Wien wächst schnell. Zusätzliche 20.000 bis 30.000 Einwohner pro Jahr benötigen Unterkunft und soziale Infrastruktur. Sichtbar wird das an den Stadträndern, in den innerstädtischen Konversionsgebieten, den Bahnhofsflächen, Industriearealen sowie an Dachausbauten und -aufstockungen, kaum jedoch am Wiener Gebäudebestand. Über die Nutzungsdichte im baulichen Bestand weiß man wenig bis gar nichts. Es wäre allerdings sehr interessant zu erfahren, wie intensiv das vorhandene Stadtgefüge genutzt wird und ob eine extensive Stadtentwicklung tatsächlich notwendig ist angesichts des real existierenden Angebots an Flächen und Volumen.
Da das Eigentumsrecht eine transparente Feststellung der tatsächlichen Nutzung des vorhandenen Baubestands praktisch verhindert, sind Strategien für eine »smarte« Verdichtung beinahe undenkbar. Man kann die tatsächlichen Nutzungen nur einschätzen, indem man durch die Viertel geht und schaut, was passiert und was nicht. Ich beobachte das seit Jahren ausführlich und bin zu dem Schluss gekommen, dass hier das notwendige räumliche Angebot für das künftige Wachstum ohne zusätzliche Neubauten einfach geschaffen werden könnte. In den nächsten sieben bis zehn Jahren könnten so 200.000 bis 300.000 Einwohner zusätzlich Platz finden.
Dabei können sich durchaus architektonisch-städtebauliche Transformationen ergeben. Alle Neunutzungen erfordern das sogar, damit sie intelligent und nachhaltig wirken. Kleinteilige Ergänzungen, die eine multifunktionale Verwendung des Raumpotenzials ermöglichen, können entscheidend sein. Genauso sollten bei großflächigen Interventionen neue Keimzellen in den Quartieren etabliert werden. Eine Denaturierung des historischen Gebäudebestands, aus welcher Epoche auch immer, darf nicht passieren, eine weitgehende Transformation wäre hingegen absolut anzuerkennen. Im Falle der offenen Zeilenbau-Siedlungen der 1950er und 1960er Jahre beispielsweise hieße das, falls Verdichtung gefordert ist, dass das Verhältnis zwischen dem Bauvolumen und dessen Setting einerseits und der Ausdehnung der Freiräume oder – wenn man so will – deren Dramaturgie andererseits keinesfalls gestört werden darf. Genauso ist es unsinnig, in die bereits hochverdichteten Quartiere der Gründerzeit noch mehr Bauvolumen zu pressen. Noch unsinniger ist es, in den Neubauarealen eine übervorsichtige, lockere Dichtepolitik zu betreiben.
Wie agieren wir nun, wenn die Stadt Wien verdichtet werden soll? Wir müssen ganz genau hinschauen, wo der urbane Zusammenhang mehr verträgt als vorhanden, wo eine Verbesserung der freiräumlichen Verhältnisse bei gleichzeitiger Komprimierung von Bauvolumen sinnvoll stattfinden kann, wo unternutzte Restflächen nach Neunutzung förmlich schreien und wo unsinnige Nutzungskonstellationen sich durch elegante Nachnutzungen in effiziente Situationen verwandeln lassen.
Man kann den Titel dieses Textes auch noch anders verstehen, als Aufforderung, Städtebau so zu erzählen, dass ein enges Miteinanderleben (wieder) möglich wird – eben: dichter werden.