Wie entwickelt sich der Wald in Österreich, in Europa und global?
Wald nimmt etwa ein Drittel der Landmasse auf der Erde ein. Mehr als die Hälfte davon verteilt sich auf nur fünf Länder: Russland, Brasilien, Kanada, die USA und China. In Österreich vergrößert sich der Wald kontinuierlich – seit 1961 hat die Waldfläche um 330.000 Hektar zugenommen (das entspricht fast der ganzen Fläche des Burgenlands) und hat aktuell einen Höchststand von insgesamt 4,0 Mio. Hektar. Auch im übrigen Mitteleuropa bleiben die Waldflächen aufgrund der nachhaltigen Bewirtschaftung konstant oder wachsen weiter an.
Doch neben Europa kann nur der Wald in Asien einen Flächenzuwachs aufweisen. In anderen Ländern beziehungsweise Erdteilen nimmt der Bestand hingegen rapide ab. Jährlich verschwinden dort Waldflächen, die zusammengenommen größer als Österreich sind. Deshalb gelten die Wälder, global gesehen, als bedroht. Ursachen sind Brände, aber vor allem illegale Abholzungen zur Landgewinnung für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion oder für das Erschließen von Lebensraum.
Wie verändert sich der Wald?
In Österreichs Wäldern gibt es circa 65 verschiedene Baumarten. Diese Vielfalt wird es auch in Zukunft geben, die Baumartenzusammensetzung wird sich jedoch ändern. Lag der Anteil an Fichten in Österreichs Wäldern bislang stetig über 50 Prozent, liegt er seit der letzten Erhebung durch die Waldinventur darunter. Grundsätzlich gehen die Nadelholzbestände kontinuierlich zurück, während bei den Laubhölzern ein Zuwachs zu verzeichnen ist. In den letzten Jahren gibt es außerdem eine Veränderung weg von Monokulturen hin zu mehr Mischwald. Diese Veränderungen wird es auch in Zukunft geben – mit oder ohne menschliche Eingriffe. Nur wenn der Wald aktiv bewirtschaftet wird, können die Ökosystemleistungen des Waldes sowie die Vielfalt und Resilienz der Baumarten auch in Zukunft erhalten und gesichert werden.
Was kann der Wald alles leisten?
Der Wald ist ein Ökosystem, das viele Funktionen zugleich erfüllt. Er dient der Erholung, hat eine wichtige Schutzwirkung, liefert den nachhaltigen Rohstoff Holz und ist Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Pilze. Neben diesen traditionellen Leistungen rückt die Bedeutung des Waldes als Kohlenstoffspeicher zunehmend in den Fokus. Diese vielfältigen Ansprüche und die Herausforderungen des Klimawandels stellen den Wald und das, was er leisten kann, auf den Prüfstand.
Der Weg, um alles unter einen Hut zu bekommen, führt über eine smarte Forstwirtschaft – die multifunktionale Waldbewirtschaftung, wie sie in Österreich schon seit Jahrzehnten durchgeführt wird und seit 1975 im österreichischen Forstgesetz abgesichert ist. Multifunktionalität im waldbaulichen Sinn heißt, dass eine bestimmte Leitfunktion die Erfüllung anderer Waldfunktionen nicht ausschließt. So kann eine Waldfläche mit Schutz als Leitfunktion auch zur Erholung genutzt werden und gleichzeitig der Holznutzung dienen. Die aktive forstliche Bewirtschaftung steht also nicht im Widerspruch zur vielfältigen Nutzung oder der Biodiversität im Wald.
Auch der Erhalt als Kohlenstoffspeicher, um dem Klimawandel entgegenzuwirken, ist damit gesichert: Denn der Waldumbau zum klimafitten Wald erfüllt per definitionem den Anspruch der Multifunktionalität, der im Forstgesetz gefordert wird.
Wie viel Holz gibt es?
Nach dem Nachhaltigkeitsprinzip wird in Österreich weniger Holz entnommen als nachwächst. Vom Zuwachs der letzten zehn Jahre im Ertragswald wurden 89 Prozent geerntet, 11 Prozent verblieben im Wald. Der Holzvorrat nimmt also stetig zu. Seit den 1960er Jahren ist er um 50 Prozent gestiegen und liegt aktuell bei 1.173 Millionen Vorratsfestmeter. Diese Entwicklung spiegelt sich im gesamten europäischen Wald wider. Durch aktive Waldbewirtschaftung wurden die Holzvorräte Mitteleuropas seit 1990 um 8 Mrd. Vorratsfestmeter erhöht – das entspricht dem siebenfachen Holzvorrat Österreichs.
Wird es in Zukunft genug Holz geben?
Im Rahmen der Studie „Holzverfügbarkeit in Österreich“ wurde das jährlich nachhaltige Nutzungspotenzial des österreichischen Waldes für die nächsten zehn Jahre untersucht. Die Beurteilung zeigt: Die Verfügbarkeit von Holz ist auch in Zukunft gesichert. Voraussetzung dafür ist eine flexible, an die künftig zu erwartenden Klimabedingungen angepasste Bewirtschaftung des Waldes. Für eine klimaresiliente und zuwachsoptimierte Entwicklung wird beispielsweise die gezielte temporäre Durchforstung der Altholzbestände bei gleichzeitig gesetzten Verjüngungsmaßnahmen genannt. Es wird außerdem betont, dass sich die Frage der Verfügbarkeit nicht allein am Holzvorrat orientiert. Potenziale für die Zukunft müssen auch außerhalb des Waldes – durch innovative, langlebige Holzprodukte und den effizienteren Einsatz des Rohstoffs Holz – gefunden werden.
