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Raumklima, Emissionsverhalten, Hygiene
Gesundheitsrelevante Aspekte beim Einsatz von Holz in Gesundheitsbauten

erschienen in
Zuschnitt 84 Gesundheitsbauten in Holz, März 2022

Im Vergleich zu früheren Generationen verbringen Menschen heute einen weitaus größeren Teil ihrer Zeit in geschlossenen Räumen. Umso wichtiger ist es, in Innenräumen ein gesundes Klima und eine hohe Luftqualität zu gewährleisten – jedenfalls schadstofffrei, im besten Fall das Wohlbefinden und die Gesundheit fördernd. Letzteres ist vor allem in Bauten des Gesundheitswesens von besonderer Bedeutung.

Die Qualität von Raumluft und Raumklima wird durch vielfältige Faktoren bestimmt, die in Wechselbeziehung zueinander wirken: objektiv messbare wie Raum- oder Oberflächentemperatur, Material- oder Luftfeuchte und eher subjektiv wahrnehmbare und empirisch erfassbare wie Ästhetik, Haptik oder Geruch. Von allen diesen Aspekten stehen vor allem die sogenannten VOC im Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen, wenn es um die gesundheitsrelevanten Aspekte beim Einsatz von Holz geht. Die Abkürzung steht für „volatile organic compounds“ und bedeutet „flüchtige organische Verbindungen“. Als Quelle der VOC gelten sämtliche uns umgebende Pflanzen, Materialien und Produkte: Beton, Farben und Lacke, Textilien, Teppiche und Möbel, Putzmittel und Parfüm.

Holz und Holzwerkstoffe setzen materialbedingt natürliche und beispielsweise durch Verklebungen herstellungsbedingte flüchtige Substanzen frei. Diese sind als Emissionen messbar und zum Teil auch als typischer Geruch von Holz wahrnehmbar. Holzeigene Duftkomponenten sind in Innenräumen wie im Wald zu finden und werden in den meisten Fällen als wohltuend empfunden. Was aber sagen wissenschaftliche Untersuchungen dazu?

Im Rahmen des Forschungsprojekts HOMERA wurde am Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion der TU München das Potenzial der gesundheitlichen Auswirkung von Holz und holzbasierten Produkten auf den Menschen untersucht. In einer Metastudie wurden mehr als 42 Studien analysiert. Die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse haben wir zusammengefasst.

Emissionen

Eine Versuchsanordnung zeigte, dass die Luftqualität eines Raumes von den Materialien abhängt, die beim Innenausbau verwendet werden, noch mehr jedoch von den Tätigkeiten der Nutzer:innen. Beispielsweise setzt das Schälen einer Orange mehr Emissionen frei als das im Innenausbau verwendete Holz.

Die Konzentration der VOC ist vor allem unmittelbar nach dem Verbau bzw. in neuem Zustand erhöht (z. B. neue Bodenbeläge und Möbel), nimmt aber im Laufe der Zeit und des Gebrauchs ab: Nach zwei Monaten sinken die Emissionen auf einen Durchschnitts- bzw. Tiefststand. Untersuchungen zu Langzeitemissionen (Laufzeit zwei Jahre) zufolge kann die Summe der VOC-Konzentration als unbedenklich eingestuft werden. Zusätzlich erfasste medizinische Daten mit Testpersonen zeigten selbst bei erhöhten Emissionswerten keine physischen Beeinträchtigungen, etwa der Schleimhäute oder des Atemwegsystems.

Holz und Hygiene

Zahlreiche Studien belegen, dass Holzober­flächen auch für die Verwendung in Bereichen mit erhöhten Hygienebestimmungen geeignet sind. Bei der Lebensmittelverarbeitung ergab ein Vergleich von Schneidbrettern aus Holz bzw. Polyethylen (PE) folgendes Bild: Feuchte Bretter wiesen einen gleich hohen Anteil an Bakterien auf, der auch durch maschinelles Waschen kaum reduziert werden konnte. Auf trockenen ­Holzbrettern wurden deutlich weniger Bakterien gezählt als auf PE-Brettern. Im Langzeitgebrauch, bei Brettern mit deutlichen Schnittspuren, bietet die poröse Oberfläche von Holz den Keimen schlechtere Wachstumsbedingungen und ist somit im Vorteil.

