Angesichts des großen Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum und steigender Flüchtlingszahlen beschloss der Stadtrat der Landeshauptstadt München Anfang 2016 das Wohnungsbausofortprogramm »Wohnen für Alle« – mit dem Ziel, in vier Jahren bis zu 3.000 zusätzliche geförderte Wohnungen zu schaffen. Bei der Realisierung von Wohnungen innerhalb dieses Programms entschied sich die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG für ein Verhandlungsverfahren über Projektsteuerungsaufgaben für bis zu 500 Wohnungen, bei dem die »ARGE Preuss GmbH und Maier Neuberger Architekten GmbH – Bündnis Wohnen für Alle 2016« den Zuschlag erhielt. Die bei dieser Projektgröße häufig angewendeten Instrumente Wettbewerb oder Gutachterverfahren kamen hier aufgrund der sehr kurzen Fristen nicht zum Einsatz.
Um trotz des extrem engen Zeitrahmens (erste Wohnungen sollten bereits Ende 2016 fertig sein) möglichst kostengünstige, aber auch architektonisch und städtebaulich hochwertige Gebäude realisieren zu können, arbeitete die ARGE mit mehreren im Wohnungsbau versierten Partner-Architekturbüros zusammen. Sie teilten sich die Planungsarbeit auf, um spezifische Lösungen für die jeweilige Situation zu finden. Wesentlich dabei war, dass die zu errichtenden Wohnungsbauten laut städtischer Vorgabe keine temporären Unterkünfte sein sollten, sondern langfristig nutzbare, nachhaltig in das städtebauliche Gefüge integrierte Stadtbausteine. Damit einher ging ein integratives Belegungskonzept, das ein Miteinander von Münchenern mit geringem Einkommen und anerkannten Flüchtlingen vorsah.
Wie gut dieses Nutzungskonzept funktioniert, zeigt sich in allen Projekten an einer hohen Bewohnerzufriedenheit. Das erste von dieser ARGE geplante Gebäude ist das noch im Jahr 2016 als Parkplatzüberbauung fertiggestellte Pilotprojekt Dantebad mit hundert Wohneinheiten. Nach Plänen von Florian Nagler Architekten entstand ein Wohnriegel mit aufgeständertem Erdgeschoss, über dem sich der Wohnungsbau als viergeschossige Holzkonstruktion aus Brettsperrholzdecken und -wänden in die Höhe entwickelt. Die Einhaltung des Zeit- und Kostenbudgets gelang durch den hohen Vorfertigungsgrad – die Konstruktion wurde ebenso wie die Holz-Fassadenelemente und die Bäder mit weitgehend fertigen Oberflächen vorfabriziert.
Die Entscheidung für das Material Holz basierte dabei nicht auf Vorgaben der Stadt oder der Wohnungsbaugesellschaft, die sich nicht zuletzt wegen der anvisierten Vorfertigung für das Vergabemodell des Generalunternehmers entschied. Wesentlich war nach einer material- und systemoffenen Ausschreibung vielmehr jene Kombination aus Preis und Bauzeit, die die wirtschaftlichste Lösung versprach. Und so entstand das zweite Projekt der ARGE (Wohnbau Bodenseestraße, 81 Wohneinheiten, fertiggestellt im Frühjahr 2017) nach Plänen von 03 Architekten als Holzhybridbau mit Holz-Fertigteilfassaden. U-förmig platzierte, drei- und fünfgeschossige Gebäude bilden dabei eine hofartige Struktur, die den Lärm der Bodenseestraße fernhält und zugleich intensiv genutzte Erholungsflächen bietet.
Beim dritten Projekt, dem Wohnbau Schittgablerstraße von Laux Architekten, kam ein Holzbau mit Brettstapeldecken und -wänden zum Einsatz. Hier lassen acht zwei- und dreigeschossige Gebäude eine Abfolge von Höfen mit Obstbäumen, Nutzgärten und Spielplatzflächen entstehen.
»In der Gesamtbetrachtung sind Holzbauten bei uns bisher eher als Ausnahmen zu werten«, sagt Klaus-Michael Dengler, Sprecher der Geschäftsführung der GEWOFAG. Diese drei realisierten Projekte haben der Wohnungsbaugesellschaft wertvolle Erkenntnisse geliefert: »Durch die Modul- beziehungsweise Systembauweise und die damit einhergehende Generalunternehmer-Vergabe konnten wir beim Vergabeverfahren und bei der Umsetzung einen entscheidenden Zeitvorteil generieren. Eine wichtige Erkenntnis hierbei ist, dass der Planungsphase eine sehr große Bedeutung zukommt, wenn im Anschluss schnell gebaut werden soll. Gerade in dichter bebauten Siedlungen kann es ein entscheidender Vorteil sein, die Bauphase deutlich schneller abschließen zu können.« Kurze Bauzeiten reduzieren nicht nur baustellenbedingte Beeinträchtigungen der Anwohner, sie wirken sich auch positiv auf die Kostenbilanz aus. »Die Mehrkosten im Holzbau schätzen wir grob bei zehn Prozent ein«, sagt Dengler. »Insofern bedarf es einer genauen Abwägung, ob sich diese Mehrkosten aufgrund anderer Faktoren dennoch auszahlen. Schnelligkeit ist hier wieder ein wichtiger Aspekt. Doch auch das im Holzbau geringere Gewicht kann eine entscheidende Rolle spielen – bestes Beispiel hierfür sind Aufstockungen im Bestand.« Tragfähige Strategien zur Kompensation der Mehrkosten im Holzbau sind offenbar vorhanden: Im Münchener Prinz-Eugen-Park baut die GEWOFAG aktuell 181 Wohnungen in Holz-Hybridbauweise und im Rahmen des Wohnungsbausofortprogramms planen Maier Neuberger Architekten in der Erwin-Schleich-Straße derzeit das vierte Projekt der ARGE mit 52 Wohnungen. Da bei letzterem erneut systemoffen ausgeschrieben wird, steht die genaue Bauweise heute allerdings noch nicht fest.