Wie funktioniert die Klimawirkung von Wald und Holznutzung?
Die positive Wirkung des Waldes und der Holznutzung auf das Klima beruht auf drei Pfeilern:
- Kohlenstoffspeicherung im Wald (in der Biomasse Holz und im Waldboden)
- Kohlenstoffspeicher in den Holzprodukten
- Stoffliche und energetische Substitution: Die Gewinnung und Verarbeitung von Holz benötigt deutlich weniger Energie als jene vergleichbarer Bau- und Werkstoffe.
Das Zusammenspiel von Waldwachstum, Holznutzung und vermiedenen Treibhausgasemissionen durch Holzprodukte führt zu einer positiven Treibhausgasbilanz. Die Senkenwirkung der letzten zehn Jahre in Österreich (Mittelwert 2011 bis 2021) beträgt dadurch insgesamt 19 Prozent. Von den 79 Mio. Tonnen hierzulande jährlich emittiertem CO2 wurden jährlich im Mittel 7 Prozent im österreichischen Wald und 2 Prozent in österreichischen Holzprodukten gespeichert. Die vermiedenen Emissionen durch Substitution entsprechen einem Äquivalent von 10 Prozent des jährlichen Treibhausgasausstoßes Österreichs.
Warum müssen wir den Wald über 100 bis 150 Jahre denken?
Um die Folgen des Klimawandels bestmöglich einzudämmen und zu begrenzen, reicht es nicht aus, nur bis 2050 zu blicken. Zwar sind die aktuellen Klimaziele auf diesen Zeitraum ausgerichtet, der Klimawandel ist damit aber nicht gestoppt. Um das volle Potenzial des Waldes und der Holznutzung gegen den Klimawandel bestmöglich auszuschöpfen, muss die zeitliche Dimension des Waldwachstums ebenso berücksichtigt werden wie die forstwirtschaftlichen Planungszeiträume. Der Wald funktioniert in anderen Zeiträumen. Wir müssen den Wald über 100 bis 150 Jahre denken.
Wie funktioniert der Kohlenstoffkreislauf?
Wald und Holz speichern grundsätzlich kein Kohlenstoffdioxid (CO2), sondern Kohlenstoff (C). Das CO2 entziehen die Blätter und Nadeln bei der Fotosynthese der Luft und wandeln es in Zuckerbaustoffe als Energie für das Pflanzenwachstum um. Beim Wachstum wird der Kohlenstoff (C) in die Holzbestandteile Cellulose, Hemicellulose und Lignin eingebaut und gespeichert. Durch die chemische Reaktion mit Wasser, das über die Wurzeln angesaugt wird, und aus dem CO2 entsteht Sauerstoff (O2). Dieser wird an die Umgebung abgegeben. Vereinfacht kann man sagen: Ein Kubikmeter Holz bindet etwa eine Tonne Kohlendioxid, im Zuge der Fotosynthese entstehen 0,7 Tonnen Sauerstoff.
Wieviel Kohlenstoff ist in Österreichs Wald gespeichert?
Der Wald entzieht der Atmosphäre CO2, speichert den Kohlenstoff und produziert dabei Sauerstoff. Der Kohlenstoff findet sich im Wald nicht nur im Holz, in den Ästen und Blättern, sondern auch im Waldboden. Hier ist sogar mehr Kohlenstoff gespeichert als in der oberirdischen Biomasse. Damit stellen Wald und Waldboden eine große Kohlenstoffsenke dar und sind essenziell im Kampf gegen den Klimawandel.
In welchem Alter entzieht der Wald der Atmosphäre am meisten CO₂?
Berechnen kann man das nicht auf den einzelnen Baum, sondern nur, wenn man die jährliche CO2-Aufnahme aus der Luft pro Hektar Waldfläche betrachtet. Pro Hektar Wald haben die Bäume im Alter von vierzig bis sechzig Jahren die höchste Produktivität in Bezug auf Holzwachstum und Biomassezunahme und damit auch auf ihre Kohlenstoffaufnahme. Auf einer jungen Waldfläche müssen sich die Bäume im Jugendwachstum erst entwickeln, bis sie für die Fotosynthese genügend Nadeln oder Blätter haben. Wird der Wald nicht bewirtschaftet, überaltert er und die alten Bäume sterben ab. Die Gesamtproduktivität über die Fläche verteilt wird damit niedriger. Die optimalen Produktivitätszeiten sind abhängig von der Baumart und den Wuchsbedingungen am jeweiligen Standort.
Quellen: Österreichische Waldinventur 2016/2021, www.waldinventur.at; Food and Agriculture Organization of the United Nations: Global Forest Resources Assessment 2020, www.fao.org; Alfred Teischinger, Anne Isopp, Josef Fellner: Holzarten. Ansichten, Kennwerte und Beschreibungen, proHolz Austria (Hg.), München 2023; Umweltbundesamt 2023: Austria’s National Inventory Report 2023, Reports, Bd. 0852, Wien 2023, www.umweltbundesamt.at; David Fritz, Werner Pölz: Vermiedene Treibhausgas-Emissionen durch Holzprodukte aus dem österreichischen Wald, Bundesforschungszentrum für Wald (Hg.), BFW Praxisinforation 51, Wien 2020, S. 17 – 19; Alexandra Freudenschuß et al.: Aktualisierung des Berichts „Holzverfügbarkeit in Österreich“ (Endbericht), Bundesforschungszentrum für Wald (Hg.), Wien 2023.