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Historische Torfremise in Schechen

erschienen in
Zuschnitt 88 Reuse und Recycling, März 2023

Daten zum Objekt

Standort

Schechen/DE Google Maps

Bauherr:in

privat

Architektur

ZRS Architekten Ingenieure, Berlin/DE, www.zrs-berlin.deGuntram Jankowski, Berlin/DE, www.guntram-jankowski.de

Statik

ZRS Architekten Ingenieure, Berlin/DE, www.zrs-berlin.de

Zimmerarbeiten

Bundwerk – Zimmerermeister Michael Bauer, Bad Endorf/DE, www.bundwerk-zimmerei.de

Fertigstellung

2015

Typologie

Gemischte Nutzung

Ein neues ­Wohn- und Werkstatthaus in altem Gewand

In Kolbermoor sollte eine einst zum Trocknen von Torf errichtete offene Fichtenholzkonstruktion abgerissen und entsorgt werden. Doch der Korbflechter und Zimmermann Emmanuel Heringer und die Schmiedemeisterin Stefanie Heringer sahen in ihr das ­Potenzial für ein außergewöhnliches Projekt. Sie demontierten das mit reversiblen Zimmermannsverbindungen gefügte Bauwerk und setzten es anhand der alten Zimmermannszeichen am 10 km entfernten neuen Bauplatz in Schechen originalgetreu wieder zusammen. Beschädigte oder fehlende Bauteile wurden mit tra­ditionellen Holzverbindungen in hellem Holz ergänzt. Auf Grundlage eines gemeinsam mit ZRS Architekten Ingenieure entwickelten Entwurfskonzepts erweiterten sie die ehemalige Torfremise anschließend im Selbstbau um ein zweigeschossiges Wohn- und Werkstatthaus.

Die alte Struktur und der in Weiß gehaltene Neubau verschmelzen ganz selbstverständlich zu einer Einheit. Dieser Eindruck ­entsteht nicht zuletzt durch die neuen Außen- und Innenwände, die in Bezug zur historischen Konstruktion leicht versetzt errichtet sind. Stützen, Kopfbänder und Balken der Torfremise, die ins Tragwerk des Neubaus integriert sind, bleiben dadurch nahezu komplett erlebbar. Zugleich verschwindet das Wohn- und Werkstatthaus dadurch nicht einfach hinter der offenen Lattenfassade des Bestands, sondern schiebt sich im Osten und in der Dach­fläche von außen gut sichtbar vor den Altbau.

Für den Neubau kamen überwiegend CO2-neutrale Baustoffe zum Einsatz: mit Lehmsteinen ausgefachte Wände in Holzständerbauweise, Zellulosedämmung, Holzfaserplatten und Lehmputz. Insgesamt 32 Tonnen Lehmputz und -steine und die diffusions­offene Holzbauweise in Kombination mit einem angemessenen Glasanteil ermöglichen die natürliche Regulierung des Raumklimas. Die neuen Bauteile sind zudem größtenteils rückbaubar und ­wiederverwendbar. Lehmputz und -mörtel beispielsweise lassen sich einsumpfen und anderswo wieder einsetzen und das Kon­struktionsvollholz verfügt über lösbare Schraubverbindungen. Obwohl wesentlich komplexer, folgt der Neubau so denselben Nachhaltigkeitsprinzipien wie die ehemalige Torfremise. Die Chancen stehen gut, dass das eingesetzte Material auch hier und ganz im Sinne des zirkulären Bauens noch lange Verwendung finden wird.


verfasst von

Roland Pawlitschko

ist freier Architekt, Autor und Redakteur sowie Architekturkritiker. Er lebt und arbeitet in München.

Erschienen in

Zuschnitt 88
Reuse und Recycling

Wiederverwendung und Verwertung von Bauteilen und ­Baustoffen, ergänzt durch den Einsatz nachhaltiger Materialien, stehen für eine neue Praxis in der Architektur.

8,00 €

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Zuschnitt 88 - Reuse und Recycling