Daten zum Objekt
Standort
Oldham/UK Google Maps
Bauherr:in
Maggie Keswick Jencks Cancer Caring Trust, Glasgow/UK, www.maggies.org
Architektur
dRMM, London/UK, www.drmm.co.uk
Statik
Booth King Partnership, Ramsbottom/UK, www.booth-king.co.uk
Holzbau
Züblin Timber, Aichach/DE, www.zueblin-timber.com
Fertigstellung
2017
Typologie
Holz fürs Seelenwohl in Oldham
Die unter dem Namen Maggie’s Cancer Care Centres entstandenen Krebshilfezentren bilden ein Netzwerk, das sich über ganz Großbritannien erstreckt. Wie nebenbei sind die im Laufe der Jahre umgesetzten Projekte zu einflussreichen Vertretern von Holzarchitektur geworden.
Die Maggie’s Centres wurden 1995 von der Künstlerin Maggie Keswick Jencks und ihrem Mann, dem Architekturtheoretiker Charles Jencks, ins Leben gerufen, kurz nachdem Keswick Jencks eine Krebsdiagnose erhalten hatte und ihr noch drei Monate zu leben gegeben worden waren. Der Ort, an dem man dies dem Paar mitteilte, war ein Krankenhausflur im Royal Infirmary of Edinburgh, wo Keswick Jencks behandelt wurde. Das schockierende Erlebnis veranlasste die beiden – ein gut vernetztes Paar –, ihr erstes Maggie’s Centre zu gründen. Ihr Ziel war, mithilfe von gutem Design und Architektur Orte zu erschaffen, die Halt geben und Trost spenden – denjenigen, die die traumatische und schmerzvolle Erfahrung einer Krebsdiagnose durchmachen oder sich mit dem Tod konfrontiert sehen.
Maggie Keswick Jencks lebte noch zwei Jahre lang und konnte auf dem Gelände des Royal Infirmary of Edinburgh das erste Maggie’s Centre ins Leben rufen. Charles Jencks beschreibt es als „Architektur der Hoffnung“. Von Schottland ausgehend wuchs das Netzwerk der Maggie’s Centres weiter – auf inzwischen 27 Zentren in ganz Großbritannien. Sie alle vermitteln eine warme Atmosphäre und den Anspruch, Patient:innen ein Zuhause zu bieten. In beinahe allen spielt Holz eine wichtige Rolle. Die Wärme des Materials und seine Fähigkeit, Menschen in Not Halt zu geben, wird auf die unterschiedlichsten Arten wirksam. Für den Bau eines der frühen Zentren in Schottland holten die Jencks’ den mit ihnen befreundeten Frank Gehry an Bord. Auf Pro-bono-Basis entwarf er das Maggie’s Centre in Dundee – ein kleines Juwel aus Holz, eröffnet im Jahr 2004. Viele weitere Büros – teilweise das Who’s Who der internationalen Architekturszene wie Zaha Hadid, Rem Koolhaas oder Daniel Libeskind – folgten seitdem Gehrys Beispiel und entwarfen Maggie’s Centres. Viele verwendeten in ihren Entwürfen Holz.
Holz im Mittelpunkt
In den letzten Jahren eröffneten zwei neue Zentren, die noch einen Schritt weiter gehen. Bei den Maggie’s Centres von dRMM in Oldham (2017) und von Thomas Heatherwick in Leeds (2019) steht Holz als Baumaterial zur Gänze im Mittelpunkt. Für das Maggie’s-Netzwerk beginnt damit ein neues Kapitel. „Kein Zweifel – wir haben von Alex de Rijke unglaublich viel gelernt“, sagt Laura Lee, Geschäftsführerin der Maggie’s Centres und Keswick Jencks’ ehemalige Krankenpflegerin. De Rijke, Mitgründer und -geschäftsführer von dRMM, ist schon lange ein fast missionarischer Anhänger von Holz als Baumaterial. Sein poetischer Entwurf für das Maggie’s Centre in Oldham ist ein leicht erhöhter Würfel, der über einem abgesenkten Garten schwebt. In seiner Mitte wächst eine Birke aus einem mit Glas umgebenen, organisch geformten Innenhof empor.
Eine breite Palette natürlicher Materialien ist in diesem Gebäude verarbeitet, doch die Atmosphäre wird maßgeblich durch das Hauptmaterial, American Tulipwood, bestimmt. Ganze 27,6 m3 wurden hier verbaut. Neben diesem charakterstarken Holz kamen beispielsweise auch Kork in den Trennwänden oder Eichenholz für Türgriffe zum Einsatz. Unbehandelte Birkenstämme schließen die Geländer des am Eingang gelegenen Balkons ab. Oldham wurde zum Vorzeigeprojekt für Naturstoffe – ein überraschender Gegensatz zu den leuchtenden Farben von dRMMs früheren Entwürfen. „Es ist nicht unsere Aufgabe, bestimmte Baumaterialien zu spezifizieren“, bemerkt Lee. Stattdessen wird bei Maggie’s Wert darauf gelegt, mit empathischen und mitfühlenden Architekt:innen zu arbeiten. „Es geht um eine bestimmte Gegenseitigkeit: das Geben und Empfangen von Freundlichkeit und Güte.“ Es ist dieser Grundgedanke, der die Planenden oft dazu bringt, Holz als Baumaterial zu wählen.
Außen und innen Natur
Das Maggie’s Centre in Leeds von Thomas Heatherwick ist ein weiteres Beispiel. Es liegt auf einem winzigen Grundstück auf einem Hügel vor dem städtischen Krankenhaus. Heatherwicks Antwort auf das schwierig zu bebauende Areal ist ein vierstöckiges Gebäude mit offener Raumaufteilung. Der für das Büro charakteristische Ansatz, die Natur überall dazuzuholen und Innen- und Außenwelt ineinander übergehen zu lassen, spiegelt sich hier allseits wider, von der Inneneinrichtung bis zur Dachterrasse und der gesamten Außengestaltung.
Der Innenbereich ist komplett auf das Material Holz ausgerichtet. Von vier Raumkapseln aus durchziehen Rippen aus Brettschichtholz den Raum und vermitteln eine beruhigende Präsenz. Es ist ein kunstvoll gefertigtes Gebäude mit unzähligen freiliegenden Holzelementen, darunter 27 schlanke Säulen aus Baubuche. Speziell angefertigte Einrichtungsgegenstände und Elemente, zum Beispiel zwei Tische mit Tischplatten aus Kork, ergänzen die Ästhetik. Lee merkt an, dass Kork Geräusche von Geschirr und Besteck auf angenehme Weise dämpft – ein kleines, aber aussagekräftiges Detail, das zur allgemeinen friedlichen Atmosphäre beiträgt.
Die Zentren in Oldham und Leeds haben Maggie’s ins Gespräch gebracht, wenn es um Holzbau in der Architektur geht, um gestaltete Natur und darum, Holz und andere Naturstoffe weitgehender einzusetzen. An der Planung des nächsten Maggie’s Centre – in Maidstone – arbeitet derzeit das Team von Assemble, ein Garant dafür, dass es demnächst wieder Gesprächsstoff gibt.