Doch wie hygienisch ist der Einsatz von Holz im Gesundheitsbau? Einige Untersuchungen zeigten, dass z. B. auf dem Kernholz der Kiefer krankenhaustypische Keime schneller absterben als auf Kunststoffoberflächen aus PE und Melamin. Eine weitere Forschungsfrage war, wie Holzoberflächen beschaffen sein müssen, damit sie antibakteriell wirken. Demnach wirkt unbehandeltes Eichen- und Kiefernholz stärker antimikrobiell als behandeltes Holz und geöltes stärker als lackiertes. Die Bakterienzahlen korrelieren demnach stark mit der Absorptionskapazität des Holzes: Je weniger Absorption möglich ist, desto länger sind die Bakte­rien nachweisbar. Holz kann zwar in hochsensiblen Bereichen wie Operationssälen nicht sinnvoll eingesetzt werden, auf den Sta­tionen und im Bereich der Zimmer für Patient:innen ist es jedoch ­unbedenklich, in vielerlei Hinsicht sogar gesundheitsfördernd.

Wahrnehmung

Die Wahrnehmung einer Umgebung wird maßgeblich vom ersten Eindruck eines Raumes bestimmt. Aus psychologi­scher Sicht ist daran Empfinden gekoppelt. Messbar ist dies durch Veränderungen von Blutdruck, Herzfrequenz und Gehirnaktivität. Räume, die mit natürlichen Materialen wie Holz ausgestattet sind, werden als warm, angenehm und erholsam empfunden. Die Wirkung zeigt sich u. a. durch eine deutliche Abnahme des Blutdrucks und andere Indikatoren für erhöhtes oder reduziertes Stressempfinden wie die Hautleitfähigkeit.

Wie ein Raum wahrgenommen wird, hat Einfluss auf die Aktiviertheit und das subjektive Wohlbefinden. So stufen Proband:innen die Luftqualität in Räumen mit natürlichen Materialien besser ein, empfinden Holzoberflächen als gemütlich und beruhigend. Die Wirkung von Holzoberflächen auf das mikrobiologische Klima in Räumen – auf Wachheit und Müdigkeit oder Angespanntheit und Gelassenheit – lässt sich auch durch messbare Werte in ­Bezug auf die Reaktionsfähigkeit und Herzfrequenz nachweisen: Natürliche Materialien, die in einem Raum verbaut sind, beeinflussen die Leistungs- und Erholungsfähigkeit positiv.

TU München – Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion
Arcisstraße 21
80333 München/DE
T +49 (0)89/289 224 17
www.cee.ed.tum.de
Stefan Winter
winter(at)tum.de

Holzforschung Austria
Franz-Grill-Straße 7
1030 Wien/AT
T +43 (0)1/798 26 23-22
www.holzforschung.at
Elisabeth Habla
e.habla(at)holzforschung.at

Der Beitrag ist eine Zusammenfassung einer Broschüre zur Studie HOMERA – Gesundheitliche Interaktion von HOLZ – MENSCH – RAUM. Eine Metastudie des Lehrstuhls für Holzbau und Baukonstruktion der TU München in Kooperation mit proHolz Bayern, München 2017.

Der Gesamtbericht mit detaillierten Angaben zu den einzelnen Quellen, Versuchs­anordnungen und Studien ist online verfügbar unter: www.cee.ed.tum.de/hbb


verfasst von

Christina Simmel

leitende Redakteurin der Zeitschrift Zuschnitt

Erschienen in

Zuschnitt 84
Gesundheitsbauten in Holz

Was kann ein Gebäude aus Holz zu Genesung, Gesundheit und Wohlbefinden beitragen? Antworten darauf finden Sie in diesem Zuschnitt.

8,00 €

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Zuschnitt 84 - Gesundheitsbauten in Holz