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Informatik- und Finanzcampus Hochschule Luzern

erschienen in
Zuschnitt 77 Brandrede für Holz, März 2020

Daten zum Objekt

Standort

Risch-Rotkreuz/CH Google Maps

Bauherr:in

Zug Estates AG, Zug/CH, www.zugestates.ch

Architektur

Büro Konstrukt, Luzern/CH, www.buerokonstrukt.chManetsch Meyer Architekten AG, Zürich/CH, www.manetschmeyer.ch

Statik

Pirmin Jung Schweiz AG, Rain/CH, www.pirminjung.ch

Holzbau

ERNE AG Holzbau, Laufenburg/CH, www.erne.net

Brandschutzplanung

Pirmin Jung Schweiz AG, Rain/CH, www.pirminjung.ch

Fertigstellung

2019

Typologie

Bildung

Lernen vom 60 Meter hohen Unihochhaus

Bereits 2018 entstand im Suurstoffi-Areal in Risch-Rotkreuz ein Hochhaus aus Holz. Nun wurde im September 2019 ein weiteres Holzhochhaus fertiggestellt. Dieses ist mit seinen 60 Metern
das derzeit höchste Holzhochhaus der Schweiz. Der Neubau für den Informatik- und Finanzcampus der Hochschule Luzern entstand nach den Entwürfen der Arbeitsgemeinschaft des Büro Konstrukt aus Luzern und Manetsch Meyer Architekten aus Zürich.

Der 15-geschossige Bau ist ein Holz-Beton-Hybridbau: Die beiden Untergeschosse sind in Stahlbeton ausgeführt, ein vertikal tragender und horizontal aussteifender Kern in Stahlbeton reicht über alle Geschosse. Die Geschossdecken sind als Holz-Beton-Verbunddecken konzipiert: Rippen aus Brettschichtholz bilden das Lagerraster für die 16 cm starke Betonplatte.

Die Decken lagern einzig auf Stützen entlang der Fassade. Damit wird das Hochhaus zu einem klassischen Skelettbau, im Innenraum entsteht eine umlaufende, stützenfreie und flexibel bespielbare Raumschicht. Zwischen den Stützen spannen deckengleiche Unterzüge in Holz-Beton-Verbund, die einen verstärken­den ­Deckenkranz bilden. Die Stützen sind zum Teil aus Fichten-Brettschichtholz, zum Teil aus Buche. Sie weisen in jedem Geschoss den gleichen Querschnitt auf und unterscheiden sich vom Dach- zum Erdgeschoss nur um 8 cm. Für diese nahezu ­einheitlichen ­Abmessungen über alle Geschosse hinweg waren optimierte Stützenquerschnitte mit materialtechnologischer Verstärkung ­erforderlich. Bei den am stärksten belasteten Stützen setzten die Ingenieure einen Kern in Buchen-Furnierschichtholz (Baubuche) ein – ummantelt mit Umleimern aus Fichtenholz, damit sie sich optisch nicht von den anderen Stützen unterscheiden.

Holzbau als Brandschutz

Die Architekten konzipierten die Fassade als nicht brennbare ­Metall-Glas-Konstruktion. Diese äußere Materialisierung des Hochhauses lässt kaum vermuten, dass der Innenbereich vor allem aus Holz besteht. Obwohl brennbar, kann Holz sichtbar belassen werden und das mit einem Standard-Brandschutzkonzept.

Der Grundstein für solche Bauten wurde in den letzten Jahrzehn­ten durch die Anpassung der Schweizer Brandschutzvorschriften gelegt. Noch vor zwanzig Jahren wurden nur zweigeschossige Bauten in Holzbauweise realisiert, seit 2005 auch sechsgeschossige und seit Januar 2015 sind keine höhenspezifischen Grenzen mehr gesetzt. Diverse Forschungsarbeiten, beispielsweise an der ETH Zürich, der Berner Fachhochschule und der Empa, sowie ­Referenzprojekte, die über die letzten zehn Jahre schweizweit entstanden sind, konnten belegen, dass brandsichere Gebäude auch mit brennbaren Materialien realisiert werden können.

Holz brennt und schützt zugleich

Das Prinzip, auf dem der Brandschutz basiert, ist nicht neu. Der statisch verlorene, verbrannte Holzkohle-Bereich isoliert aufgrund seiner geringen Wärmeleitfähigkeit und schützt den intakten Teil des Holzes, der kalt und tragfähig bleibt. Auch nach einem Brand­fall bleibt – bei einer entsprechenden Dimensionierung – genügend Holzmaterial übrig, um die anfallenden Traglasten aufzunehmen. Die Holzkohle kann nach einem Brand entfernt und der Holzträger rekonstruiert bzw. zum sichtbaren Holztragelement reprofiliert werden.

