Der Brückenbau ist neben dem Hochbau ein wichtiges Anwendungsgebiet für den Holz-Beton-Verbund. Mehrere Ausführungsvarianten von HolzBeton-Verbundbrücken sind möglich.
Holz-Beton-Verbundkonstruktionen verfügen – infolge der Kombination zweier leistungsstarker Werkstoffe – über eine Reihe positiver Eigenschaften. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass seit ca. 1985 zahlreiche Institutionen im Bereich des Holz-Beton-Verbundbaus Forschung und Entwicklung betreiben. Der Brückenbau ist neben dem Hochbau ein wichtiges Anwendungsgebiet für den Holz-Beton-Verbund. Hier werden dem Holz und dem Beton gleich mehrere Funktionen zugeordnet: Die bewehrte Betonplatte dient als Fahrbahn. Gleichzeitig wird sie durch Einbindung in das Verbundtragwerk – über die schubsteife Verbindung mit dem Holz – zum Lastabtrag herangezogen. Sie übernimmt die auftretenden Druckspannungen in der Verbundkonstruktion. Eine Querlastverteilung ist innerhalb der Betonplatte leicht herstellbar. Letztlich schützt die (auskragende) Betonplatte die an der Unterseite liegende Holzkonstruktion auch noch vor direkter Bewitterung. Das Holz liefert seinerseits Natürlichkeit, Nachhaltigkeit, Ästhetik und Tragfähigkeit. Durch die Anordnung in der Zugzone wird vom Holz ein beachtlicher Teil der auftretenden Zugspannungen abgetragen, womit Bewehrungszulagen in der Betonplatte reduziert werden können.

Die Holz-Beton-Verbundbrücke im Kanton Graubünden wurde für den Straßenverkehr (40 Tonnen) bemessen und unter der Prämisse möglichst hoher regionaler Wertschöpfung umgesetzt. Hieraus resultiert der Entwurf als Sprengwerk, welches eine Länge von 24,6 Metern überspannt. Durch die Verwendung von naturbelassenem Holz ist ein gut geplanter konstruktiver Holzschutz erforderlich – bei dieser Brücke u. a. umgesetzt durch die obere abgedichtete auskragende Betonplatte und die luftumspülten hölzernen Bauteile.
Zur Herstellung des Verbundes zwischen den Teilquerschnitten Holz und Beton sind in den letzten Jahren diverse Verbindungssysteme entwickelt und eingesetzt worden. Für Brückenkonstruktionen haben sich z. B. eingeklebte Stahlstäbe, eingeklebte Streckmetalle oder metallische Formteile, bestehend aus Stahlplatten mit aufgeschweißten Kopfbolzendübeln, bewährt. Die Auflagerung der Holz-Beton-Verbundbrücken erfolgt entweder über das Holz oder den Beton. Bei der Auflagerung über den Beton wird das Holz vor direkten Feuchtigkeitseinflüssen im Auflagerbereich geschützt. Einer Entstehung möglicher Schadensfälle wird dadurch vorgebeugt. Ein weiterer Vorteil dieser Konstruktionsart liegt in der Eliminierung von Quereindrückungen des Holzes, da Beton im Vergleich zu quer zum Faserverlauf beanspruchtem Holz deutlich höhere Druckspannungen aufnehmen kann.

Die Brücke im schweizerischen Le Sentier wurde 1991 in der ursprünglichsten Form einer Holz-Beton-Verbundbrücke erstellt: als Kombination von besäumten Fichtenrundholzstämmen mit einer oberseitigen Betonschicht. Beton und Holz sind über eingeklebte Dübel schubfest miteinander verbunden. Mit einer Länge von 13 Metern und einer Breite von 4 Metern ist die Brücke für die landwirtschaftliche Nutzung ausgelegt. Der Beton ist hierfür oberseitig noch zusätzlich mit einer 3 cm dicken bituminösen Verschleißschicht versehen.
Mögliche Ausführungsvarianten
Die einfachste Ausführungsvariante besteht aus Rundholzstämmen mit oben liegendem Betondruckgurt. Die Rundholzbalken können bei höheren Anforderungen durch veredelte hölzerne Produkte wie z. B. flach liegende Brettschichtholzplatten oder blockverleimte Brettschichtholzquerschnitte substituiert werden. Ein anderer Ansatz wird bei plattenbalkenförmigen Konstruktionen verfolgt – hier kommen in Kombination mit der Betonplatte hochkant stehende Brettschichtholzträger in unterschiedlichsten Varianten zum Einsatz. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, holzseitig auf bogenförmige Tragwerke oder Sprengwerke zurückzugreifen.

Mit einem Stich versehen, überspannt die Zweifeldbrücke in der Chiemgau Arena in Ruhpolding eine Länge von 16,2 Metern. Neun gebogene Brettschichtholzträger sind in einem Achsabstand von 1,5 Metern verlegt. Streckmetalle – holzseitig eingeklebt – stellen den Verbund mit der oberseitigen Betonplatte her, die auf eine verlorene Schalung aus 33 mm starken Furnierschichtholzplatten gegossen wurde. Die Brücke wird hauptsächlich als Biathlonbrücke genutzt, ist aus statischer Sicht jedoch auch für die Überfahrt einer Pistenraupe ausgelegt.
Es mag ein wenig verwundern, doch die Holz-Beton-Verbundbauweise ist kein Produkt der Wissenschaft und erst recht keines des ausgehenden 20. Jahrhunderts: Erste Patentanmeldungen, Anwendungen und Konstruktionen lassen sich bereits in die Zeit um 1920 / 1930 einordnen. Anschließend weitestgehend in Vergessenheit geraten, ist der Holz-Beton-Verbund erst jetzt als eigenständige Bauweise in der Fachwelt anerkannt.
Gilt dies auch für die Baupraxis? Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Die technischen Vorteile von Holz-Beton-Verbundkonstruktionen sind bewiesen, doch die erforderliche Zusammenarbeit von Holzbau und Stahlbetonbau bringt in der Praxis Hemmnisse mit sich. Welcher Holzbauer arbeitet »freiwillig« mit einem Stahlbetonbauer zusammen? Könnte es nicht auch nur »in Holz« gehen? Andererseits scheint Stahlbeton – aufgrund der enormen Erfolgsgeschichte im 20. Jahrhundert – in den Köpfen vieler Entscheidungsträger als Baustoff erster Wahl verankert. Wozu dann Holz-Beton-Verbundbau? Daher bedarf es wahrscheinlich einer Ingenieurgeneration, die dem Verbundbau aufgeschlossen gegenübersteht, einer konzertierten und nachhaltigen Öffentlichkeitsarbeit, die die Vorteile der HBV-Bauweise weit hinein in die Bauwelt trägt, sowie weiterer erfolgreicher Konstruktionen in der Praxis, die zur Nachahmung anregen, ehe die HBV-Bauweise flächendeckend im Baualltag an Bedeutung gewinnen kann.

Drei hölzerne Fischbauchträger aus Brettschichtholz sind mit einem 20 cm dicken Betondruckgurt verbunden und sorgen für eine optisch anspruchsvolle Brücke. Die Unidobrücke in Purkersdorf ist nicht nur als Fuß- und Radweg ausgelegt, sondern auch für den Straßenverkehr bis 3,5 Tonnen. Sie besitzt eine Spannweite von 17,6 Metern sowie eine Breite von 3,92 Metern. Die Betonplatte kragt seitlich jeweils 92 cm aus und schützt auf diese Weise das Holz vor direkter Bewitterung.