Daten zum Objekt
Standort
Paris/FR Google Maps
Bauherr:in
SEMAPA, Paris/FR, www.semapa.fr
Architektur
LA Architectures, Paris/FR, www.la-architectures.comAtelier Desmichelle Architecture, Paris/FR, www.atelierdesmichellearchitecture.fr
Statik
Mecobat, Le Pecq/FR, www.mecobat.comGaujard technologie Scop, Avignon/FR, www.bet-gaujard.com
Holzbau
Charpente Bois Goubie JP, Prigonrieux/FR
Fertigstellung
2019
Typologie
Urbane Nachverdichtung mit nachwachsenden Rohstoffen
In Frankreichs Hauptstadt Paris war nachhaltiges Bauen aufgrund der komplizierten Baustellenlogistik im Stadtkern und fehlender Handwerker:innen bis 2015 noch nicht wirklich angekommen. Doch Axelle Acchiardo und Corentin Desmichelle hatten richtungweisende Ambitionen, als sie sich in Kooperation am Wettbewerb eines städtischen gemischtwirtschaftlichen Unternehmens für einen Kindergarten beteiligten. Auf einem ursprünglich mit einer kleinen Schule bebauten Grundstück, die zugunsten der urbanen Nachverdichtung weichen musste, sollte ein Neubau konzipiert werden. Den engen Rahmen an städtebaulichen Vorgaben bezüglich der Bebaubarkeit des Grundstücks möglichst effizient zu nutzen, war eine der Schlüsselaufgaben, die das Planungsteam lösen musste. Neben dieser war der eigene Anspruch an das neue Gebäude bei einem Projekt im Zentrum von Paris und mit solchen Verdichtungszielen die größere Herausforderung. „Wir suchten für alle Teile der Konstruktion Materialien, die keinen petrochemischen Ursprung haben“, so Acchiardo.
Dass ihnen dieses Vorhaben gelang, zeigen mehrere Gütezeichen, mit denen der Kindergarten 2019 ausgezeichnet wurde: BBCA (Low-Carbon Building), Passivhaus, Bâtiment Biosourcé 2 (staatliches Gütezeichen für biobasierte Gebäude). Direkt im Anschluss baute die Stadt Paris in Eigenproduktion sogar ein Schulgebäude ohne jeden Einsatz von Zement. Heute – nur drei Jahre nach der Übergabe des Kindergartens – setzt sie „für alle [ihre] Schulen voraus, dass nur mehr nachwachsende Rohstoffe im Neu- und Umbau zum Zug kommen“, so Jacques Baudrier, stellvertretender Bürgermeister für städtisches Bauwesen.
Der Hochbau besteht fast ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen: Den Großteil machen vorgefertigte Wandelemente als Hohlkastenkonstruktion und Strohballenisolierung aus. Corentin Desmichelle verweist auf die positiven Folgen: „Auch wenn das Stroh herstellerbedingt nicht aus der Region kam, trug dieses Projekt dazu bei, dass in der ganzen Île-de-France heute Märkte und Firmen entstehen, die den lokalen Stroh- und Holzbau tragen.“ Die Decken aus Brettsperrholz, zum Teil mit Stahlelementen verbunden und verstärkt, wurden mit einem Estrich akustisch beschwert und mit einer Fußbodenheizung versehen. „Die Vorfertigung der Bauteile hat im urbanen Raum viele Vorteile, insbesondere für wassersensible Baustellen, die dementsprechend auch schneller, sauberer und präziser abgewickelt werden können“, so Desmichelle.
Auch das Dach besteht aus Brettsperrholz. Dazu kamen als Isoliermaterial Schaumglasblöcke zum Einsatz. Diese sind zwar an sich nicht nachhaltig, bestehen jedoch zu 60 Prozent aus wiederverwertetem Glas. Sie sind in der Lage, so schwere Lasten zu tragen, dass sogar Dachgärten mit ausreichendem Pflanzvolumen für Bäume angelegt werden können. Deren Gewicht erklärt, weshalb Decken und Wände des Erdgeschosses mit Stahlbeton gebaut werden mussten. Beim Treppenhaus kam aus statischen Gründen ebenfalls Stahlbeton zum Einsatz. Fassaden wurden mit zum Teil horizontalen, zum Teil vertikalen Lärchenbrettern verkleidet. Und dank einer gut überlegten Ausschreibung gelang es, Ziegel aus einer nahe gelegenen, traditionellen Ziegelei zu beziehen.
Auch der Innenausbau besteht hauptsächlich aus Holz und Biomaterialien: abgehängte Decken mit Holzwolledämmung, Trennwände, Treppen, Fenster, Türen, Möbel. Im Endeffekt ist dieser Kindergarten sowohl ein mittelgroßer, atmungsaktiver Bau aus nachhaltigen Rohstoffen als auch ein vielfältiger Naturraum für Kinder, Pflanzen und Stadttiere.