Daten zum Objekt
Standort
Aspen/US Google Maps
Bauherr:in
Aspen Art Museum, Aspen/US, www.aspenartmuseum.org
Architektur
Shigeru Ban Architects, Tokio/JP, www.shigerubanarchitects.com
Statik
kl&a Engineers & Builders, Golden/US, www.klaa.com;
Création Holz AG, Herisau/CH, www.creation-holz.ch;
sjb Kempter Fitze ag, Herisau/CH, www.sjb.ch
Holzbau
Spearhead Inc., Nelson/CA, www.spearhead.ca
Fertigstellung
2014
Typologie
Ein ornamentales Dachtragwerk aus Holz
2014 folgte das inmitten der Rocky Mountains gelegene Aspen Art Museum dem generellen Trend der Museumsexpansionen und übersiedelte von seinem ursprünglichen Sitz in einem ehemaligen Kraftwerk in einen neuen, von Shigeru Ban Architects entworfenen Bau. Schon auf den ersten Blick beeindruckt das Gebäude durch seine äußerste Hülle aus verwebten rostfarbenen Holzpaneelen. Beim Betreten erschließt sich den Besucherinnen und Besuchern Schicht für Schicht der nicht minder wirkungsvolle Innenraum. Von seinem östlichen Eingang strebt die breite Haupttreppe empor, teils direkt innerhalb der äußersten Hülle, teils im klimatisierten Innenraum. Eine zweite Hülle aus Glas durchtrennt oder vielmehr verbindet die Treppe: Ihr „innerer“ Teil erschließt über zwei Geschosse die Galerien und das im dritten und obersten Geschoss liegende Café, der „äußere“ Teil führt direkt zur vor dem Café liegenden Terrasse. Dazwischen liegen gläserne Schiebetüren, die sich über die gesamte Länge öffnen lassen. Drinnen, draußen – Ban ist Meister der Schwelle und Transparenz.
Der quadratische Bau wird teilweise von einem robusten Raumfachwerk aus Brettschichtholz überspannt, das nur von wenigen mageren Säulen getragen wird. Ein Gitterrost aus Feldern von 1,2 mal 1,2 Metern bildet den Untergurt. Der Obergurt hat die gleichen Dimensionen, ist jedoch um ein halbes Feld versetzt. Die dazwischen liegenden Streben sind als sinuswellenförmige Träger ausgeführt, die jeweils diagonal über den Kreuzungspunkten des Gitters liegen und durch Überblattungen miteinander verbunden sind. Die daraus resultierenden Einschnitte schwächen die strukturelle Integrität des Holzes – angesichts der enormen Kräfte, die an den Knoten wirken, macht es Shigeru Ban mit seinem Entwurf den Ingenieurinnen und Ingenieuren nicht einfach.
An der Umsetzung arbeitete ein Schweizer Team unter Hermann Blumer gemeinsam mit kl&a Engineers unter Greg Kingsley. Ein erster Ansatz, die Holzverbindungen mit Kohlefasereinsätzen zu verstärken, um die Einschnitte der Überblattungen auszugleichen, scheiterte an den in den usa waltenden „standards, systems, and codes“. Es gab für die Verstärkungen aus Dehonit weder genug Daten noch gebaute Vorbilder, mit denen die örtliche -Baubehörde zu überzeugen gewesen wäre. Die Alternative, eine Verbindung aus den lokal üblicheren „knife plates“ und „pressure pins“, stellte sich als unmögliches Unterfangen heraus. Die in einer Simulation ermittelten Kräfte an den Säulenauflagern hätten zur Kraftübertragung einen außergewöhnlich hohen Stahlanteil erfordert. Die gesamte Konstruktion hätte dadurch eher wie eine mit Holz verkleidete Stahlstruktur gewirkt.
Bei der letztlich umgesetzten Variante kehrten Blumer und Kingsley wieder zu ihrem ersten Ansatz zurück. Sie umgingen jedoch die Kohlefaserverstärkung, indem sie strukturell nur die untere Hälfte der eingeschnittenen Gurte benutzten und diese in einem hoch formstabilen Furnierschichtholz ausführten. Die 18 cm breiten wellenförmigen Streben wurden per CNC in vier Lagen aus speziell gefertigtem Birkensperrholz ausgeschnitten und in einer maßgefertigten Presse in bis zu 18 Meter lange transportgerechte Teile verklebt. Um die Kräfte an den Säulen zu absorbieren, wurde das Profil der Streben, wo notwendig, verdickt. Auf der Baustelle wurden dann alle Teile im rechten Winkel zusammengesteckt. Die Verbindungen zwischen Gurten und Knoten lösten Blumer und Kingsley mit Holzschrauben. Die Elemente wurden vertikal mit vier Teilgewindeschrauben verbunden und dann je nach Scherkraft im Knoten mit vier bis 15 Vollgewindeschrauben diagonal verschraubt. Die Dachkonstruktion ist das Resultat einer prozessgeleiteten Zusammenarbeit aller Beteiligten – ein Werk, das die komplexe Relationalität von Material, Werkzeug, Gestaltung und geltenden Normen und Verordnungen in scheinbarer Einfachheit widerspiegelt.