Daten zum Objekt
Standort
Kristiansand/NO Google Maps
Bauherr:in
Stiftelsen Friluftssykehuset, Oslo/NO
Architektur
Snøhetta, Oslo/NO, www.snohetta.com
Statik
Lindal Hus, Akland/NO, www.lindalhus.no
Holzbau
Lindal Hus, Akland/NO, www.lindalhus.no
Fertigstellung
2018
Typologie
Ein Freiluftzimmer für Langzeitpatient:innen
Dass ein Aufenthalt in der Natur positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat, ist nicht erst seit dem nun auch in Europa weitverbreiteten Trend des Waldbadens belegt. Was jedoch, wenn ein solcher Aufenthalt in der Natur nicht so ohne Weiteres möglich ist – etwa aufgrund langanhaltender Krankheitsphasen und damit einhergehender Krankenhausaufenthalte?
Aus persönlicher Erfahrung heraus setzte sich Håvard Hernes, Gründer der norwegischen gemeinnützigen Friluftssykehuset Foundation, zum Ziel, sterilen Krankenhauszimmern und -gängen einen Rückzugsort menschlichen Maßstabs in der Natur entgegenzusetzen, der Langzeitpatient:innen zumindest für einen kurzen Zeitraum die Möglichkeit bietet, abseits ihrer Zimmer auf den Stationen zur Ruhe zu kommen und in einem wohnlichen und geschützten Umfeld Zeit mit ihren Angehörigen zu verbringen.

Ein Zimmer inmitten der Natur
In enger Zusammenarbeit mit der Abteilung für Psychosomatik und Kinderpsychiatrie des Universitätskrankenhauses Oslo und dem Architekturbüro Snøhetta konnte Hernes’ Idee 2018 in Form zweier sogenannter Outdoor Care Retreats umgesetzt werden. Von Baumhäusern inspiriert, befinden sich die beiden Einheiten jeweils in unmittelbarer Umgebung zu ihren Krankenhäusern in Oslo (Universitätskrankenhaus Rikshospitalet, mit jährlich 1,2 Millionen Patient:innen das größte Skandinaviens) sowie im Süden Norwegens in Kristiansand (Sørlandet Krankenhaus). Mit einer Entfernung von etwa 100 Metern vom Krankenhaus sind die in der Natur gelegenen Rückzugsorte gerade fern genug, um einen räumlichen und gedanklichen Abstand zum Krankenhausalltag zu schaffen, jedoch gleichzeitig nah genug, um die medizinische Notfallversorgung zu gewährleisten. Durch Stege sind die Einheiten barrierefrei via Rollstuhl und Krankenbett erreichbar.

Die jeweils etwa 35 m2 großen Pflegeeinheiten bestehen aus zwei Modulen und eignen sich daher zur Vervielfältigung und Installation auch andernorts. Der Eingriff in die Natur wird durch die Lagerung auf Stützen möglichst minimiert. Der Entscheidung für den Baustoff Holz liegt der Gedanke zugrunde, für Kranke und deren Angehörige ein Gefühl von Wohnlichkeit und Geborgenheit zu schaffen, das im starken Kontrast zu den antiseptischen Materialien der Krankenhauszimmer und -flure steht. Decke, Boden und Wände sowie alle Einbauten bestehen aus Eichenholz, der Eingangsbereich aus schwarzem Zinkblech.
Das Innere gliedert sich in einen Hauptraum, einen kleineren Therapieraum sowie einen Sanitärbereich. Bunte, modulare Sitzkissen bieten die Möglichkeit, den Raum an die Bedürfnisse der Nutzer:innen anzupassen, während Dachluken den Blick in den Himmel freigeben. Großflächige, teils öffenbare Verglasungen stellen eine Sichtbeziehung in den Wald her und ermöglichen es, die Sinneseindrücke der Natur in den Raum zu holen und in den Behandlungsprozess einzubinden.

Pause vom Krankenhausalltag
Maren Østvold Lindheim, Kinderpsychologin am Osloer Universitätskrankenhaus, berichtet, dass die Outdoor-Pflegeeinheiten Patent:innen enorm dabei helfen, Stress und Angst zu reduzieren, und ihnen eine langersehnte Pause von der Krankenhausumgebung bieten. Die Kosten von etwa 600.000 Euro pro Einheit wurden durch Spenden von den Krankenhäusern, dem norwegischen Staat sowie privaten Geldgeber:innen gedeckt. Erklärtes Ziel der Initiative ist, künftig möglichst viele Krankenhäuser – in Norwegen und darüber hinaus – mit solchen Rückzugsorten zu erweitern, in denen man sich gleichzeitig sowohl im geschützten Innenraum als auch in der Natur aufhalten kann.