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»Wir benutzen einfach gern beide Materialien, Beton und Holz«
Tom Kaden im Gespräch mit Claus Käpplinger

erschienen in
Zuschnitt 45 Holz Beton Verbund, März 2012

Herr Kaden, seit Ihrem innerstädtischen Wohnhaus E3 in Berlin werden Sie und Ihr Partner Tom Klingbeil von vielen als Holzbauer bezeichnet. Doch eigentlich haben Sie dort keinen Holzbau errichtet, sondern ein Haus in Mischbauweise. Warum?

Es stimmt, dass unser Haus E3 keine reine Holzkonstruktion ist. Innerstädtisches Bauen mit Holz ab dem dritten Geschoss ist in Deutschland nur als Hybridkonstruktion möglich. Dennoch gelten wir seitdem vielen als Holzbauer. Doch wir benutzen einfach gern beide Materialien, Beton und Holz – nicht zuletzt, weil beide statisch gut miteinander verbunden werden können. Dabei erfolgte unser Einstieg in die Hybridbauweise primär aus städtebaulichen und funktionalen Abwägungen. Am Anfang stand die Idee, den Block bewusst nicht, wie sonst üblich, völlig zu schließen und das Treppenhaus vom Hauskörper abzurücken. Erst danach erfolgte die Wahl der Materialien, die uns konstruktiv zur Hybridbauweise führte.

Diese Hybridbauweise haben Sie in Ihren späteren Projekten weiterhin erfolgreich verfolgt. Allen scheint aber gemein zu sein, dass das Material Holz kaum sichtbar ist. Sollten Ihre Häuser nicht deutlicher zeigen, dass es sich um Hybridkonstruktionen handelt?

Aus dem Projekt E3 und den anderen, die folgten, entwickelte sich bei uns erst allmählich die Idee, den Werkstoff Holz deutlicher zu zeigen. Holz als eine Art von Tapete einzusetzen, ist uns einfach zu wenig. Das entspricht nicht den Potenzialen des Werkstoffs. Das ist der Grund, warum wir bei unseren ersten Projekten Holz bewusst nicht offen gezeigt haben. Wenn es wie bei uns primär konstruktiv eingesetzt wird, aber dafür im innerstädtischen Bereich eingekapselt werden muss, dann akzeptieren wir das und setzen keine Holztapete vor die Konstruktion.

Welche Vor- oder auch Nachteile ergeben sich für Architekten bei einer Hybridbauweise aus Holz und Beton? Viele deutsche Architekten präferieren ja klar den Massivbau und setzen Holz zumeist nur als Verkleidungs- oder Deckenmaterial ein.

Wenn man die Aspekte graue Energie, kurze Bauzeiten sowie die hohe Lebensdauer von Holz bei richtigem Einsatz gerade in einer Hybridkonstruktion betrachtet, dann wird deutlich, dass sie klassischen Massivbauweisen überlegen ist. Viele Holzbaufirmen aber sagen bei unseren Projekten: »Da ist der Kuchen zu klein für uns. Wir haben da zu viele Schnittpunkte mit dem Gewerk Stahlbeton.« Und dann kommt zumeist noch die Frage, welches Gewerk die Oberhand haben wird. Wir sind dabei immer geneigt zu sagen: Du, Holzbauer, hast die Oberhand und nimmst den Betonbauer dazu. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht, wenn wir auch schon Baustellen erlebt haben, wo es sehr schwierig war. Gerade die Frage der Maßhaltigkeit wird in beiden Gewerken sehr unterschiedlich behandelt. Der heutige Holzbau hat fast schon die Maßhaltigkeit einer Tischlerei erreicht, während der Betonbau in den Toleranzen (lacht) um einiges hinterherhinkt. Das macht die Zusammenarbeit oft schwierig. Wir haben viele Erfahrungen in den letzten Jahren gesammelt und sicher sind noch viele Probleme zu lösen. Wenn man etwa wiederkehrend nicht nur auf Fertigteile, sondern auch auf Ortbeton zurückgreifen muss, dann stellt sich das Problem der Feuchtigkeit. Wir wollen übrigens noch andere Mischungen versuchen, die wir aber noch nicht publik machen wollen.

Welche Möglichkeiten der Weiterentwicklung sehen Sie für Hybridkonstruktionen aus Holz und Beton? Welche Projekte wünschen Sie sich noch?

Ein wichtiger Punkt für uns ist, noch weiter in die Höhe zu gehen. Das bedeutet nun nicht einen Fünfzig-Geschosser, aber wir sehen gerade im städtischen Bereich die Notwendigkeit, hier und dort die Traufhöhe deutlich zu durchbrechen. Hinsichtlich der Bauzeiten und Maßhaltigkeit bieten Hybridkonstruktionen aus Holz einige Vorteile gegenüber anderen Bauweisen. Da fehlen uns nur noch die Bauherren, die anderes zulassen und wagen.

Zwei Wohnbauten für Berliner Baugruppen

Im vergangenen Jahr haben die Architekten Kaden Klingbeil gleich zwei weitere Wohnbauten für Berliner Baugruppen fertiggestellt: Einen fünfgeschossigen Wohnbau (b_12) für fünf Eigentümergruppen und einen (SW_40) für 15. Bei beiden Bauten ist die Primärkonstruktion aus Holz – doch in der Wahl der Decken unterscheiden sie sich. Die Bauherren von b_12 wollten das gleiche Deckensystem haben wie beim Wohnbau E3 – eine Holz-Beton-Verbunddecke mit Holzuntersicht.

Die Bauherren tauschen sich laut Tom Kaden auch untereinander aus und der Schallschutz, der bei den Holz-Beton-Verbunddecken im E3 wohl einwandfrei ist, ist bei diesen Gesprächen immer ein Thema. Bei SW_40 hingegen haben die Architekten den Bauherren drei Deckenvarianten zur Auswahl gestellt: Holz-Beton-Verbund, Platten- und Ortbetondecken. Hier entschied man sich mehrheitlich für Plattendecken, die aber schlussendlich doch nicht bei allen Parteien – wie zu Beginn beabsichtigt – sichtbar belassen wurden.

Tom Kaden
Architekt in Berlin, führt gemeinsam mit Tom Klingbeil das Büro Kaden Klingbeil
www.kaden-klingbeil.de


verfasst von

Claus Käpplinger

lebt als freier Architektur- und Stadtkritiker in Berlin und lehrt seit 2012 am Institut für Entwerfen und Gebäudelehre der TU Braunschweig.

Erschienen in

Zuschnitt 45
Holz Beton Verbund

Nicht nur nebeneinander, auch miteinander sind Holz und Beton starke Partner. Im schubfesten Verbund – ob bei der Sanierung von Balkendecken, dem Bau von Brücken oder als Verbunddecke im mehrgeschossigen Hochbau – können sie Großartiges leisten.

 

8,00 €

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Zuschnitt 45 - Holz Beton Verbund