Daten zum Objekt
Standort
Altmünster/AT Google Maps
Bauherr:in
Landes-Immobilien GmbH, vertreten durch das Amt der OÖ Landesregierung, Abteilung Gebäude- und Beschaffungsmanagement, Linz/AT, www.ligooe.at
Architektur
Fink Thurnher Architekten, Bregenz/AT, www.fink-thurnher.at
Statik
Merz Kley Partner, Dornbirn/AT, www.mkp-ing.com
Holzbau
Zimmerei Kieninger GesmbH, Bad Goisern/AT, www.kieninger.atEW-BAU GmbH, Vöcklabruck/AT, www.ewbau.at
Fertigstellung
2011
Typologie
Ehrenplatz überm See
Die beabsichtigte Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Schulen Altmünster und Weyregg am Standort Altmünster für rund 250 Schüler und Schülerinnen machte eine umfassende Erweiterung des Bestandes nötig. So wurde 2006 ein euweiter Architekturwettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren ausgeschrieben, den das Vorarlberger Architekturbüro Fink Thurnher für sich entscheiden konnte. Die Schule sollte nicht als bloße Erweiterung des Bestandes, sondern als neue Einheit erlebbar werden, darüber hinaus wünschte sich das Land Oberösterreich als Bauherr eine Stärkung der heimischen Landwirtschaft, die Verwendung lokal gewonnener Materialien, kurze Transportwege, eine hohe Energieeffizienz und eine allgemeine Ressourcenschonung hinsichtlich Errichtung und Betrieb. Dem trugen die Architekten in vielfacher Hinsicht Rechnung: Die Ausformulierung der im Bestand bereits angelegten, für die Region typischen Vierkantstruktur beinhaltet eine Minimierung der Gebäudeoberflächen. Bleibende Teile wurden bau- und energietechnisch saniert, der Neubau für den Schultrakt durch den Einsatz ökologisch nachhaltiger, möglichst unbehandelter Baustoffe bestimmt, wobei je nach spezifischen Erfordernissen unterschiedliche Materialen und Konstruktionsformen verwendet wurden. Aufgrund des Geländeverlaufs über dem Westufer des Traunsees und nutzungsbedingter Anforderungen besteht das Untergeschoss aus einem teilweise in den Hang gebauten Stahlbetonsockel mit Wänden und Stehern in Sichtqualität sowie einer Betondecke mit abgehängter Holzdecke aus 3 mal 3 cm starken Latten zur akustischen Optimierung. Erd- und Obergeschoss wurden aus vorgefertigten, mit Zellulose gedämmten Holzrahmenelementen errichtet. Ein Raster aus Stahl- bzw. Stahl-Beton-Verbundstützen übernimmt die vertikale Lastabtragung, wobei die Verbundstützen in der frei stehenden Anordnung eingesetzt wurden, um auf einen Brandanstrich und damit, dem Gesamtkonzept entsprechend, auf eine Oberflächenbehandlung verzichten zu können. Verkleidete Zwischenwände aus Brettsperrholz dienen der Aussteifung.
Die Decke zwischen Erd- und Obergeschoss wurde als Stahl-Holz-Beton-Verbundkonstruktion errichtet. Die Primärtragkonstruktion sind Stahlträger und Stahlstützen. Zwischen die im Abstand von 5 bis 8,6 Metern verlegten Stahlträger sind flächige Holzelemente in Form von liegenden Brettschichtholzträgern mit einer Dicke von 12 bis 24 cm eingehängt. Auf diese »Schalung« wurde eine 12 cm dicke Betonschicht ohne Zwischenlage direkt aufgebracht. Der Verbund zwischen Stahlprofil und Ortbeton funktioniert mittels Kopfbolzendübeln, die auf die Stahlträger aufgeschweißt sind, derjenige zwischen Beton und Holz mit Schubnocken im Beton, die durch eine entsprechende Ausnehmung im Holz (Kerve) ausgeformt werden. Diese Konstruktion ist in mehrfacher Hinsicht vorteilhaft: Die Betonschicht bildet eine großflächige, aussteifende Deckenscheibe und bringt die für den Schallschutz erforderliche Masse. Zusammen mit den Stahlträgern ermöglicht sie große Deckenspannweiten. Das Holz dient als verlorene Schalung und erlaubt eine Reduktion der sonst üblichen Betonkubatur und damit der verbauten grauen Energie.Das Dach des Gebäudes ist als klassisches Flachdach ausgebildet: Hauptträger aus Stahl, Pfetten aus Holz, darüber flächig verlegte Dreischichtplatten als aussteifende Scheibe und Schalung für den weiteren Dachaufbau. Abgehängte Spaltentäferelemente dienen einer angenehmen akustischen Grundausstattung im Innenraum.
Bis auf wenige Ausnahmen in den stark beanspruchten Praxisbereichen im Untergeschoss bestehen Böden und Wände aus unbehandelter sägerauer bzw. gehobelter heimischer Tanne, wodurch die bekannten Vorteile des Holzes im Innenausbau – anregende haptische und olfaktorische Eigenschaften, subjektiv erhöhtes Wärmeempfinden und damit einhergehend hohe Behaglichkeit – zum Tragen kommen. Dasselbe Material wurde für die Fassaden als vertikale Bretter verwendet, womit die Charakteristik des Schulbaus als Holzgebäude auch nach außen transportiert wird. Vervollständigt wird der Vierkanter durch den Internatstrakt im Süden bzw. Südosten der Anlage. Hier blieben Teile des ursprünglichen Bestandes erhalten, diese wurden saniert bzw. in konventioneller Holzrahmenbauweise ergänzt.
Mit dem Agrarbildungszentrum Salzkammergut, wie sich die Schule heute nennt, gelang den Architekten die Umsetzung eines vorausschauenden, ökonomisch wie ökologisch nachhaltigen Gesamtkonzepts, dessen Stärke neben den gestalterischen und räumlichen Qualitäten vor allem in der sinnvollen und differenzierten Kombination unterschiedlicher Materialien und Konstruktionsvarianten liegt. Diese anforderungsorientierte Differenziertheit schlägt sich nicht nur in der Einhaltung des Zeit- und Kostenplans nieder, sondern auch im Erreichen des Passivhausstandards für die gesamte Anlage und einem architektonischen Ergebnis, das ruhig, unangestrengt und zukunftsorientiert seinen Ehrenplatz über dem Traunsee einnimmt.