Daten zum Objekt
Standort
München/DE Google Maps
Bauherr:in
Bürgerbauverein München BbvM eG, München/DE, www.buergerbauverein-muenchen.de
Architektur
Kaden+Lager, Berlin/DE, www.kadenundlager.de
Statik
bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, München/DE, www.bauart-ingenieure.de
Holzbau
Gumpp & Maier GmbH, Binswangen/DE, www.gumpp-maier.de; Huber & Sohn GmbH & Co. KG, Eiselfing/DE, www.huber-sohn.de
Bauphysik
bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, München/DE, www.bauart-ingenieure.de
Fertigstellung
2020
Typologie
Schallschutz kompakt gelöst
Auf dem 30 Hektar großen Gelände einer ehemaligen Kaserne entstand mit dem Prinz-Eugen-Park ein Quartier mit 1.800 Wohnungen, von denen rund ein Drittel als »ökologische Mustersiedlung in Holzbauweise« ausgeführt wurde. Die Stadt München rief dafür ein eigenes Förderprogramm ins Leben, dessen zentrales Kriterium die verbaute Menge nachwachsender Rohstoffe (Nawaro) in kg pro m2 Wohnfläche war – der geforderte Mindestanteil lag bei 50 kg/m2. Im Fokus stand auch eine hohe Wohnqualität, die naturgemäß mit einem hohen Schallschutzniveau einhergeht.
Im östlichen Teil der Mustersiedlung liegen die drei-, fünf- und siebengeschossigen Gebäude des Bürgerbauvereins, der zusammen mit dem Architekturbüro Kaden+Lager 86 geförderte Wohnungen errichtete. Lage und Kubatur der Baukörper sowie der Mix aus Wohnungstypen und größen waren seitens der Stadt klar vorgegeben, hinsichtlich der Grundrisse, des Tragwerks und der Fassade gab es jedoch große Spielräume. Man sieht es ihnen zwar nicht an, doch bei den drei Gebäuden mit weißer Putzfassade handelt es sich um reine Holzbauten aus Brettsperrholzdecken und wänden. Lediglich Laubengänge, Treppenhäuser, Unter- und Erdgeschosse sind in Stahlbeton ausgeführt – im Dreigeschosser kam auch im Erdgeschoss Brettsperrholz zum Einsatz.
Die beiden niedrigeren Gebäude wurden in Schottenbauweise errichtet, im siebengeschossigen Haus erfolgt die Lastabtragung schachbrettartig über die Brettsperrholzdecken und -wände. Hier sind die Außenwände Teil des Tragwerks, während sie in den anderen Bauten zum Großteil als nicht tragende Holzständerkonstruktion konzipiert sind. Ungeachtet dieser Unterschiede gibt es in allen drei Häusern in Bezug auf den Schallschutz prinzipiell die gleichen konstruktiven Details. Grundlage hierfür bildete nicht nur der nach DIN 4109:2016 geforderte Mindestschallschutz, sondern auch die Anforderungen des »erhöhten Schallschutzes« nach Beiblatt 2 zur DIN 4109:1989. Sie betreffen insbesondere schalltechnisch relevante Bauteile wie etwa die Wohnungstrennwände und -decken, einschließlich der flankierenden Bauteile.
Angesichts der Tatsache, dass aufgrund der Grundrisskonfiguration für den gesamten Wandaufbau der Wohnungstrennwände nur 300 mm zur Verfügung standen, erwies sich deren Planung als besonders herausfordernd. Weil beidseitige Vorsatzschalen zu viel Platz benötigt hätten, entwickelte das für die Tragwerksplanung und die Bauphysik zuständige Büro bauart eine Sonderlösung mit einseitiger Vorsatzschale. Hierbei ist die Brettsperrholzwand (160 mm) auf beiden Seiten mit zwei 18 mm starken Gipskartonfeuerschutzplatten beplankt – diese Platten sind brandschutztechnisch erforderlich und verbessern durch das zusätzliche Gewicht zugleich den Schallschutz. Während sie auf einer Seite direkt auf dem Brettsperrholz montiert sind, wurden sie auf der anderen Seite an einem Metall-Ständerwerk befestigt, das mit 10 mm Abstand so vor der Massivholzwand aufzustellen war, dass es an keiner Stelle das Holz berührt. Um die Körperschallübertragung über die Brettsperrholzdecke zu verhindern, laufen die Deckenelemente nicht von einer Wohnung zur anderen durch, sondern sind mit einer vertikalen akustischen Trennfuge voneinander getrennt. Um sicherzustellen, dass die rechnerisch erfolgreich nachgewiesene Lösung auch in der Praxis funktioniert, führte das Büro bauart vor Ort entsprechende messtechnische Überprüfungen durch.
Der geschossweisen Schallübertragung über die 220 mm hohen Brettsperrholzdecken wurde vor allem mit dem hohen Gewicht einer 90 mm starken latexmilchgebundenen Splittschüttung begegnet. Darüber liegen eine Trittschalldämmung (40 mm), ein Heizestrich (65 mm) und der Parkettfußboden (15 mm). Vereinzelt wurden 220 mm hohe Stahlunterzüge nicht sichtbar in die Deckenkonstruktion integriert. Obwohl eine vergleichsweise konventionelle Lösung, verlangte sie doch besondere Vorsicht. Beispielsweise durften die Stahlträger die Splittschüttung nicht zu sehr schwächen, um den Trittschallschutz in diesen Bereichen nicht zu reduzieren. Außerdem war auch hier auf strikte Luftdichtigkeit und sauber ausgeführte akustische Trennfugen zu achten. Elastomere kamen weder hier noch bei anderen Auflagern der Brettsperrholzdecken – etwa an den Stahlkonsolen der Treppenhäuser – zum Einsatz.
Auf dem Dach des fünfgeschossigen Gebäudes findet sich eine weitere Besonderheit. Hier liegt ein von allen Bewohnerinnen und Bewohnern nutzbarer Gemeinschaftsraum, dessen Bodenaufbau wegen des geforderten Bezugs zur Höhenlage der begrünten Dachfläche insgesamt stattliche 118 mm beträgt. Konstruktiv und schalltechnisch löste bauart diesen Bereich mit einer aufgeständerten Balkenlage, die auf der über dem vierten Obergeschoss durchlaufenden Brettsperrholzdecke errichtet wurde – einschließlich des auch in den Wohnungen üblichen schwimmenden Bodenaufbaus mit Splittschüttung. Im fertiggestellten Raum durchgeführte Messungen ergaben auch bei dieser Sonderkonstruktion, dass sämtliche schalltechnischen Anforderungen erfüllt sind.
Nicht tragende Wohnungstrennwände sind ebenso mit Gipskarton beplankt wie die tragenden Brettsperrholzwände (letztere aus Schall- und Brandschutzgründen). Im Zusammenspiel mit den Parkettböden und den sichtbaren Brettsperrholzdecken verleiht dies den Wohnungen ein einheitliches Erscheinungsbild, das klar vom Baustoff Holz geprägt, aber nicht unangenehm beherrscht wird. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil der maßgeblich von der Holzmasse bestimmte Nawaro-Anteil im Dreigeschosser bei 204,2 kg/m2 und in den beiden anderen Gebäuden bei 187,2 kg/m2 liegt – insgesamt ist er also fast viermal so hoch wie gefordert.