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Holz(an)stoß
Leonardo Drew

erschienen in
Zuschnitt 87 Holz, Lehm, Stroh, Dezember 2022

Der 1961 in Tallahassee, Florida, geborene Künstler Leonardo Drew wuchs in Bridgeport, Connecticut, auf und begann seine künstlerische Laufbahn bereits in jungen Jahren. Drew stellte seine Werke erstmals im Alter von 13 Jahren öffentlich aus und seine zeichnerischen Arbeiten erregten sofort die Aufmerksam­keit von Talente-Scouts von DC und Marvel ­Comics. Nachdem er aber mit Werken von Künstlern wie Jackson Pollock in Berührung kam und die Ab­strak­tion als Kunstrichtung kennenlernte, ließ er sich auch von anderen prozessorientierten Arbeiten der amerikanischen und europäischen Nachkriegskunst inspirieren. Drew beschloss daraufhin, sich auf seine Ausbildung in der bildenden Kunst zu konzentrieren und seinen Weg in der Abstraktion zu finden. Er ­besuchte die Parsons School of Design in New York und erwarb 1985 seinen BFA an der Cooper Union.

Heute arbeitet Drew an abstrakten Wandskulpturen und Installationen, die er mittels orchestrierter ­Anhäufung unterschiedlicher Materialien realisiert. Die spezifisch auf den jeweiligen Ort reagierenden additiven Werke zeigen große, dramatische Gesten, die durch komplexe, penibel ausgearbeitete Details ausgeglichen werden. In der Regel arbeitet der Künstler mit Holz, verwendet aber auch andere ­Materialien wie Lehm, Stroh, Metall und Keramikscherben. Durch Brennen, Verwitterung, Oxidation oder Bemalung unterwirft er sie einem bewusst herbeigeführten Alterungsprozess.

Im Mittelpunkt stehen Komposition und Form. Die Werke sind zudem von hoher symbolischer ­Bedeutung und verweisen auf Verfall, Erosion und dystopische Landschaften – sie evozieren Vergänglichkeit, den Zyklus der Natur und die Zeit.

Drews Skulpturen werden oft fälschlicherweise für Assemblagen aus gefundenen Objekten gehalten, tatsächlich bestehen sie aber aus neuen Materialien, aus Holz, rostigem Eisen, Baumwolle, Papier und Stroh. Unabhängig davon, ob seine Arbeiten aus einer Wand herausragen oder als freistehende Installa­tionen platziert werden, fordern sie die Architektur des Raums, in dem sie gezeigt werden, heraus.

Letztlich sind Drews Arbeiten auch eine Auseinandersetzung mit seinen Erinnerungen an die Umgebung seiner Kindheit. Viele dieser Orte – vom Sozialbau, in dem er lebte, bis zur angrenzenden Mülldeponie – tauchen in den komplizierten Gittern und Konfigurationen seiner Werke auf. In Drews Händen werden diese Rohmaterialien so umgewandelt, dass sie wie Schutt aussehen.

Obwohl seine künstlerische Praxis in den Kunstrichtungen der 1950er und 1960er Jahre verwurzelt ist, beispielsweise im abstrakten Expressionismus, im Minimalismus und der Arte Povera, betrachtet Drew – beeinflusst von nicht westlichen philosophischen Traditionen – seine Arbeit als Reflexion auf die zyklische Natur der Zeit, die kontinuierlichen Prozesse der Transformation und die Verbundenheit aller Dinge. Dies zeigt sich vielleicht am deutlichsten in der Praxis des Künstlers, Teile früherer Werke in neuere Arbeiten zu integrieren.

Die hier abgebildete Arbeit „Number 48S“ von 2014, die aus Holz, Stroh, Blattgold und Gouache auf ­Papier besteht, zeigt die gesamte künstlerische Bandbreite im Werk von Leonardo Drew. Das verkohlte Holz und das schimmernde Gelb des Strohs und des Blattgoldes versinnbildlichen auf eindrückliche Weise die Kraft der Erneuerung, die, von der Natur ausgehend, alles vermeintlich Abgestorbene wieder zu neuem Leben erweckt.

Leonardo Drew

geboren 1961 in Tallahassee, Florida, USA, Studium an der Parsons School of Design und der Cooper Union, New York
Lebt und arbeitet in Brooklyn, New York

Einzelausstellungen (Auswahl)

  • 2022
    Goodman Gallery, London
    Cycles, from the Collections of Jordan D. Schnitzer Foundation, Zuckerman Museum of Art, Kennesaw State University
  • 2021
    Galerie Lelong & Co., New York
    Two Projects, Wadsworth Atheneum Museum of Art, Hartford
    Galerie Lelong & Co., Paris
  • 2020
    Making Chaos Legible, North Carolina Museum of Art, Raleigh
    Hammer Museum, Los Angeles
  • 2019
    Galerie Lelong & Co., New York
    Pearl Lam Galleries, Hongkong
  • 2017
    CAM Raleigh, Raleigh
    Talley Dunn Gallery, Dallas

Gruppenausstellungen (Auswahl)

  • 2022
    What’s Going On, Rubell ­Museum, Washington, D.C.
    A Celebration of Trees, ­Southampton Arts Center, Southampton, New York
  • 2021
    New Prints and Editions, Galerie Lelong & Co., New York
    Hockney to Warhol. Contemporary Drawings from the Collection, The McNay Art Museum, San Antonio
  • 2020
    Waking Dream, Ruby City, San Antonio
    Polyphonic. Celebrating PAMM’s Fund for African American Art, Perez Art ­Museum Miami
  • 2019
    Young, Gifted, and Black, OSilas Gallery at Concordia College, Bronxville, New York
    Solidary and Solitary. The Joyner/Guiffrida Collection, Smart Museum, Chicago
  • 2018
    Talisman In the Age of Difference, Stephan Friedman Gallery, London

Erschienen in

Zuschnitt 87
Holz, Lehm, Stroh

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8,00 €

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Zuschnitt 87 - Holz, Lehm, Stroh