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Sport- und Freizeitbad in Surrey, Kanada

erschienen in
Zuschnitt 73 Unter Spannung, März 2019

Daten zum Objekt

Standort

British Columbia/CA Google Maps

Bauherr:in

City of Surrey, Surrey/CA

Architektur

HCMA Architecture + Design, Vancouver/Victoria/CA, www.hcma.ca

Statik

Fast + Epp, Vancouver/CA, www.fastepp.com

Holzbau

Seagate Structures, Surrey/CA, www.seagatestructures.com

Spannweite

45 m bzw. 55 m

Fertigstellung

2015

Hängedach

Das Grandview Heights Aquatic Centre ist ein Sport- und Freizeitbad in Surrey, einer der am schnellsten wachsenden Städte in British Columbia, Kanada. Mit der Zahl der Einwohner stieg auch der Bedarf an Freizeit- und Gemeinschaftseinrichtungen. Das markante Schwimmzentrum, das von Familien, Leistungssportlern und für internationale Wettkämpfe gleichermaßen genutzt wird, wurde von HCMA Architecture + Design in enger Zusammenarbeit mit den Statikern von Fast + Epp entwickelt. Die langjährige Kooperation beider Büros förderte den freien Austausch von Ideen, Gedanken und Informationen innerhalb des Projektteams.

Die wie an einer Kette hintereinander angeordneten Sport- und Freizeitbecken erlauben es, diese Bereiche unabhängig voneinander zu bespielen und bei Bedarf ohne großen Aufwand zu trennen. Die Polycarbonat-Verkleidung der Fassade taucht die Schwimmhalle in ein diffuses, warmes Licht und vermeidet störende Blendeffekte. Die Stahlrohrstützen der bis zu 20 Meter hohen Fassadenstruktur sind perforiert und nehmen die Windlasten auf. Als Zuluftverteiler erfüllen die Stützen eine Zusatzfunktion, durch die der Innenraum weitgehend von Lüftungsrohren freigehalten werden konnte.

Am deutlichsten spiegelt die gewagte Dachkonstruktion die enge Beziehung zwischen Architektur und Statik wider. Bei derartigen Schwimmhallen entscheidet man sich oft aus wirtschaftlichen Gründen für eine Spannrichtung über die kurze Seite der Halle. Im Grandview Heights Aquatic Centre sollte hingegen auch die Konstruktion die lang gestreckte Gebäudeform unterstreichen. Zudem reduziert die Dachform das Gesamtvolumen. Das Dach erreicht seine maximale Höhe oberhalb des Sprungturms und der Wasserrutsche und senkt sich von dort nach allen Seiten hin ab. Damit können auf lange Sicht die Betriebskosten reduziert werden.

Inspiriert von der »Wood First«-Richtlinie der Stadt Surrey entwickelten die Statiker von Fast + Epp eine Hängedachkonstruktion mit Zugbändern aus Brettschichtholz. Der unkonventionelle Ansatz bildet nicht nur eine perfekte Verbindung aus Form und Funktion, sondern kommt mit einer wirtschaftlich relevanten statischen Höhe von nur 30 cm aus.
Zwischen den Mittelpfeilern und den Stützpfeilern an den Rändern überspannt Brettschichtholz mit einem Querschnitt von 13 mal 26,6 cm paarweise und mit einem Achsabstand von 80 cm eine Weite von 45 bzw. 55 Metern. Auf diese Zugbänder ist eine doppelte Lage aus 1,6 und 1,2 cm dicken Sperrholzplatten aufgebracht. Randstreifen aus Stahlbeton fassen die Zugkräfte aus den Hängegliedern zusammen und übertragen sie in die mittleren und äußeren Stützpfeiler.

Im Laufe des Planungsprozesses wurde das Zusammenspiel zwischen Form und Konstruktion immer weiter optimiert. So ließen die unterschiedlichen Krümmungsradien der Holzprofile hohe Produktionskosten erwarten. Dieses Problem konnte durch eine Anpassung der Bauteillängen gelöst werden, sodass der gleiche Radius für alle Holzprofile eingesetzt werden konnte und die Abweichungen über Passleisten in Querrichtung ausgeglichen wurden. Hängestrukturen reagieren zudem sehr empfindlich auf ungleich verteilte Lasten wie Schnee. Erste Berechnungen ergaben bis zu 1,2 Meter vertikale Verformung. Aussteifende Stahlprofilstreben in Fassadenebene und die Kopplung mit einer inneren Wandscheibe begrenzten horizontale Verschiebungen. Zusätzlich konnten Schneerückhalteschwellen ungleichmäßig verteilte Lasten reduzieren.

Eine weitere Herausforderung war das zu geringe Eigengewicht des Hängedachs. Um ein Abheben durch Windkräfte zu verhindern, schlugen die Tragwerksplaner eine Lösung vor, bei der die Brettschichtholzelemente als flache umgedrehte Druckbögen dimensioniert und schubfest mit der Schalung verbunden wurden. Durch diese Abweichung von einem reinen zugbeanspruchten Hängedach kann auch eine mögliche Lastumkehr bewältigt werden.

Der Aufbau wurde von zwei Anforderungen bestimmt. Einerseits wurde die Länge der vorgefertigten Brettschichtholzelemente aus Douglasie durch die Transportmöglichkeiten auf 25 Meter beschränkt, andererseits musste die Montage sehr schnell erfolgen, um das Holz vor Regen zu schützen. Man entschied sich, die Verbindungen mit Bolzen von Stahl zu Stahl auszuführen, weil diese auf der Baustelle weniger aufwendig sind als reine Holzverbindungen. Die Verbindungselemente der Längsstöße bestehen aus 2,2 cm dicken Stahlplatten, die jeweils zwei Paare mit insgesamt sechs Bolzen verbinden. Um starke Biegungen der langen, schlanken Brettschichtholzelemente während der Montage zu vermeiden, wurde bei der kurzen Spannweite eine Lasttraverse eingesetzt und die lange Spannweite mit zwei Kränen montiert. Die Montage dauerte lediglich 15 bis 20 Minuten pro Paar. Das gesamte Dach inklusive Sperrholzlage war in zwölf Tagen errichtet.

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verfasst von

Karin Triendl

geboren in Innsbruck, freie Autorin, Architektin und Geschäftsführerin von Work Space Architekten Wien/Innsbruck www.workspace.at

Erschienen in

Zuschnitt 73
Unter Spannung

Ob große Spannweiten, hohe Räume oder ungewöhnliche Kubaturen, im Holzbau kann der Ingenieur aus dem Vollen schöpfen. Spannendes und Informatives rund um den Ingenieurholzbau.

8,00 €

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Zuschnitt 73 - Unter Spannung

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