Zuschnitt 47
Das flache Dach
Format | A4 |
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Seiten | 28 |
ISBN | 978-3-902320-92-6 |
Ausgabe | September 2012 |
Editorial
Das flache Dach ist ein fixer Bestandteil unserer gebauten Landschaft. Das war nicht immer so. Während flache Dächer in anderen Gegenden der Erde schon seit Jahrtausenden gebräuchlich waren, wurden sie bei uns erst mit der Erfindung des Holzzementdaches (1839) technisch machbar und hielten dann mit dem Beginn der Moderne Einzug in die Architektur. Die Wiener Werkbundsiedlung ist ein wunderbares Beispiel für die Architektur aus dieser Zeit. Wandert man durch die Gassen dieser Siedlung, ist man umgeben von kubischen Baukörpern – und etwa 70 Prozent dieser Bauten weisen Holzzementdächer auf. Man muss aber schon genau hinsehen, um hier und da die kleinen Löcher in der Fassade, gleich unterhalb der Dachrinne, zu entdecken. Der eigentliche Sinn dieser 2 bis 4 cm großen Öffnungen erschließt sich einem nicht gleich. Nur das fachkundige Auge kann erahnen, dass über diese Löcher in der Fassade die Dachkonstruktion hinterlüftet wird. Der Blick unter die Dachhaut zeigte den in die Sanierung involvierten Planern dann auch, dass diese Hinterlüftung bestens funktioniert und der Dachaufbau sich nach wie vor in einwandfreiem Zustand befindet. Im Zuge der derzeit laufenden Sanierungsmaßnahmen muss das Dach deshalb nur wärmetechnisch aufgebessert werden.
Wenn man über Flachdächer spricht, egal ob aus Holz, Beton oder Metall, dann muss man sagen, dass die eigentliche Herausforderung bei der Planung und Ausführung nicht die Anforderungen an den Wärmeschutz, Brandschutz und die Statik sind. Die eigentliche Schwierigkeit bereitet die Feuchtigkeit. Sie ist im Dachbereich der bedeutendste Schadensauslöser. Man führe sich nur die Exponiertheit eines flachen Daches vor Augen, dann weiß man, was ein solches Dach alles leisten muss. Wir wollen mit diesem Zuschnitt bestehende Ängste und Unklarheiten bei der Planung von flachen Holzdächern ausräumen.
Bis vor gar nicht so langer Zeit glaubte man, den perfekten Flachdachaufbau gefunden zu haben: Man empfahl, das Dach nach oben hin gegen Regen, Schnee und Hagel abzudichten sowie zum Innenraum hin mithilfe einer möglichst dichten Dampfbremse gegen das Eindringen von Luft und Feuchtigkeit zu schützen. Diesem Aufbau lag die Idee einer kompletten Luftdichtheit zugrunde – nach dem Motto: Wenn von außen und innen keine Feuchtigkeit eindringen kann, dann ist die Konstruktion sicher. Diese absolute Luftdichtheit ist aber in der Praxis nicht herstellbar. Dafür ist die Fehleranfälligkeit bei Bauteilanschlüssen und Durchdringungen beim Bau zu hoch. Immer wieder fand die Luft dann doch ihren Weg durch eine Fuge in die Dachkonstruktion. Das Wasser kondensierte im Dachinneren und konnte aufgrund dieser »Dicht-dicht« Konstruktion weder nach innen noch nach außen entweichen. Im besten und häufigsten Fall beschädigte das Kondensat nur die äußere Beplankung, im schlechtesten Fall sogar die Tragkonstruktion. Inzwischen hat man daraus gelernt und rät von dieser nur in der Theorie optimalen Konstruktion ab. Erst im vergangenen Jahr haben sich Planer, Forscher und Sachverständige aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in Leipzig getroffen, um gemeinsam Regeln zu erarbeiten, die den Bau von schadensfreien und nachhaltigen Flachdachkonstruktionen aus Holz gewährleisten können.
Wir haben für diesen Zuschnitt die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse für den Bau von Flachdächern aus Holz zusammengetragen. In der Heftmitte finden Sie einen Überblick über die möglichen Aufbauvarianten. Die über das Heft verteilten Anwendungsbeispiele stammen dabei vor allem aus Österreich. Kurzum: Eine Fülle von Anregungen und Fakten soll Ihnen bei der Planung von Flachdächern aus Holz behilflich sein.