Die Architekten konnten all jene Bauteile, die der Brandverhaltensgruppe RF 3 zugeordnet werden und damit in der Schweiz als brennbares Material mit einem zulässigen Brandbeitrag ­kategorisiert werden, nur deshalb sichtbar belassen, weil sie ­zusätzliche bauliche Maßnahmen vorsahen. Eine entsprechende Dimensionierung auf das Ereignis Brandfall wurde mit zusätzlichen technischen Brandschutzmaßnahmen ergänzt. Das ganze Gebäude ist mit einer Löschanlage geschützt. Der Sprinklervollschutz verhindert einen Flashover, ­einen plötzlichen Übergang zum Vollbrand, im Gebäudeinneren. Durch die Löschanlage ­konnte zudem der einzuhaltende Feuer­widerstand von 90 auf 60 Minuten (REI 60) reduziert werden.

Grundsätzlich ist der Personenschutz im Brandfall bei diesem Holz-Hybrid-Bau genauso geregelt wie bei einem Massivbau. Es gibt ein Sicherheitstreppenhaus und einen Feuerwehrlift, über die jede Nutzungseinheit erschlossen ist. Ohne Sprinkleranlage hätten allerdings alle Holzbauteile gekapselt ausgeführt werden müssen. Dann hätten alle brennbaren Bauteile gemäß Brandschutzvorschriften mit einer allseitigen (sechsseitigen) feuerwiderstandsfähigen Bekleidung geschützt werden müssen und die ästhetisch wertvolle Holzsichtigkeit wäre nicht möglich gewesen.

Vom Brandschutzkonzept bis zur Qualitätssicherung

Die Schweizer Brandschutznorm von 2015 verlangt, dass der Bau von mehrgeschossigen Gebäuden unabhängig von ihrer Materialität von einer Brandschutzfachperson begleitet wird. Sie erstellt das Brandschutzkonzept, unterstützt die Fachplaner in der Planungsphase und kontrolliert die geplanten und umgesetzten Maßnahmen. Für Bauherren, die sich für so innovative Gebäudekonstruktionen entscheiden, ist eine solche verantwortungsvolle Beratung und Begleitung besonders wichtig.

Aber auch der Ausblick auf eine effiziente Planung und Ausführung spielte bei der Entscheidung für diese Bauweise eine Rolle. So liefen grundsätzlich sämtliche Prozesse während des Baus ­modellbasiert ab. Mithilfe der bimbasierten Planung konnten Vorfabrikation und Montage rationalisiert und beschleunigt werden, was einen früheren Bezugstermin ermöglichte. »bim hat uns aber auch bei der Planung des Brandschutzkonzepts geholfen«, sagt Christoph Elsässer, Leiter der Abteilung Brandschutz bei ­Pirmin Jung Schweiz AG, die bei diesem Bau mit der Qualitätssicherung und der Brandschutzbegleitung beauftragt waren. »Beim Brandschutz war die Effizienzsteigerung am offensichtlichsten, weil man alle Eigenschaften im Modell erfassen und daraus Pläne generieren konnte«, ergänzt Elsässer.

Letztlich aber fügt sich die Holzbauweise – Holz ersetzt hier die Hälfte des Betonbaus vor allem auch optimal in die Nachhaltigkeitsziele der Bauherrschaft für dieses Areal. Denn entsprechend dem Zero-Zero-Prinzip für das Suurstoffi-Areal soll dieses Holzhochhaus zusammen mit seinen Nachbargebäuden ein komplett CO₂-freies Quartier bilden. Solare Nutzung, mehrere dynamische Erdwärmesonden-Speicher und ein Anergienetz sollen während der Nutzungsperiode einen niedrigen Energieverbrauch garan­tieren. Auch sollten Konstruktionen aus Holz als nachhaltigem Baustoff, nachwachsendem Rohstoff, als lokaler Ressource und CO₂-Speicher zum Einsatz kommen. Die angepassten Brandschutznormen bildeten eine wichtige Grundlage, ja den initialen Impuls für diese wertvolle Entwicklung.

Brandschutzkonzept (Auszug)

  • Hybridbauweise: Stahlbetonkern und Holz-Beton-Verbunddecken
  • Löschanlage ermöglicht sichtbares Holz
  • Begleitung durch Brandschutzfachperson
  • Fassade aus nicht brennbaren Baustoffen

Video


verfasst von

Clementine Hegner-van Rooden

Clementine Hegner-van Rooden ist diplomierte Bauingenieurin (ETH), freie Publizistin und Fachjournalistin.

Erschienen in

Zuschnitt 77
Brandrede für Holz

Im Brandfall ist Holz berechenbar. Im Brandfall schützt Holz sich selbst. Diese Gewissheit spiegelt sich in den gelockerten Brandschutzvorschriften für den modernen Holzbau wider. Damit wird das Bauen mit Holz immer sicherer und einfacher, und das ist gut so.

8,00 €

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Zuschnitt 77 - Brandrede für Holz

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