich eine Bauzeit von einem halben Jahr benötigt – einschließlich der energetischen Sanierung. Dazu kommen die ökologischen Vorteile des CO2-neutralen Baustoffs Holz. Der Energieverbrauch der gesamten Siedlung wurde bei einer annähernd verdoppelten Wohnfläche in etwa halbiert.
Um die Aufstockung statisch zu bewältigen, wurden den mit einer Dämmung und einer neuen Klinkerfassade sanierten Bestandswänden Stahlbetonstützen vorgestellt und diese mit Stahlbetonträgern verbunden, auf die dann die Holzrahmenkonstruktion aufgelagert werden konnte. Nach Süden hin sollte die Aufstockung den Bestand nicht überragen, um den darunterliegenden Geschossen kein Sonnenlicht zu nehmen. Nach Norden hingegen kragt sie bis zu 2 Meter aus, um zusätzliche Fläche zu gewinnen. Da die neuen Geschosse höher sind als die der darunterliegenden Wohnungen, wirken die Aufbauten recht wuchtig; um dies zu mildern, wurden sie zur Südseite zugunsten großzügiger Terrassen zurückgenommen.
Brandschutz
Durch die Aufstockung galten für die Gebäude nun die Bestimmungen der Gebäudeklasse 4 statt wie zuvor die der Gebäudeklasse 3. Die neuen Wohnungen sind Maisonetten. Neben den Vorteilen der Grundrissgestaltung und der Erschließung vereinfachte dies auch den Brandschutz zwischen den Geschossen. Die Holzrahmenelemente sind mit Gipskartonplatten verkapselt, die doppelte Beplankung war nötig, um durchgehende Stoßfugen zu verhindern und F 90 zu erreichen. Außerdem sind horizontale und vertikale Ableitbleche an den Unterkanten befestigt und im Bereich der Brandwände integriert. Die hinterlüftete Fassade aus dreifach überdeckten Zedernschindeln musste sich in Brandversuchen bewähren. Die große, sägeraue Oberfläche der Schindeln musste nicht versiegelt werden, sie ist auch so gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähig genug.
Städtisches Flair
Die nun deutlich städtischer wirkende Anlage hat den Reiz des Wohnens im Grünen behalten; sie konnte um 9.000 m2, aufgeteilt auf 47 neue Wohnungen, erweitert werden, das Wohnraumangebot ist differenzierter als vorher. Zwischen 70 und 150 m2 sind die neuen Wohnungen groß. Für die Klinkerfassade des Bestands wurde nicht wieder ein Rot ausgewählt, sondern Steine in verschiedenen Grautönen. Den Architekten lag daran, sichtbar zu machen, dass dem Umbau ein Konzept des verantwortungsbewussten Umgangs mit den Ressourcen zugrunde liegt – auch deshalb hatten sie sich für eine Holzfassade in den oberen Geschossen entschieden. Da die Zedernschindeln mit der Zeit vergrauen, werden sich beide Fassaden bald farblich gleichen und das für Hamburg ungewöhnliche Fassadenmaterial wird nur noch dezent in Erscheinung treten.