Zuschnitt 57
Altes Holz - neu gedacht
Format | A4 |
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Seiten | 28 |
ISBN | 978-3-902926-10-4 |
Ausgabe | März 2015 |
Editorial
Alte Holzhäuser modernisieren, erweitern und neu nutzen: Zur Vorbereitung für dieses Heft haben wir uns mit dem Architekten Thomas Mennel in einem Gasthaus in Schwarzenberg getroffen. Wir sitzen in der ehemaligen Wohnstube, Wände und Decken sind mit Holz vertäfelt – der Raum strahlt Tradition aus. Gegessen wird an altersschweren Holztischen, deren Füße aufgebockt wurden. Der Raum ist niedrig, spätestens bei der Tür müssen große Menschen den Kopf einziehen, der Raum hat eine Atmosphäre, die ein Neubau nur schwer erreichen kann. Wer sich hier wohl fühlt, versteht, warum Menschen wieder in alte Häuser ziehen, warum sie Kompromisse in Kauf nehmen – zum Beispiel bei der Raumhöhe, der Belichtung oder dem Schallschutz. Sie gewinnen eine Qualität, die nur das Alter mit sich bringen kann.
Thomas Mennel hat sich viel mit dem Umbau von alten Holzhäusern beschäftigt und arbeitet dabei mit einem Dendrochronologen zusammen, also jemandem, der das Alter von Holzhäusern bestimmt. »Wenn ich beweisen kann, dass ein Gebäudeteil 400 Jahre alt ist, dann steigt der Respekt bei den Besitzern und der Erhalt wird meist dem Abriss vorgezogen«, erzählt der Architekt. Warum auch abreißen, was noch funktioniert, was aus wertvollen Baumaterialien besteht, charakteristischer Teil einer Landschaft oder eines Ensembles und obendrein Zeitzeuge ist? Bauernhäuser, Ställe und Scheunen sind Teil unserer ländlichen Identität.
Sie sind Zeugen der Vergangenheit, der Widerstandsfähigkeit der Baumaterialien, aber auch des Strukturwandels der Landwirtschaft und des demografischen Wandels. Wo es gelingt, diese Gebäude neuen Nutzungen zuzuführen oder modernen Komfortansprüchen anzupassen, werden bestehende Werte erhalten und neu belebt. Solche Gebäude sind wie lebende Organismen, die weiter belebt werden wollen, die mit Respekt vor dem Alter und dem Bewusstsein für ihr Potenzial in die Neuzeit zu transformieren sind.
Wir haben sieben Beispiele für diesen Zuschnitt ausgewählt, die davon erzählen, wie enorm wandlungsfähig der Holzbau ist und wie gut er sich weiterstricken lässt. Die Strategien im Umgang mit der Altsubstanz und die Motivation der Eigentümer sind sehr unterschiedlich. Doch immer führen bei alter Bausubstanz Respekt und Know-how zu individuellen und zugleich wunderbaren Ergebnissen.