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Wohnprojekt Auenweide in St. Andrä-Wördern

erschienen in
Zuschnitt 87 Holz, Lehm, Stroh, Dezember 2022

Daten zum Objekt

Standort

St. Andrä-Wördern/AT Google Maps

Bauherr:in

Verein Wohnprojekt Wördern, St. Andrä-Wördern/AT, www.auenweide.at

Architektur

einszueins architektur, Wien/AT, www.einszueins.at

Statik

KPZT Kurt Pock, Klagenfurt/AT, www.kurtpock.at

Holzbau

Lieb Bau Weiz GmbH, Weiz/AT, www.lieb.at

Fertigstellung

2022

Typologie

Wohnbauten

Cradle to Cradle dank Selbstbau

„Wild – heimelig – organisch – vielschichtig – magisch“ lauten die Leitbegriffe, die von den Gründer:innen als richtungweisend für die architektonische Umsetzung des Wohnprojekts Auenweide im niederösterreichischen St. Andrä-Wördern ausgearbeitet ­wurden. Heruntergebrochen auf die Wahl der Baustoffe bedeu­tete dies, möglichst naturnahe, gesunde und in der Entsorgung unproblematische Materialien einzusetzen und nach dem Prinzip Cradle to Cradle zu bauen.

Das ist, wenn man weder die Entsorgungskosten noch die Folgen für die Umwelt betrachtet, teurer als die heute üblichen Bau­weisen. Während es aber im privaten Einfamilienhausbau wie im mehrgeschossigen Wohnbau deshalb meist heißt: „aus Kostengründen nicht möglich“, mussten in der Auenweide bei den Baustoffen deswegen keine Abstriche gemacht werden.

„Der Baurealität in die Augen zu sehen, ist etwas anderes, als Ziele zu formulieren“, fasst Christian Lechner im Rückblick zusammen. Er war eines jener Mitglieder der Baugruppe, die halbtags beschäftigt die bauliche Umsetzung sehr professionell koordinierten.

 

Die acht Mehrfamilienhäuser mit 25 Wohneinheiten und das auf runden Grundrissen komponierte Gemeinschaftsgebäude entstanden ohne Bauträger in Selbstorganisation. Dass mit einszueins architektur ein Büro mit an Bord war, das es in den vergangenen Jahren zu reichlich Erfahrung mit Baugruppen und ökologischen Bauweisen gebracht hat, war ebenso hilfreich wie die Erfahrungen einzelner Gruppenmitglieder aus früheren Wohnprojekten. Was Planung und Organisation anging, war man also perfekt aufgestellt, beim Handwerklichen lautete die Devise „Learning by Doing“.

Als Mitglieder des Vereins Wohnprojekt Wördern mieten die Bewoh­ner:innen ihre 35 bis 115 m2 großen Wohnungen um 9 Euro/m2 (inklusive Betriebskosten und Heizung) vom Verein – das kann mit dem geförderten Wohnbau mit niedrigeren Materialansprüchen durchaus konkurrieren. Ein wesentlicher Beitrag zur Wirtschaftlichkeit ist zunächst der hohe Grad an Standardisierung durch Grundmodule mit gleichen Deckenspannweiten, die, gedreht und gespiegelt, zu einander ähnlichen, aber nicht gleichen Häusern mit (Maisonette-)Wohnungen gefügt wurden. Die Finanzierung über das alternative Modell Vermögenspool trägt ebenso zur Leistbarkeit bei. Und schließlich war es nach vorheriger Anleitung durch Fachleute unumgänglich, bei einfacheren Arbeiten selbst Hand anzulegen.

Die Niedrigstenergiehäuser wurden als vorgefertigte Holzständerbauten errichtet. Die zweischaligen Sandwich-Holzelemente wurden mit vor Ort eingeblasenem Stroh gedämmt und außen mit einer vertikalen Lärchenschalung in vier Brettbreiten verkleidet. Die Jute-Dämmplatten in der Installationsebene wurden von der Bewohnerschaft mit der Kreissäge zugeschnitten und verlegt.

So war man preislich gleichauf mit einer Mineralwolldämmung, die mit Verlegung das Gleiche gekostet hätte – der Preisunterschied bei der etwaigen künftigen Entsorgung ist da noch nicht kalkuliert. Den Trockenbau aus 2,2 cm starken Lehmplatten auf einer Metall-Unterkonstruktion erledigten Profis. In den Run­dungen des Gemeinschaftsgebäudes kam statt der Platten Lehmputz über einem Putzträger aus Schilfrohrmatten zum Einsatz. Weil aufgrund der besseren Tanz-Tauglichkeit ein Schwingboden verlegt wurde, ist in den Putz die Wandheizung integriert. Der Lehmfeinputz wurde in Eigenregie aufgebracht.

Das Bauen im Einklang mit der Umwelt beschränkt sich in der Auen­weide nicht auf die Baustoffe. Eine Grundwasser-Wärmepumpe und ein Niedrigtemperatur-Nahwärmenetz bewerkstelligen die Wärmeversorgung, Photovoltaik liefert den Strom. Der zentrale Platz mit geschwungenen unversiegelten Wegen, einer begrünten Sickermulde und dem mit Aushubmaterial geformten Spielhügel verbinden auch im Freiraum hohe ökologische Standards mit alltagstauglicher und zugleich ästhetischer Gestaltung.


verfasst von

Franziska Leeb

geboren 1968, Architekturpublizistin, lebt in Wien 

Erschienen in

Zuschnitt 87
Holz, Lehm, Stroh

Ideale Partner für klimaneutrales, ressourcenschonendes Bauen

8,00 €

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Zuschnitt 87 - Holz, Lehm, Stroh