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Wohnüberbauung Hagmann-Areal in Winterthur

erschienen in
Zuschnitt 86 Balkone im Holzbau, September 2022

Daten zum Objekt

Standort

Winterthur/CH Google Maps

Bauherr:in

Fritz Hagmann, Winterthur/CH

Architektur

weberbrunner architekten AG, Zürich/CH, www.weberbrunner.euSoppelsa Architekten, Zürich/CH, www.soppelsa.ch

Statik

Holzbaubüro Reusser GmbH, Winterthur/CH, www.holzbaubuero.chAPT Ingenieure GmbH, Zürich/CH, www.apting.ch

Holzbau

Strabag AG, Schlieren/CH, www.strabag.ch

Fertigstellung

2018

Typologie

Wohnbauten

Eine angebaute Balkonschicht aus Eiche und Douglasie


Auf dem Hagmann-Areal im Stadtteil Seen in Winterthur, wo heute über hundert Menschen wohnen und arbeiten, sind die Geschwister Hagmann aufgewachsen. Für die seit Ende des 18. Jahrhunderts im Familienbesitz befindliche Liegenschaft suchten sie 2012 mit einem Wettbewerb nach einem zukunftsorientierten Überbauungsprojekt: Autofrei, bezahlbar und durchmischt sollte es sein. Zugleich galt es, die Geschichte des Ortes zu bewahren. Das Projekt der Architekturbüros Weberbrunner und Soppelsa schaffte genau diesen Spagat.

Von weither ist die dunkle Fassade sichtbar. Die vertikale Holzverschalung stülpt sich zu Außenzimmern aus, die das Hofgebäude zwischen Bahntrasse und Einfamilienhausquartier verankern. Die umlaufende Fassadenhaut erzählt von einer Einheit, doch die bis zu fünfgeschossigen Balkontürme sind bis auf die Rückverankerung in den Beton-Geschossdecken eigenständig konstruiert. Auf einer Betonplatte sind sie geschossweise mit tragenden Douglasien-Mehrschichtplatten gestapelt. Wärmebrücken gibt es dadurch kaum und auch Brandschutzanforderungen müssen diese Außenzimmer nicht erfüllen, da sie baurechtlich als Balkone gelten.

Einige Schritte weiter öffnen sich das Haus und das teils als ­Gemeinschaftsraum genutzte Werkstättengebäude zu einem ­belebten Hof. Ganz anders als die privaten Außenzimmer bieten hier die lauben­gangartigen Balkone gerade genug Platz für das Frühstückstischchen oder um die spielenden Kinder zum Essen ins Haus zu rufen. Durch den Regen sind die tragenden Eichenstützen vergraut, sie kon­trastieren mit dem hellen Douglasienholz der Fassade. Überraschend tief wirkt dadurch die Balkonschicht, die sich wie ein dünnes Kleid über die gesamte Innenhoffassade legt. Nur dort, wo die kurzen Eichenträger mit Stahlwinkeln an der Stirn der Geschossdecken befestigt sind, verbindet sich die Konstruktion der Balkone mit dem Haus. Schalldämmlager ver­hindern, dass der Trittschall über die umlaufende Konstruktion zu benachbarten Wohnungen gelangt. Über bis zu drei Felder spannen die Douglasienplatten, die auf den Eichenträgern aufliegen und die Bodenkonstruktion der Balkone tragen. Schiebbare Fensterläden sparen Platz und verschatten die Wohnungen an sonnigen Tagen. Denn dank der schmalen Balkonschicht reicht das Tageslicht tief in die Wohnungen. Auf beiden Seiten des ­Gebäudes sprießt auf den Balkonen das Leben. Sie tragen das vielfältige Potenzial des Hagmann-Areals für das Zusammenleben sichtbar nach außen.


verfasst von

Mirjam Kupferschmid

arbeitet als Architektin und freie Autorin in Zürich. Mit dem Verein Countdown 2030 setzt sie sich für eine zukunftsfähige Baukultur ein.

Erschienen in

Zuschnitt 86
Balkone im Holzbau

Der Balkon als Bauteil ist in der Architektur heute ebenso selbstverständlich wie komplex. In diesem Zuschnitt zeigen wir anhand gelungener Beispiele die Vielfalt an gestalterischen Aspekten und beleuchten die konstruktiven Herausforderungen von Balkonen im Holzbau.

8,00 €

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Zuschnitt 86 - Balkone im Holzbau

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